Auf einen Blick: Arbeitsschutz von der Planung bis zur Baunutzung

Die Planung und Umsetzung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes auf Baustellen ist ein komplexer Prozess. Im Mittelpunkt stehen dabei die Ausarbeitung des Sicherheits- und Gesundheitsplans (SiGe-Plan) sowie die Arbeit des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators (SiGeKo).

Trotz aller wichtigen Verbesserungen der vergangenen Jahre, kommt es beim Thema Sicherheit und Gesundheit in vielen Fällen zu Interessenkonflikten zwischen SiGeKo, Bauleitung und bauausführenden Unternehmen.

Die Planungsphase

Wichtigstes Element der Planungsphase ist die Ausarbeitung des Sicherheits- und Gesundheitsplans (SiGe-Plan). Zunächst einmal stellt der SiGe-Plan alle Gefährdungspotentiale eines Bauvorhabens im Hinblick auf die Sicherheit auf der Baustelle und ihr unmittelbares Umfeld zusammen und bewertet sie. Um dies tun zu können, müssen alle für die Planung und Baudurchführung relevanten Informationen gesammelt und analysiert werden. Dazu zählen:

  • Leitungspläne,
  • Beurteilungen der Standsicherheit von Gebäuden, Baugruben und Bäumen,
  • Kartierung von Altlasten,
  • Gefahrstoffe auf der Baustelle (z.B. Asbest, Pestizide, feuergefährliche Substanzen),
  • Grundwasserstände,
  • Verkehrswege zur Baustelle / auf der Baustelle.

Beurteilung der Gefährdungen

In einem zweiten Schritt werden die Bauprozesse und die Arbeiten der einzelnen Gewerke auf der Baustelle untersucht. Welche Gefahren und Risiken entstehen hier aufgrund der räumlichen und zeitlichen Überschneidungen? Wie können die damit entstehenden Gefährdungspotentiale durch bessere Koordinierung minimiert oder ausgeräumt werden? Auf jeden Fall müssen bereits in diesem frühen Stadium die Kosten für die Sicherheit erforderlichen Mittel (zum Beispiel für Verbau, Fanggerüste oder die Beseitigung von Gefahrstoffen) berechnet und in die Gesamtkosten miteinbezogen werden. Die notwendige Sicherheitsinfrastruktur und sicherheitsrelevanten Maßnahmen müssen möglichst schon bei der Ausführungsplanung und spätestens bei der Ausschreibung vorgesehen und ggf. gesondert ausgeschrieben werden – sofern diese nicht zu den Nebenleistungen der Vergabe- und Vertragsordnung (VOB) zählen.

In der Regel wird versucht, die Prozesse zeitlich und räumlich zu trennen. Wenn dies nur schwer oder gar nicht möglich ist, müssen risikoärmere Verfahren angewendet werden. Soweit realisierbar wird übermäßiger Termindruck reduziert, der einer der wichtigsten Unfallursachen auf Baustellen ist.

Koordination der Schutzmaßnahmen

Für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, sind ein oder mehrere geeignete Sicherheits- und Gesundheitskoordinatoren (SiGeKo) zu bestellen. Bereits in der Planungsphase muss der Bauherr einen dieser spezialisierten Koordinatoren für Arbeitssicherheit einsetzen. Die Aufgaben des SiGeKo können zwar auch von Architekten, Ingenieuren und staatlich geprüften Technikern übernommen werden. Diese müssen aber hierfür über spezielle einschlägige Qualifikationen verfügen.

Im Rahmen der Erstellung des SiGe-Plans folgt auf die Beurteilung der Gefährdungspotentiale eine Auswahl entsprechender Gegenmaßnahmen. Die SiGe-Pläne werden während des gesamten Bauprozesses kontinuierlich fortgeschrieben. Dabei werden sie vom SiGeKO ständig in der Umsetzung überwacht. Bei der gesamten SiGe-Koordination müssen auch die Arbeiten zur Pflege, Wartung und Instandsetzung des fertig gestellten Gebäudes hinsichtlich ihrer sicherheitsrelevanten Aspekte berücksichtigt werden. Diese sind in der „Instandhaltungs-Unterlage“, oft auch nur „Unterlage“ genannt, zusammengefasst. Die Unterlage erhält der Bauherr nach Beendigung des Bauvorhabens.

Zusammenspiel SiGeKo - Bauleitung

Der SiGeKo selbst ist allerdings nicht weisungsbefugt. Die Umsetzung des SiGe-Plans verantworten entweder der Bauherr, der vom Bauherr ausgewählte Vertreter oder die jeweiligen Unternehmer der Gewerke.

