Rz. 121

Die Beweislast wird in die formelle und materielle Beweislast unterteilt:

Die formelle Beweislast regelt, wer verpflichtet ist, Beweis für eine Behauptung anzubieten.
Die materielle Beweislast legt fest, wer die Konsequenz der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsache zu tragen hat.

Wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes gelten die Regeln über die formelle Beweislast im Erbscheinserteilungsverfahren nicht. Die Regeln über die materielle Beweislast müssen aber auch hier gelten, weil die Frage der Verteilung des Risikos eines unaufklärbaren Sachverhalts stets zu beantworten ist. Wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes im Erbscheinsverfahren spricht man nicht von Beweislast, sondern von Feststellungslast.

 

Rz. 122

Vor einer Entscheidung nach den Regeln der Feststellungslast zum Nachteil des Antragstellers ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt jedoch umfassend aufzuklären oder, soweit dies nicht gelingt, eine Reduzierung des Beweismaßes unter Berücksichtigung von Mitwirkungspflichtverletzungen in Betracht zu ziehen.[94]

 

Rz. 123

In der Weigerung eines die Feststellungslast tragenden Beteiligten, bspw. seinen früheren Anwalt von der Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, um diesen als Zeugen vernehmen zu können, kann eine zu seinem Nachteil zu berücksichtigende Beweisvereitelung liegen.[95]

 

Rz. 124

Der Erbe, der die Erteilung des Erbscheins beantragt, trägt für die Echtheit des Testaments, aus dem er sein Erbrecht ableitet, die Feststellungslast.[96] Gelingt der Beweis nach Ausschöpfen aller in Betracht kommenden Beweismittel nicht, ist von der Unechtheit des Testaments auszugehen.

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