Rz. 35

Ein Rechtsanwalt, der die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft, hat wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Allerdings muss er sich auf einen krankheitsbedingten Ausfall nur durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann. Er ist daher selbst dann, wenn er eine Frist bis zum letzten Tag ausschöpfen will, nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen.[40]

 

Rz. 36

Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt aber alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen.[41] Der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr liegt nur dann kein dem Verfahrensbeteiligten gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts vor, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte.[42]

 

Rz. 37

BGH, Beschl. v. 31.7.2019 – XII ZB 36/19[43]

Zitat

Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Dabei hat der Einzelanwalt für den Fall einer Verhinderung im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen selbst für eine anwaltliche Vertretung Vorsorge zu treffen (im Anschluss an BGH Beschlüsse v. 16.4.2019 – VI ZB 44/18, juris und v. 10.4.2018 – VI ZB 44/16, NJW-RR 2018, 1210).(Rn 11)

 

Rz. 38

 

Praxistipp:

Zu beachten ist, dass diese Umstände auch glaubhaft gemacht werden müssen.
Erforderlich ist also eine Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben.[44]
Der BGH hat beanstandet, dass der Rechtsanwalt die Begründung für seine Verhinderung nur schriftsätzlich vorgetragen, nicht aber anwaltlich versichert hat.[45]

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