Die Aufgaben des SiGeKo umfassen die fachliche Beratung, die detaillierte Ausarbeitung des SiGe-Plans und die Überwachung seiner Umsetzung sowie die Erstellung der „Unterlage“. In der Praxis hat sich die personelle Trennung von Bauleitung und SiGeKo als zweckmäßig erwiesen, da es oft zu Interessenkonflikten zwischen beiden kommt. Der Grund: Die Bauleitung achtet vorrangig auf die Einhaltung von Terminen und Kosten, während der SiGeKo ständig gegen Nachlässigkeiten beim Arbeitsschutz vorgehen muss. Das kann in manchen Fällen die Bauprozesse verzögern, woraus wiederum Konflikte zwischen SiGeKo einerseits und Bauleitung sowie bauausführenden Unternehmen andererseits entstehen können.

In der betrieblichen Praxis ist die Situation für den SiGeKo aber auch so schon recht schwierig, selbst wenn er von Anfang an in die Planungen einbezogen wird. Denn die eigentliche Bauausführung wird in der Regel nicht von ihm, in der Mehrzahl der Fälle noch nicht einmal vom Bauherrn und der Projektleitung bestimmt, sondern von den beauftragten Unternehmen, die über die jeweiligen Herstellungsverfahren entscheiden.

Aufgaben des SiGeKo

Welche Aufgaben hat der SiGeKo nun genau zu erledigen? Der SiGeKo hat vor allem folgende Aufgaben zu erfüllen:

  • Analyse der Entwurfs- und Genehmigungsplanung im Hinblick auf gemeinsame, gewerkbezogene, gegenseitige und bauablaufbedingte Gefährdungen sowie Gefährdungen aus dem Umfeld und Dokumentation der Ergebnisse.
  • Analyse der Ausführungsplanung im Hinblick auf gemeinsame, gewerkbezogene, gegenseitige und bauablaufbedingte Gefährdungen sowie Gefährdungen aus dem Umfeld und die Dokumentation der Ergebnisse.
  • Erarbeitung und Aufzeigen von Möglichkeiten, um Sicherheits- und Gesundheitsrisiken während der Bauausführung zu vermeiden oder zu minimieren.
  • Beratung bei der Terminplanung im Hinblick auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz.
  • Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans.
  • Engagement für die Berücksichtigung von Leistungen zu Sicherheits- und Gesundheitsschutz in Ausschreibungen, Vergabe- und Bauvertragsunterlagen.

Weiterhin können folgende „zuschlagsfähige Grundleistungen“ hinzukommen:

  • Identifizierung und Dokumentation besonders gefährlicher Arbeiten nach Anhang II BaustellV.
  • Identifizierung und Dokumentation alle betrieblichen Tätigkeiten und/oder alle besonderen äußeren Einflüsse auf der Baustelle.
  • Ermittlung der potenziellen Auswirkungen und Folgen, die sich aus der räumlichen und zeitlichen Nähe bestimmter Baumaßnahmen zu anderen Baumaßnahmen ergeben.

Darüber hinaus können für die Planungsphase noch weitere „besondere Leistungen“ hinzukommen. Das können unter anderem sein:

  • Erstellung eines Baustelleneinrichtungsplan und einer Baustellen-Ordnung,
  • Konzeption eines Flucht- und Rettungswegeplans,
  • Aufstellung eines Verkehrslenkungsplans.

Arbeitssicherheit bei nur einem Arbeitgeber

Die Novelle der der BaustellV (2023) hat auch die Planung der Arbeitssicherheit auf einer Baustelle mit nur einem Arbeitgeber auf ein neues Niveau angehoben. Für Baustellen, auf denen jeder Beschäftigte für denselben Arbeitgeber tätig ist, wurde eine neue Unterrichtungs- oder Informationspflicht des Bauherren eingeführt. Sie verlangt, dass, wenn die Dauer der Arbeiten umfangreicher ist oder besonders gefährliche Arbeiten ausgeführt werden sollen, der Bauherr den Arbeitgeber über alle diejenigen Umstände und Bedingungen auf dem Baugelände zu unterrichten hat, die bei Anwesenheit mehrerer Arbeitgeber in einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) einzubeziehen wären. Damit soll gewährleistet werden, dass dem Arbeitgeber für seine Gefährdungsbeurteilung sämtliche Informationen über die für den Arbeits- und Gesundheitsschutz relevanten Bedingungen auf der Baustelle vorliegen.

Vorankündigung des Bauprojekts

Die Vorankündigung einer Baumaßnahme muss der Bauherr spätestens zwei Wochen vor Baubeginn bei der für den Arbeitsschutz vor Ort zuständigen Behörde melden. Dies ist notwendig, wenn entweder der Gesamtumfang der Arbeiten 500 Personentage oder aber der Umfang der Arbeiten 30 Tage überschreitet und mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig über mindestens eine Arbeitsschicht tätig werden.

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