Rz. 16

BGH, Beschl. v. 25.10.2017 – XII ZB 251/17[14]

Zitat

Versäumt ein mittelloser Beteiligter die Frist zur Begründung der Beschwerde, so kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal geworden ist. Ist der Beteiligte bei einer unbeschränkten Einlegung der Beschwerde bereits anwaltlich vertreten und reicht sein Rechtsanwalt zur Begründung des Verfahrenskostenhilfegesuchs noch vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eine vollständige, allerdings als "Entwurf" bezeichnete und nicht unterzeichnete Beschwerdebegründungsschrift ein, kann der mittellose Beteiligte dessen ungeachtet glaubhaft machen, dass der Anwalt nicht bereit war, die Beschwerde ohne Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ordnungsgemäß und insbesondere fristgerecht zu begründen (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 29.3.2012 – IV ZB 16/11, NJW 2012, 2041 und in Abgrenzung zu BGH, Beschl. v. 6.5.2008 – VI ZB 16/07, FamRZ 2008, 1520).

BGH, Beschl. v. 4.11.2015 – XII ZB 289/15[15]

Zitat

a) Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist oder Rechtsmittelbegründungsfrist Prozesskostenhilfe (oder Verfahrenskostenhilfe) beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag als unverschuldet verhindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen oder rechtzeitig zu begründen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (Senatsbeschlüsse vom 25.3.2015 – XII ZB 96/14, FamRZ 2015, 1103 Rn 5 und v. 17.7.2013 – XII ZB 174/10, FamRZ 2013, 1720 Rn 16 m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn neben dem Verfahrenskostenhilfegesuch ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt worden ist (vgl. BGH v. 20.7.2005 – XII ZB 31/05, FamRZ 2005, 1537). Da der Verfahrenskostenhilfe beantragende Beteiligte wegen seiner Verfahrenskostenhilfebedürftigkeit gehindert ist, einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen, ist ihm, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste, nach Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Beschwerdegericht hat dementsprechend zunächst über das Verfahrenskostenhilfegesuch zu entscheiden (vgl. BGH vom 23.3.2011 – XII ZB 51/11, FamRZ 2011, 881 Rn 10 m.w.N.).

b) Ob das Gesuch nach § 64 Abs. 1 Satz 2 FamFG beim Amtsgericht oder wegen der bereits persönlich eingelegten Beschwerde beim Oberlandesgericht einzureichen war, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls wäre im ordentlichen Geschäftsgang eine rechtzeitige Weiterleitung des Verfahrenskostenhilfegesuchs an das Amtsgericht noch möglich gewesen, nachdem das Gesuch am 9.7.2014 und somit mehr als zwei Wochen vor Ablauf der Rechtsmittelfrist bei ihm eingegangen war (vgl. Senatsbeschluss vom 14.5.2014 – XII ZB 689/13, NJW-RR 2014, 1347 Rn 28 m.w.N.). Nachdem der Antragsgegner sich in zulässiger Weise auf die Bewilligung ratenfreier Verfahrenskostenhilfe in der ersten Instanz bezogen hatte, musste er nach den gegebenen Umständen nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen. Das Oberlandesgericht hätte demnach in jedem Fall zunächst über die Verfahrenskostenhilfe entscheiden müssen, weil dem Antragsgegner – bei rechtzeitiger Nachholung der Beschwerdeeinlegung und -begründung – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war.

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