Rz. 20

Die Änderungsvorschläge zu den Musterbedingungen des GDV e.V. von 2008 waren notwendig geworden wegen des Inkrafttretens des "Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung" (VorstAG) in 2009 (siehe auch Rdn 6).[87] Bereits im März 2010 stellte der GDV daher gegenüber dem Modell 2008 "leicht modifizierte" AVB für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG) vor. Einzige Änderung gegenüber der unverbindlichen Empfehlung von 2008 war die Ergänzung eines Abschnittes am Ende der Ziff. 4.3, der bis dahin lediglich 2 Absätze enthalten hatte. Dort wurde Folgendes wörtlich ergänzt (neue Absätze 3 bis 6 des Modells ab 2010):

Zitat

"Soweit die versicherten Personen als Vorstandsmitglieder von Gesellschaften in Anspruch genommen werden, auf die das deutsche Aktiengesetz (AktG) Anwendung findet, gilt Fol­gendes:"

Sofern kein höherer Selbstbehalt vereinbart ist, tragen die versicherten Personen im Versicherungsfall einen Selbstbehalt von …% des Schadens bis zur Höhe des …-fachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds.

Diese Selbstbehaltsregelung findet keine Anwendung auf Ansprüche wegen Pflichtverletzungen, die vor dem 5.8.2009 begangen worden sind oder solange und soweit die versicherte Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern aus einer vor dem 5.8.2009 geschlossenen Vereinbarung zur Gewährung einer D&O-Versicherung ohne Selbstbehalt verpflichtet ist.

Auf Abwehrkosten findet dieser Selbstbehalt keine Anwendung.“

Nach § 23 Abs. 1 EGAktG ist § 93 Abs. 2 S. 3 AktG auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ­VorstAG bestehende D&O-Versicherungsverträge ab dem 1.7.2010 anzuwenden; Altverträge demzufolge bis dahin anzupassen.

Weil die gesetzlichen Änderungen im AktG für Versicherer von etlichen – rechtlich auch durchaus mitunter schwierig zu beurteilenden – Rechtsfragen überschattet und versicherungstechnisch von praktischen Umsetzungsschwierigkeiten begleitet war, kam es zu weitergehenden Empfehlungen. Der GDV veröffentliche – ebenfalls im März 2010 – zudem sog. Allgemeine Versicherungsbedingungen für die persönliche Absicherung des Selbstbehalts nach dem VorstAG (persönliche Selbstbehaltsversicherung). Diese sind auf der beiliegenden CD-ROM zu finden. Einzelheiten dazu finden Sie auch nachfolgend – Selbstbehalt (siehe Rdn 136 ff.).

 

Rz. 21

Das D&O-Bedingungsmodell des GDV e.V. von Mai 2011, "Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern" (AVB-AVG) rekurriert auf die aktuellen Entwicklungen, vor allem die von der Rechtsprechung aufgeworfene Frage nach der Wirksamkeit des sog. claims-made-Prinzips (siehe Rdn 94 ff.) und der Versicherungsfall-Thematik.[88] In einer "Zwischenüberschrift" vor Ziff. 1 wurde ein "Hinweis" (mit einer bekräftigenden Unterzeichnung) explizit aufgenommen. Darin hieß es seinerzeit wörtlich:

Zitat

"Dieser Versicherungsvertrag ist auf eine auf dem Anspruchserhebungsprinzip (claims-­made-Prinzip) basierende Versicherung, das heißt der Versicherungsfall ist die erstmalige Geltendmachung eines Haftpflichtanspruchs gegen eine versicherte Person während der Dauer des Versicherungsvertrags".

An dieser Stelle ist dies aus Sicht des Vertrags- und AGB- gestaltenden Juristen[89] nicht wirklich wünschenswert, aber wohl erforderlich. Dieser Hinweis war offensichtlich nach Auffassung der Verfasser notwendig geworden, nachdem sich das LG München in einer (ersten) richtungsweisenden Entscheidung vom 25.9.2008[90] mit Fragen der Vereinbarkeit des claims-made-Prinzips mit deutschem AGB-Recht auseinandergesetzt hat. Dies bewirkte 2011 auch eine abändernde Formulierung in Ziff. 3.2 und 3.3. Neu aufgenommen wurde eine Regelung zur Umstandsmeldung (Notice of circumstance, 3.4) und eine umfassendere Formulierung zur Vertragsdauer. Die Nummerierung wurde 2013 allerdings verschoben (sub VII).

[87] BGBl I 2009, S. 2509.
[88] Graf von Westphalen, VersR 2011, 145 ff.; Koch, VersR 2011, 295 ff.; Baumann, NZG 2010, 1366 ff.
[89] Vgl. dazu Lenz, Die Rechtsabteilung, 255 bis 270.
[90] LG München I, Urt. v. 25.9.2008 – 12 O 20461/07, VersR 2009, 201, 211 (nicht rechtskräftig); vgl. dazu auch bereits Sieg/Schramm, Phi 2009, 28 f., sowie Schramm, VW 2008, 2071 ff.; OLG München, Urt. v. 5.8.2009, VersR 2009, 1066 = r+s 2009, 237 sowie statt vieler auch Koch, VersR 2011, 295 ff. Der BGH hat durch (unveröffentlichten) Beschl. v. 28.4.2010, Az. IV ZR 121/09, die Revision des klagenden Vorstandsmitglieds gegen das Urteil des OLG angenommen. Diese wurde aber in der Zwischenzeit zurückgenommen.

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