Rz. 43

Die besondere Gefahrensituation auf Baustellen ergibt sich vor allem aus einer sich ständig ändernden Arbeitsplatzsituation. Üblicherweise werden zudem Beschäftigte verschiedener Arbeitgeber nebeneinander oder nacheinander tätig, darunter häufig ein hoher Anteil ausländischer Arbeitnehmer. Die EU-Baustellen-RL (92/52/EWG) versucht, diesen besonderen Risikobereich europaweit einheitlich zu regeln. Sie ist i.V.m. § 19 ArbSchG Grundlage der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (BaustellV). Neben den spezialgesetzlichen Regelungen der BaustellV gilt das ArbSchG – insoweit subsidiär – auch auf Baustellen, was insbesondere die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung betrifft.

 

Rz. 44

Eingeführt in das Arbeitsschutzrecht wurden durch die EU-RL die Vorankündigung größerer Bauvorhaben bei der Aufsichtsbehörde sowie die Bestellung von Koordinatoren für Sicherheit und Gesundheitsschutz (SiGeKo) im Falle der Tätigkeit mehrerer Arbeitgeber, wozu auch Subunternehmer eines Generalunternehmers zählen. Weiterhin wird die Erstellung schriftlicher Unterlagen für Wartungs-, Instandhaltungs- und Umbauarbeiten der fertigen baulichen Anlage gefordert.

 

Rz. 45

Nach der BaustellV übernimmt ein Bauherr wesentliche arbeitsschutzrechtliche Pflichten. Er muss den Arbeits- und Gesundheitsschutz (Grundsätze gem. § 4 ArbSchG) bereits bei der Planung berücksichtigen, ebenso bei den Ausschreibungen. Dies betrifft nicht nur spezielle Sicherheitsvorkehrungen, z.B. bei Arbeiten in großer Höhe, sondern bereits die Auswahl der einzusetzenden Maschinen, Geräte und der Baumaterialien, z.B. hinsichtlich Schadstoff- oder Lärmemissionen. Der Bauherr ist darüber hinaus für die Aufstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans (SiGe-Plan) verantwortlich, der immer dann erforderlich wird, wenn Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber auf der Baustelle tätig werden und zusätzlich besonders gefährliche Arbeiten (Anhang 2 BaustellV) ausgeführt werden sollen, oder die Vorankündigung des Bauvorhabens aufgrund seiner Größe erforderlich ist. Die Beschränkung des Planerfordernisses auf Vorhaben mit mehreren Arbeitgebern wird z.T. mit durchaus nachvollziehbarer Begründung als europarechtswidrig angesehen, da die zugrundeliegende EU-Baustellen-RL diese Beschränkung nicht enthält (vgl. Kohte/Faber/Feldhoff, a.a.O., Rn 21 zu BaustellV m.w.N.). Bei Vorhaben ohne Planerfordernis haben die vom Bauherrn zu bestellenden Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Koordinatoren (SiGeKo) dafür zu sorgen, dass die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes (§ 4 ArbSchG) durch alle auf der Baustelle tätigen Beschäftigten beachtet und durch deren Arbeitgeber überwacht werden. Die Verantwortung für den sicheren Ablauf der Bautätigkeiten liegt jedoch weiterhin bei dem/den Arbeitgeber/n (§ 5 BaustellV). Vergleichbar einem Arbeitgeber kann der Bauherr seine Pflichten nicht vollständig befreiend auf einen Dritten, in der Regel den Architekten, delegieren. Dem Bauherrn verbleibt vor allem die regelmäßige Überwachungspflicht.

 

Rz. 46

Für den Arbeitsschutz auf Baustellen gibt es, wie im Bereich der ArbStättV oder der BetrSichV, zur Ausführung der Verordnung detaillierte technische Regeln, die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB). Diese werden vom Ausschuss für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen aufgestellt und im Bundesarbeitsblatt veröffentlicht. Es handelt sich dabei um die Wiedergabe aktueller Erkenntnisse und des Standes der Technik von Sicherheit und Gesundheitsschutz, ohne zwingende Verbindlichkeit für die betroffenen Arbeitgeber.

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