Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Zivil- und Handelssachen. Einstweilige Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen. Rechtsbehelf, der auf einen zwischen einer öffentlichen Einrichtung und zwei privatrechtlichen Gesellschaften geschlossenen Vertrag über den Bau einer öffentlichen Schnellstraße gestützt ist. Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz betreffend die Strafzahlungen und Garantien, die sich aus dem Vertrag ergeben. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits ergangene Entscheidung des in der Hauptsache zuständigen nationalen Gerichts

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 1 Abs. 1, Art. 35

 

Beteiligte

TOTO

Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej reprezentowany przez Generalnego Dyrektora Dróg Krajowych i Autostrad

TOTO SpA – Costruzioni Generali

Vianini Lavori SpA

 

Tenor

1. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass ein nach den allgemeinen Rechtsvorschriften beim Gericht eines Mitgliedstaats anhängig gemachter und betriebener Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz betreffend Vertragsstrafen wegen der Erfüllung eines Vertrags über den Bau einer öffentlichen Schnellstraße, der auf eine Ausschreibung, deren Auftraggeber eine öffentliche Einrichtung ist, geschlossen wurde, unter den Begriff „Zivil- und Handelssachen” im Sinne dieser Bestimmung fällt.

2. Art. 35 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass ein Gericht eines Mitgliedstaats, das mit einem Antrag auf einstweilige Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen nach dieser Vorschrift befasst ist, sich nicht für unzuständig zu erklären hat, wenn das in der Hauptsache zuständige Gericht eines anderen Mitgliedstaats bereits über einen Antrag entschieden hat, der denselben Gegenstand hat, aus demselben Grund gestellt wurde und dieselben Parteien betrifft.

3. Art. 35 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass ein Antrag auf einstweilige Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen nach dem Recht des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts zu prüfen ist und dass er einer nationalen Regelung, nach der ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz im Zusammenhang mit einer Klage betreffend Geldforderungen gegen den Staat oder eine öffentliche Einrichtung unzulässig ist, nicht entgegensteht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Varhoven kasatsionen sad (Oberstes Kassationsgericht, Bulgarien) mit Entscheidung vom 28. Oktober 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 2020, in dem Verfahren

Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej reprezentowany przez Generalnego Dyrektora Dróg Krajowych i Autostrad

gegen

TOTO SpA – Costruzioni Generali,

Vianini Lavori SpA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie der Richter M. Safjan und N. Jääskinen,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: R. Seres, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 2021,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej reprezentowany przez Generalnego Dyrektora Dróg Krajowych i Autostrad, vertreten durch O. Temnikov, advokat,
  • der TOTO SpA – Costruzioni Generali und Vianini Lavori SpA, vertreten durch Rechtsanwalt A. Valov im Beistand von V. P. Penkov, N. G. Tsvetanov, P. D. Tsanov, V. V. Tomova, B. H. Strizhlev und V. K. Semkov, advokati, sowie durch T. Stoeva, Vertreterin,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und S. Żyrek als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Heller und I. Zaloguin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. September 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 35 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej reprezentowany przez Generalnego Dyrektora Dróg Krajowych i Autostrad (Staatskasse der Republik Polen, vertreten durch ihren Generaldirektor für Nationale Straßen und Autobahnen) (im Folgenden: Generaldirektor für Nationale Straßen) auf der einen sowie der TOTO SpA – Costruzioni Generali und der Vianini Lavori SpA (im Folgenden: Bauunternehmen), zwei Gesellschaften italienischen Rechts, auf der anderen Seite, wegen eines Vertrags über den Bau einer Schnellstraße in Polen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgrün...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge