Rz. 74

Für alle Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit auch für das Nachlassverfahren bestimmt § 13 FamFG, dass jedem die Einsicht in die Nachlassakten gestattet werden kann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. Dies gilt auch für die Erteilung unbeglaubigter oder beglaubigter Abschriften aus der Nachlassakte. Über den Antrag entscheidet das Nachlassgericht unter Abwägung der widerstreitenden Interessen.[63]

 

Rz. 75

Der Gläubiger muss das berechtigte Interesse an der Akteneinsicht durch Substantiierung eines Anspruchs glaubhaft machen. Wer als Erbe oder Vermächtnisnehmer in Betracht kommt, ist zur Einsichtnahme berechtigt.[64] Ein Pflichtteilsberechtigter hat stets ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht, einschließlich des vom Erben ausgefüllten Wertermittlungsbogens.[65]

 

Rz. 76

Derjenige, der nicht nur ein berechtigtes, sondern auch ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht glaubhaft macht, kann nach § 357 Abs. 1 FamFG Einsicht in das eröffnete Testament nehmen und davon eine beglaubigte Abschrift verlangen. Ist der Erbschein bereits erteilt worden, wird unter den gleichen Voraussetzungen die beglaubigte Abschrift des Erbscheins erteilt.

 

Rz. 77

Zwar stellt § 357 Abs. 2 FamFG für die Erteilung der Ausfertigung eines Erbscheins auch auf die Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses ab. Allerdings erteilt das Nachlassgericht dem Gläubiger wegen des notwendigen Gleichlaufs zur Erbscheinserteilung die Ausfertigung eines bereits erteilten Erbscheins nur, wenn er eine vollstreckbare Ausfertigung eines Titels vorlegen kann, §§ 792, 896 ZPO.

 

Rz. 78

Teilt das Nachlassgericht auf das Einsichtsgesuch mit, dass kein nachlassgerichtliches Verfahren existiere, geht die obergerichtliche Rechtsprechung in der Bewertung auseinander, ob diese Negativbescheinigung eine Gerichtsgebühr nach Nr. 1401 KV JVKostG in Höhe von 15 EUR auslöst.[66] Der Streit dreht sich im Wesentlichen um die Einordnung der Negativbescheinigung als Justizverwaltungsakt oder Akt der Rechtsprechung.

 

Rz. 79

 

Praxishinweis

Vor dem Hintergrund der gegenläufigen obergerichtlichen Rechtsprechung ist es sinnvoll, in das Auskunftsverlangen aufzunehmen, dass ein Antwortschreiben im Sinne einer Negativbescheinigung nicht gewünscht wird, wenn das Gericht in der Nachlasssache keine Akte angelegt hat.

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