Rz. 9

Das deutsche Verfahrensrecht enthält keine allgemeinen Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit, sondern sieht nur wenige Spezialregelungen vor, so etwa in Familiensachen (§§ 98 ff. FamFG). Die ZPO setzt aber in den Vorschriften der örtlichen Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) die internationale Zuständigkeit voraus, so dass die örtliche Zuständigkeit die internationale Zuständigkeit indiziert. Diese sog. Doppelfunktionalität der örtlichen Zuständigkeitsregelungen bedeutet, dass die internationale Zuständigkeit Deutschlands immer dann gegeben ist, wenn mindestens ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist.[48]

 

Rz. 10

Im eingangs geschilderten Produkthaftungsfall hängt die Eröffnung eines Gerichtsstands in Deutschland davon ab, ob der Begehungs- oder Tatort i.S.d. § 32 ZPO in Deutschland liegt.[49] Als haftungsbegründendes Verhalten des Herstellers wird allgemein das schuldhafte Inverkehrbringen eines fehlerhaften Produkts angesehen. Hierbei kann neben dem Herstellungsort (i.d.R. der Unternehmenssitz, sog. "Werkstorprinzip") u.U. auch an den Vertriebsort angeknüpft werden, wenn die Absatzstrategie des ausländischen Herstellers auf den deutschen Markt ausgerichtet ist.[50]

[48] BGH 5.5.2011 – IX ZR 176/10, BGHZ 189, 320 Rn 7; BGH 18.4.1985 – VII ZR 359/83, BGHZ 94, 156, 157; Schack, IZVR, Rn 288; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rn 519.
[49] Hätte der Hersteller seinen Unternehmenssitz in der EU, wäre Art. 7 Nr. 2 EuGVO zu prüfen. Nach EuGH 16.1.2014 – C-45/13, NJW 2014, 1166 – Pantherwerke, liegt der Handlungsort am Herstellungsort; hierzu zu Recht krit. Freitag, LMK 2014, 355576.
[50] OLG Stuttgart 7.12.2005 – 5 U 71/05, NJW-RR 2006, 1362; hierzu näher Steinbrück, FS Kaissis, 2012, S. 965 ff.

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