Der SiGe-Plan: Damit wird die Sicherheit auf dem Bau geplant

Bei gefährlichen Arbeiten und bei Baustellen mit großem Arbeitsumfang sowie dem Einsatz mehrerer Unternehmen muss ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) erstellt werden. Er ist damit Ausschreibungsbestandteil und Vertragsinhalt für alle am Bau beteiligten Unternehmen und Gewerke.

Der SiGe-Plan muss erstellt werden, wenn auf einer Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden und besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II der Baustellenverordnung (BaustellV) ausgeführt werden oder alternativ wenn Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden und eine Vorankündigung über den Baubeginn erstellt werden muss.

Kein SiGe-Plan auf Kleinbaustellen

Für Kleinbaustellen, d.h. Baustellen, bei denen keine Vorankündigung erforderlich ist und nur Arbeitnehmer eines Arbeitgebers beschäftigt werden, kann eine einfache Gefahrenevaluierung den SiGePlan ersetzen. Auch hier muss der Bauherr den Arbeitgeber über besondere Gefahren auf der Baustelle umfassend informieren.

SiGe-Plan: Rechtliche Verantwortung

Gemäß BauStellV kann der Bauherr oder ein von ihm beauftragter „Dritter“ die Aufgaben der Koordination des SiGe-Plans selbst wahrnehmen. Der Bauherr oder sein beauftragter „Dritter“ sind durch die Beauftragung geeigneter weiterer Koordinatoren nicht von ihrer Gesamtverantwortung entbunden. Je nach Konstellation ergibt sich daraus, dass sowohl der Bauherr als auch der von ihm beauftragte „Dritte“ als Koordinatoren fungieren sowie den SiGe-Plan erstellen und beaufsichtigen können wie weitere beauftragte Koordinatoren.

So oder so: In der betrieblichen Praxis sollte idealerweise ein fachspezifisch ausgebildeter Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) bereits in der Planungsphase die Erstellung des SiGe-Plans hauptverantwortlich übernehmen, auch wenn sein Einsatz teilweise auch Probleme mit sich bringen kann.

Grundlegende Inhalte des SiGe-Plans

Im Mittelpunkt des SiGe-Plans steht die Koordination des Ablaufs der Bautätigkeiten in räumlicher und zeitlich/terminlicher Hinsicht. Der SiGe-Plan verdeutlicht den am Bau beteiligten Akteuren damit, wie die Arbeiten räumlich und zeitlich organisiert sind. Außerdem informiert er sie über die für alle Arbeitsprozesse festgelegten Schutzmaßnahmen und die dafür relevanten Arbeitsschutzbestimmungen. Dabei muss er laufend fortgeschrieben und entsprechend der Sicherheitslage auf der Baustelle angepasst werden. Wichtig: Die Ermittlung der Gefährdungen im Rahmen des SiGe-Plans ersetzt nicht die Gefährdungsbeurteilung, zu der der Arbeitgeber darüber hinaus nach Arbeitsschutzgesetz verpflichtet ist.

Anforderungen an den SiGe-Plan

Die Regel zum Arbeitsschutz auf Baustellen RAB 31 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan“ formuliert sowohl sogenannte inhaltliche Mindestanforderungen als auch inhaltliche Empfehlungen als Bausteine eines SiGe-Planes. Mit einigen dieser Mindestanforderungen und vor allem den Empfehlungen geht sie über die Anforderungen der BaustellV hinaus.

Zu den Mindestanforderungen zählt die RAB 31 die Angabe von:

  • Arbeitsabläufen
  • Gefährdungen
  • Räumliche und zeitliche Zuordnung der Arbeitsabläufe
  • Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung der Gefährdungen
  • sowie der Umsetzung der Arbeitsschutzbestimmungen

Darüber hinaus empfiehlt die RAB 31 die Berücksichtigung folgender Punkte:

  • Gefährdungen Dritter
  • Terminpläne
  • Informations- und Arbeitsmaterialien zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
  • Mitgeltende Unterlagen
  • Ausschreibungstexte

Zur Erstellung des SiGe-Planes sind folgende Planungsdokumente erforderlich:

  • Bauzeichnungen
  • Leitungsführungspläne
  • Haushaltsunterlage Bau
  • Firmen- und Beteiligtenliste
  • Lageplan
  • Baubeschreibung
  • Bauzeitenplan
  • Gutachten

Der SiGe-Plan als zweistufiger Prozess

Die BaustellV fordert ein präventives Vorgehen des Bauherren/Unternehmers auch für die Belange von Arbeits- und Gesundheitsschutz. In der Praxis wird diese Anforderung aber oft nicht zufriedenstellend erfüllt, weil die BaustellV kein spezifisches Vorgehen vorgibt und der SiGeKo, der idealerweise den gesamten SiGe-Plan erstellen sollte, oft erst in der Ausführungsphase des Bauvorhabens eingesetzt wird.

Daher ist bereits in den Nullerjahren der Ruf nach einer Reform der SiGe-Planung und deren Rechtsverbindlichkeit in der BaustellV laut geworden. Viele Experten sprechen sich seitdem für ein verbindliches zweistufiges Verfahren – Rahmen-SiGe-Plan als erste Stufe und Ausführungsphase als zweite Stufe – aus, dessen Koordination vollständig von einem SiGeKo übernommen werden sollte.

Dieses Verfahren wird in der Praxis sowohl in Deutschland als auch anderen EU-Staaten bereits vielfach angewandt, ist bislang aber immer noch nicht im rechtlichen Sinne allgemeinverbindlich. Da dieses zweistufige Verfahren aber mittlerweile auf vielen großen Baustellen umgesetzt wird, soll er hier als „Best Practice“ vorgestellt werden. Die zwei Stufen dieses Verfahrens sind:

  • Der Rahmen-SiGe-Plan: Dieser wird vom Bauherr oder von einem von ihm beauftragten „Dritten“ (in der Regel ein SiGeKo) vor Beginn der Bautätigkeiten erstellt.
  • Ausführungsphase: Auf Basis des Rahmen-SiGe-Plans entwickelt der SiGeKO den SiGe-Plan weiter. Dabei werden die baustellenbezogenen Gefährdungsbeurteilungen der einzelnen Gewerke von ihm analysiert, zusammengeführt und koordiniert.

Erste Stufe: Der Rahmen-SiGe-Plan

Mit dem Rahmen-SiGe-Plan wird festgelegt, in welchem Rahmen die beteiligten Unternehmen ihre Aufgaben erfüllen müssen. Dabei ist der Rahmen-SiGE-Plan keineswegs ein gesondertes Dokument, das vom eigentlich SiGe-Plan zu unterscheiden ist, sondern bildet vielmehr die Grundlage und die erste Stufe des SiGe-Planes, in dem die Regeln und Prinzipien festgesetzt sind und auf die der Koordinator in der Ausführungsphase aufbaut.

Der Bauherr bzw. ein beauftragter Dritter muss hierzu zunächst eine Gefährdungsanalyse erstellen und auf deren Grundlage bei der weiteren Planung eine Reihe von Aspekten berücksichtigen. Dazu zählen vor allem:

  • die von den auszuführenden Arbeiten wegen der verwendeten Materialien oder der Ausführungsweise ausgehenden Gefahren für alle Personen auf der Baustelle,
  • die von den Arbeiten ausgehenden Gefahren für alle Personen auf der Baustelle.

Auf Basis der Gefährdungsanalyse muss der Bauherr bzw. der beauftragte Dritte dann planen

  • welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen,
  • welche Hinweise die Unternehmer erhalten müssen, damit sie die Arbeiten ordnungsgemäß kalkulieren und anbieten können,
  • ob und wie durch die zeitliche Entflechtung von Arbeitsvorgängen Gefährdungen vermieden werden können,
  • wie viel Zeit die Ausführung der Leistungen unter Berücksichtigung aller Arbeitsschutzbestimmungen wahrscheinlich in Anspruch nehmen wird.

Schwierige Koordination

Die wohl schwierigste Aufgabe ist es, in Zusammenarbeit mit der Bauleitung dafür zu sorgen, dass alle Tätigkeiten in ihrer Abfolge so koordiniert werden, dass die potenziellen Sicherheitsgefährdungen minimiert werden und die Bautätigkeiten dennoch dadurch keine Verzögerung erfahren.

Dazu muss für jeden Prozess eine bestimmte Montagefolge gewählt werden und die Arbeiten bzw. der Einsatz der diversen Arbeitskolonnen so abgestimmt sein, dass sich möglichst wenige Arbeitsabläufe zeitlich überschneiden. Damit einhergehend sind die Montageabfolgen so zu wählen, dass möglichst wenige unterschiedliche Gewerke gleichzeitig arbeiten, um übergreifende Gefährdungen auszuschließen oder zumindest zu reduzieren.

Das ist bereits schwer genug, in der betrieblichen Praxis ist die Situation insbesondere dann noch einmal komplizierter, wenn für die Erstellung des SiGe-Plans ein SiGeKo eingesetzt wird. Denn die eigentliche Bauausführung wird in der Regel nicht vom SiGeKo, noch nicht einmal vom Bauherren und der Projektleitung bestimmt, sondern von den beauftragten Unternehmen, die über die jeweiligen Herstellungsverfahren entscheiden und ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen – vor allem eine schnelle und unkomplizierte Durchführung der eigenen Arbeiten.

Zweite Stufe: Die Ausführungsphase

Die zweite Stufe des SiGe-Plans umfasst die gesamte Ausführungsphase. Dabei nutzen der Bauherr, der beauftragte „Dritte“ bzw. der SiGeKo alle in Stufe Eins ermittelten Daten zur Sicherheit auf der Baustelle und stellen die einzelnen Gefährdungsbeurteilungen der am Bau beteiligten Unternehmen zusammen, um sie zu koordinieren und zu „harmonisieren“.

Dabei müssen sie Unstimmigkeiten, Fehler und Versäumnisse in den einzelnen Gefährdungsbeurteilungen erkennen und rechtzeitig vor dem Anfang der Bauarbeiten beseitigen. Aufbauend auf allen Erkenntnissen schreiben sie den SiGe-Plan fort und entwickeln ein kohärentes Gesamtkonzept.

Rechtssicherheit des SiGe-Plans

Wann ist ein SiGe-Plan rechtssicher? Folgende Punkte müssen dabei beachtet werden:

  • Die für die Erstellung des SiGe-Plans notwendigen Dokumente müssen durch die beteiligten Unternehmen an alle Verantwortlichen übermittelt werden. Dabei sollte die Übergabe der Dokumente im Zuge der Vertragsunterzeichnung erfolgen. Die nachweisliche Übergabe muss aber in jedem Fall vor Beginn der Bauarbeiten erfolgen, da es möglicherweise bereits am ersten Tag der Bauarbeiten zu einem Unfall kommen kann.
  • Bei der SiGe-Planung muss speziell auf die reibungslose Abfolge der Gewerke-übergreifenden Maßnahmen geachtet werden.  Zwei Beispiele: Das Konsolgerüst wird nicht abgebaut, damit es im Anschluss an die Rohbauphase von den Dachgewerken genutzt werden kann.  Die Installationsschächte, die nachfolgend von den Haustechnikfirmen genutzt werden, müssen weiter abgesichert werden.
  • Substitution sowie technische und organisatorische Maßnahmen haben wie überall im Arbeitsschutz Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen.
  • Alle Maßnahmen müssen so detailliert wie möglich im SiGe-Plan beschrieben werden. Beispiel: Bei einer Dachabsicherung sollte unbedingt angegeben werden, welche Sicherheitsmaßmaßnahmen speziell für welches Gewerk bei den Dacharbeiten vorgesehen sind, wie und wo die einzelnen Sicherheitsvorkehrungen angebracht bzw. montiert werden, vom wem und wann die Sicherheitsvorkehrungen angebracht werden und von wem und in welchen Fällen eine Anpassung dieser Maßnahmen an neue Bedingungen notwendig ist.
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