a) Verfahrenswert des Hauptsacheverfahrens zum Sorgerecht

 

Rz. 176

Beim isolierten Verfahren zur elterlichen Sorge werden als Regelwert gem. § 45 Abs. 3 FamGKG 4.000 EUR angesetzt, Erhöhung nach Billigkeit ist möglich,[241] aber ebenfalls unabhängig von der Anzahl der betroffenen Kinder. Auch eine Kürzung ist möglich. Eine vom Regelfall abweichende Werterhöhung ist gerechtfertigt, wenn das Verfahren in Umfang und Schwierigkeit oder seiner Bedeutung für die Beteiligten, aber auch im Hinblick auf deren soziale und finanzielle Verhältnisse von den sonst zu entscheidenden Fällen abweicht.[242] Allerdings genügt nicht jede Abweichung der Umstände des konkreten Einzelfalls vom Durchschnitt für eine Erhöhung des Regelwerts. Vielmehr muss bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände die Abweichung von einer durchschnittlichen Kindschaftssache von erheblichem Gewicht sein,[243] und zwar hinsichtlich des Arbeitsaufwands für das Gericht und die Verfahrensbevollmächtigten.[244] Jeder der in § 45 Abs. 1 Nr. 14 FamGKG aufgeführten Fälle ist im Hinblick auf das Erreichen der Erheblichkeitsschwelle für die Wertkorrektur nach Abs. 3 gleich zu behandeln.[245]

 

Rz. 177

Eine Erhöhung des Verfahrenswerts über den in § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG vorgesehenen Festbetrag hinaus ist nicht zu rechtfertigen, wenn das Umgangsverfahren sowohl im Hinblick auf die Verfahrensdauer von fast sechs Monaten als auch bezüglich des Aktenumfangs von 113 Seiten bis zum Erlass der Hauptsacheentscheidung – bis zu diesem Zeitpunkt gingen fünf inhaltlichen Vortrag enthaltende Beteiligtenschriftsätze und ein Jugendamtsbericht ein – als jedenfalls nicht überdurchschnittlich zu bezeichnen ist. Eine Erhöhung des Verfahrenswerts kann auch nicht auf eine gestörte Kommunikation auf Elternebene, Hochstrittigkeit der Kindeseltern oder darauf gestützt werden, dass die Auseinandersetzung der Kindeseltern auch der Ferienregelung galt und diesbezüglich eine Vielzahl von Unklarheiten und gegensätzlichen Vorstellungen zur Sprache kamen.[246]

 

Rz. 178

Verfahren der elterlichen Sorge sind nicht nach einzelnen im Lauf des Verfahrens in den Vordergrund der Überlegungen getretenen Teilaspekten der elterlichen Sorge einzeln zu bewerten. Eine Addition von Einzelwerten innerhalb des Anwendungsbereichs des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG kommt daher ebenfalls nicht in Betracht. Dies schließt auch eine Wertaddition aus gegenläufigen Anträgen, Anregungen und sonst geäußerten Begehren gemäß § 39 FamGKG innerhalb des Verfahrensgegenstandes der elterlichen Sorge nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG aus.[247]

[241] Terminsdauer von 6 Stunden führt nicht zu Erhöhung, OLG Koblenz FamRZ 2009, 1433.
[242] BT-Drucks 16/6308, 306.
[243] OLG Brandenburg FamRZ 2021, 53.
[246] OLG Frankfurt FamRZ 2021, 546.

b) Verfahrenswert der einstweiligen Anordnung zum Sorgerecht

 

Rz. 179

Der Verfahrenswert der einstweiligen Anordnung beträgt gem. § 41 S. 2 FamFG regelmäßig die Hälfte des Hauptsachewertes.

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