Rz. 67

Haben Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner nach § 2265 BGB bzw. § 10 LPartG ein gemeinschaftliches Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen errichtet und ist der erste Erbfall eingetreten, führt die sich aus der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen ergebende Bindungswirkung dazu, dass der überlebende Ehegatte bzw. Lebenspartner das Recht auf Widerruf seiner wechselbezüglichen Verfügungen verliert, § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB. Umfang und Wirkung der Bindung ergeben sich durch analoge Anwendung von § 2289 BGB.[83] Nach § 2289 Abs. 1 S. 1, 2 BGB ist eine nachfolgende Verfügung von Todes wegen unwirksam, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würde.

Übertragen auf das gemeinschaftliche Testament bedeutet dies für eine neue testamentarische Verfügung, dass diese unwirksam ist, soweit sie das Recht des in der wechselbezüglichen Verfügung Bedachten beeinträchtigt.

 

Rz. 68

Andererseits liegt eine Beeinträchtigung nicht mehr vor, wenn die wechselbezügliche Verfügung gegenstandslos geworden ist.[84] Ein nach §§ 2352, 2348 BGB notariell beurkundeter Zuwendungsverzicht zwischen dem überlebenden Ehegatten und dem Schlusserben beseitigt dessen Erbenstellung. Im Gegenzug wird der Überlebende von der Bindungswirkung befreit und kann erneut über sein eigenes und das vom verstorbenen Ehegatten ererbte Vermögen letztwillig frei verfügen. Nach §§ 2352, 2349 BGB erstreckt sich der Zuwendungsverzicht auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine Erstreckung ist regelmäßig gewollt, weil es ansonsten zu ungerechten Ergebnissen kommen kann; insbesondere dann, wenn der Erbe für seinen Verzicht vollständig abgefunden wird und danach seine Abkömmlinge an seiner Stelle erben würden (Doppelbegünstigung des Stammes des Verzichtenden).

 

Rz. 69

Ein Zuwendungsverzicht kann (ebenso wie der Erbverzicht) durch notariellen Vertrag mit dem Erblasser wieder aufgehoben werden, wenn der Erblasser den Rechtszustand vor dem Verzicht durch Verfügung von Todes wegen nicht vollständig wiederherstellen könnte.[85]

[83] RGZ 58, 64; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1995, 1026 = NJW-RR 1995, 265, 266; BayObLG FamRZ 2001, 319, 320.
[84] RGZ 149, 200, 201; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1995, 1026 = NJW-RR 1995, 265, 266; BayObLG FamRZ 2001, 319, 320.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge