Rz. 52

Nach § 39 FamFG ist bei jedem Beschluss eine Belehrung erforderlich.[67]

über das statthafte Rechtsmittel (z.B. sofortige Beschwerde, §§ 58 ff. FamFG), den Einspruch (z.B. bei §§ 143, 390 FamFG), den Widerspruch (z.B. bei § 393 ff. FamFG) oder die Erinnerung (z.B. § 11 RPflG)
sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und
die einzuhaltende Form und Frist.

Die Belehrung muss alle wesentlichen Informationen enthalten, die den Beteiligten in die Lage versetzen, ohne Hinzuziehung eines Anwalts den zulässigen Rechtsbehelf einzulegen. Sie muss auch Informationen über die Beschwerdesumme und den Vertretungs- und Begründungszwang enthalten. Über außerordentliche Rechtsbehelfe (Wiedereinsetzung, Gehörsrüge) muss nicht belehrt werden.

 

Rz. 53

Unterbleibt die Belehrung oder ist sie fehlerhaft, so wird gesetzlich nach § 17 Abs. 2 FamFG vermutet, dass derjenige Beteiligte, der keine Rechtsbehelfsbelehrung erhalten hat, ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels oder des Rechtsbehelfs einzuhalten.

 

Rz. 54

OLG Hamm, Beschl. v. 8.11.2010 – II-8 UF 167/10[68]

Zitat

Wird in der Rechtsmittelbelehrung unzutreffenderweise nicht auf den Anwaltszwang hingewiesen, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Beteiligte hierauf vertraut und die Beschwerde persönlich einlegt.

 

Rz. 55

Eine falsche Rechtsmittelbelehrung ist nicht geeignet, ein nicht gegebenes oder nicht zulässiges Rechtsmittel zu eröffnen.[69]

BGH, Beschl. v. 25.11.2020 – XII ZB 256/20[70]

Zitat

Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist auch in den Fällen einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung nicht unverschuldet, wenn diese offenkundig falsch gewesen ist und deshalb – ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand – nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte. Das gilt auch bei einer von einem Familiensenat eines Oberlandesgerichts erteilten Rechtsbehelfsbelehrung, wenn der Fehler in keiner Weise nachvollziehbar ist und sich das Vorliegen eines offensichtlichen Versehens aufdrängt.[71]

 

Rz. 56

Da bei einer einstweiligen Anordnung, die ohne mündliche Verhandlung erlassen worden ist, gemäß § 54 Abs. 2 FamFG beim Ausgangsgericht ein Antrag auf erneute Entscheidung nach mündlicher Verhandlung gestellt werden kann, soll nach der Gegenansicht[72] auch darüber zu belehren sein. Dies gilt insbesondere deshalb, weil nach dem Willen des Gesetzgebers bei Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Anhängigkeit der Hauptsache über das Antragsrecht nach § 52 Abs. 1 FamFG belehrt werden soll.[73]

 

Rz. 57

Umstritten ist, ob Zwischenentscheidungen, die mit der sofortigen Beschwerde entsprechend den §§ 567570 ZPO anfechtbar sind, eine Rechtsmittelbelehrung enthalten müssen.[74] Dies betrifft Verfahren über

die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuches (§ 6 Abs. 2 FamFG),
die Ablehnung der Hinzuziehung weiterer Beteiligter (§ 7 Abs. 3 FamFG),
die Aussetzung des Verfahrens (§ 21 Abs. 2 FamFG),
die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen persönlich geladenen, aber nicht erschienen Beteiligten (§ 33 Abs. 3 FamFG),
Anordnung von Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung gerichtlicher Anordnungen (§ 35 Abs. 5 FamFG),
die Berichtigung eines Beschlusses (§ 42 Abs. 3 FamFG),
Beschlüsse in Verfahrenskostenhilfeverfahren,
Beschlüsse in Vollstreckungsverfahren (§ 87 Abs. 4 FamFG).
 

Rz. 58

Entscheidungen nach dem FamGKG mussten bisher nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen werden. Art. 10 des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften erstreckt die Rechtsbehelfsbelehrungspflicht in Familiensachen nunmehr auf das FamGKG.

 

Rz. 59

Aufgrund des § 8a FamGKG hat jede Kostenrechnung und jede anfechtbare Entscheidung eine Belehrung über den statthaften Rechtsbehelf sowie über das Gericht, bei dem dieser Rechtsbehelf einzulegen ist, über dessen Sitz und über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten.

 

Rz. 60

BGH, Beschl. v. 22.8.2012 – XII ZB 141/12[75]

Zitat

a) Die nach § 39 FamFG zu erteilende Rechtsbehelfsbelehrung muss auch über einen bestehenden Anwaltszwang informieren (im Anschluss an Senatsbeschlüsse v. 13.6.2012 – XII ZB 592/11, FamRZ 2012, 1287 und v. 23.6.2010 – XII ZB 82/10, FamRZ 2010, 1425).

BGH, Beschl. v. 15.6.2011 – XII ZB 468/10[76]

Zitat

a) Die nach § 39 FamFG vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung muss sich auf das statthafte Rechtsmittel oder den statthaften Rechtsbehelf, das für die Entgegennahme zuständige Gericht und dessen vollständige Anschrift, die bei der Einlegung einzuhaltende Form und Frist und einen ggf. bestehenden Anwaltszwang erstrecken (im Anschluss an den Senatsbeschl. v. 23.6.2010 – XII ZB 82/10, FamRZ 2010, 1425). Zur Form und Frist der Beschwerdebegründung verlangt die Vorschrift hingegen keine Belehrung (im Anschluss an BAG ZIP 2003, 1850 zu § 9 Abs. 5 Satz 3 und 4 ArbGG).

b) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit einer Beschwerde ist Aufgabe ...

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