Rz. 21

Krankheit kann nur dann die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage rechtfertigen, wenn die Erkrankung die rechtzeitige Klageerhebung objektiv unmöglich gemacht hat.[50] Solange die Krankheit nicht die Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt, kann der Arbeitnehmer seine Rechte auch dadurch ausreichend wahrnehmen, indem er Angehörige oder Bekannte mit der Klageerhebung beauftragt. Der Arbeitnehmer kann sogar durch Telegramm Klage erheben, auch durch Telefax oder Telekopie. Er kann sogar im Notfall telefonisch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichtes Klage erheben. Soweit dies dem Arbeitnehmer während des Laufes der Drei-Wochen-Frist konkret zumutbar ist, muss er die dreiwöchige Klagefrist einhalten. Dies gilt auch im Fall eines Krankenhausaufenthalts. Die nachträgliche Klagezulassung kommt nur in Betracht, wenn die klinische Behandlung während des Laufs der Klagefrist Außenkontakte ausschließt oder doch so erschwert, dass die Wahrnehmung der gegebenen Kontaktmöglichkeiten unzumutbar war.[51] Leichte Erkrankungen rechtfertigen nicht die nachträgliche Klagezulassung.

 

Rz. 22

Die Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Krankheit den Arbeitnehmer "unverschuldet" daran hindert, die Klage rechtzeitig beim Arbeitsgericht einzureichen, ist nicht einheitlich.[52] In der Literatur wird teilweise darauf abgestellt, dass die Erkrankung im Allgemeinen dann als Hindernis für die rechtzeitige Klage anzuerkennen und die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen sei, wenn sie den Arbeitnehmer daran hindere, selbst eine für eine Rechtsberatung geeignete Stelle aufzusuchen.[53] Dem ist insoweit zuzustimmen, dass an die Einreichung der Kündigungsschutzklage keine strengen Anforderungen gestellt werden, so dass daran festzuhalten ist, dass der Arbeitnehmer auch bei einem Krankenhausaufenthalt jedenfalls dann für die rechtzeitige Klagerhebung Sorge zu tragen hat, wenn seine Entschlussfähigkeit nicht nachhaltig beeinträchtigt ist. Dies gilt erst recht, nachdem der Gesetzgeber durch die Einführung der neuen einheitlichen Klagefrist zu erkennen gegeben hat, dass der Arbeitgeber in allen Fällen, in denen er eine schriftliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen hat, ein berechtigtes Interesse daran hat, relativ zeitnah zum Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist zu erfahren, ob die Kündigung gemäß der Fiktionswirkung des § 7 KSchG wirksam geworden ist oder nicht.

[50] KR/Kreft, § 5 KSchG Rn 48; Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, 6. Aufl. 2023, § 5 KSchG Rn 39.
[51] KR/Kreft, § 5 KSchG Rn 49 m.w.N.; LAG Schleswig-Holstein v. 5.2.2008, LAGE § 5 KSchG Nr. 118.
[52] Zahlreiche Nachweise, die unterschiedlich strenge Anforderungen stellen, finden sich bei Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, 6. Aufl. 2023, § 5 KschG Rn 39 und 41.
[53] In diese Richtung etwa Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, 6. Aufl. 2023, § 5 KSchG Rn 39.

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