Rz. 57

Ist bereits ein Erbschein erteilt und findet der Erbenfeststellungsprozess statt, weil nachträglich ein neuer Erbprätendent aufgetaucht ist, besteht die Gefahr, dass die Ausfertigung des Erbscheins bis zur endgültigen Entscheidung missbraucht wird. Der Kläger kann in diesen Fällen ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen den Beklagten nach §§ 935 ff. ZPO anstrengen mit dem Ziel, die vorläufige Rückgabe der Erbscheinsausfertigungen an das Nachlassgericht zu erreichen.

 

Rz. 58

Andererseits kann der Kläger auch beim Nachlassgericht anregen, eine einstweilige Anordnung von Amts wegen zur Sicherstellung der Ausfertigung des Erbscheins für die Dauer des Einziehungsverfahrens nach § 49 FamFG, § 2361 BGB zu erlassen.

Dazu das OLG Saarbrücken:[75]

Zitat

"Im vorliegenden Fall durfte – und musste (zu den weitreichenden Amtspflichten bei der Klärung der Voraussetzungen einer Erbscheinserteilung und beim Auftreten von Verdachtsmomenten siehe BGH, Urt. v. 11.10.1990 – IX ZR 114/89, NJW-RR 1991, 115) – das Nachlassgericht sich durch die Hinweise der früheren Betreuerin des Erblassers veranlasst sehen, Ermittlungen einzuleiten, um die Voraussetzungen einer Einziehung gemäß § 2361 BGB zu klären. Die von ihr vorgelegte "Vorladung zur Entnahme einer Blutprobe" zur Feststellung einer Vaterschaft des Erblassers M. M. bietet einen objektiven Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser entgegen den bisher bekannten Tatsachen möglicherweise ein Kind gehabt hat, welches erbberechtigt wäre und die Beschwerdeführerin von der Erbschaft ausschlösse (§§ 1924, 1925, 1930 BGB; zu den erbrechtlichen Auswirkungen der Feststellung einer nichtehelichen Vaterschaft BayObLG, FamRZ 2003, 1595). Dann würde sich der ihr erteilte Erbschein als unrichtig erweisen."

Die angeordnete Sicherstellung der Erbscheinsausfertigungen ist eine von § 49 Abs. 1, 2 FamFG gedeckte vorläufige Maßnahme und das typische Instrument zum Schutz der Rechte des potenziellen wirklichen Erben im Verfahren der Erbscheinseinziehung (Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl. 2010, § 49 FamFG Rn 61; Fröhler in: Prütting/Helms, FamFG, 2009, § 353 FamFG Rn 11; Graf, Nachlassrecht, 9. Aufl. 2008, Rn 4.494).“

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