Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Anwendungsbereich. Zivil- und Handelssachen. Gerichtliche Zuständigkeit. Ausschließliche Zuständigkeiten. Rechtsstreitigkeiten, die die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben. Auf die Vollstreckungsimmunität gestützter Antrag einer internationalen Organisation auf Aufhebung einer Arrestpfändung und Untersagung ihrer neuerlichen Vornahme

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 1 Abs. 1, Art. 24 Nr. 5

 

Beteiligte

Supreme Site Services u.a

Supreme Site Services GmbH

Supreme Fuels GmbH & Co KG

Supreme Fuels Trading Fze

Supreme Headquarters Allied Powers Europe

 

Tenor

1. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass ein bei einem Gericht eines Mitgliedstaats anhängig gemachtes Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem eine internationale Organisation ihre Vollstreckungsimmunität geltend macht, um sowohl die Aufhebung einer in einem anderen Mitgliedstaat vorgenommenen Arrestpfändung als auch die Verhängung eines Verbots einer erneuten Arrestpfändung aufgrund des gleichen Sachverhalts zu erreichen, und das parallel zu einem Hauptsacheverfahren über einen Anspruch wegen der behaupteten Nichtbezahlung von für die Zwecke einer von dieser Organisation durchgeführten Friedenserhaltungsoperation gelieferten Kraftstoffen eingeleitet wurde, unter den Begriff „Zivil- und Handelssachen” fällt, sofern die internationale Organisation in diesem Verfahren nicht in Ausübung hoheitlicher Befugnisse im Sinne des Unionsrechts auftritt, was das vorlegende Gericht zu beurteilen hat.

2. Art. 24 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass ein bei einem Gericht eines Mitgliedstaats anhängig gemachtes Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem eine internationale Organisation ihre Vollstreckungsimmunität geltend macht, um sowohl die Aufhebung einer in einem anderen Mitgliedstaat vorgenommenen Arrestpfändung als auch die Verhängung eines Verbots einer erneuten Arrestpfändung aufgrund des gleichen Sachverhalts zu erreichen, nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats fällt, in dem die Arrestpfändung vorgenommen wurde.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 22. Februar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Februar 2019, in dem Verfahren

Supreme Site Services GmbH,

Supreme Fuels GmbH & Co KG,

Supreme Fuels Trading Fze

gegen

Supreme Headquarters Allied Powers Europe

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richter M. Safjan und L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters N. Jääskinen,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Supreme Fuels Trading Fze, der Supreme Fuels GmbH & Co KG sowie der Supreme Site Services GmbH, vertreten durch J. van de Velden, G. van der Bend und B. Korthals Altes-van Dijk, advocaten,
  • des Supreme Headquarters Allied Powers Europe, vertreten durch G. den Dekker, advocaat, sowie D. Waelbroeck, D. Slater und I. Antypas, avocats,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman, M. A. M. de Ree und J. Hoogveld als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch C. Pochet, C. Van Lul und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch V. Karra, S. Papaioannou und S. Charitaki als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von A. Grumetto, avvocato dello Stato,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll und F. Koppensteiner als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Troosters und M. Heller als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. April 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 24 Nr. 5 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Verfahrens zwischen der Supreme Site Services GmbH mit Sitz in der Schweiz, der Supreme Fuels GmbH & Co KG mit Sitz in Deutschland und der Supreme Fuels Trading Fze mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (im Folgenden gemeinsam: Supreme-Gesellschaften) a...

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