Rz. 1

Stiftungen haben – insbesondere in Beraterkreisen – den Ruf, sich vorwiegend dazu zu eignen, große Vermögen zu privaten Zwecken auf Dauer gegen die Zufälligkeiten der Erbfolge und vor allem gegen Zugriffe des Fiskus zu isolieren. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Geschätzte 95 Prozent aller neu gegründeten wie existierenden Stiftungen dienen gemeinnützigen Zwecken.[1]

 

Rz. 2

Stiftungen sind sowohl aus historischer Perspektive wie auch heute vor allem Instrumente des nachhaltigen Engagements für das Gemeinwohl.[2] Die Errichtung einer Stiftung ist zum einen Ausdruck der vielfältigen Vorstellungen und Wünsche des Stifters, wie er sein Vermögen oder Teile seines Vermögens "auf ewig", insbesondere über seinen Tod hinaus, verwenden und welche Bestimmungen er dafür dauerhaft treffen möchte. Zum anderen dient eine gemeinnützige Stiftung der Förderung des Gemeinwohls. Dies schließt nicht aus, dass mit ihnen zugleich private Zwecke verfolgt werden. Ein Unternehmer, der große Teile seines Unternehmens auf eine gemeinnützige Stiftung überträgt, mag damit primär das Ziel verfolgen, dem Unternehmen im Nachfolgefall einen Erbstreit und den Nachkommen die Erbschaftsteuer zu ersparen, damit sein Lebenswerk nicht zerstört wird. Mit der Entscheidung für die gemeinnützige Stiftung hat er gleichwohl die Verfügungsgewalt über substanzielle Vermögenswerte aufgegeben. Vermögen und Erträge stehen fortan nicht mehr für die private Nutzung zur Verfügung.

 

Rz. 3

Vor diesem Hintergrund stellen sich Stiftungen vor allem als rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für eine bestimmte Form altruistischen Handelns dar: die langfristige Widmung eines Vermögens für gemeinnützige Zwecke. Die Errichtung einer Stiftung kann eine elegante, nachhaltige und zutiefst befriedigende Investition in das Gemeinwohl darstellen. Gleichwohl ist die Stiftung nicht in jedem Fall die richtige Form für diese Investition. Vor Errichtung einer Stiftung sollte der Stifter sorgfältig Optionen und Alternativen prüfen, um die ihm zur Verfügung stehenden Mittel optimal zur Förderung seines Anliegens einzusetzen.[3]

 

Rz. 4

Es gibt auch Stiftungen, deren Erträge nicht dem Gemeinwohl, sondern privaten Zwecken gewidmet sind. Wichtigste Erscheinungsform ist die Familienstiftung, die zumeist als Prototyp der privatnützigen Stiftung bezeichnet wird.[4] Dabei ist allerdings weder die privatnützige Stiftung im Allgemeinen noch die Familienstiftung im Speziellen eine besondere Rechtsform der Stiftung, sondern eine Anwendungsform.[5] Das Charakteristikum der Familienstiftung, das sie von anderen Stiftungen unterscheidet, liegt in ihrem familiären Bezug.[6]

 

Rz. 5

Die Familienstiftung kann in einzelnen Konstellationen ein interessantes Instrument der Vermögensnachfolge sein. So können die Familienmitglieder die Stiftung – anders als z.B. bei der Familiengesellschaft – nicht kündigen, keine Anteile auf Dritte übertragen und keine Stimm-, Kontroll- oder auch nur Informationsrechte nach Gesellschaftsrecht ausüben. Darüber hinaus bewirkt die Stiftung einen absoluten Schutz gegen das Auseinanderfallen des Vermögens, u.a. im Erbwege. Da es beim Generationengang der Begünstigten keinen Erbfall für das Stiftungsvermögen gibt, gehen auch erbrechtliche Ansprüche ins Leere. Insbesondere gibt es keine Ansprüche, die zur Liquidation und Zersplitterung von Vermögen führen können. Eventuelle Pflichtteilsansprüche bemessen sich nicht nach dem Vermögen der Familienstiftung, sondern lediglich nach dem Nachlass eines Erblassers außerhalb der Stiftung, ggf. aber unter der Zurechnung von Werten, die in den letzten zehn Jahren vor dem Tod auf Stiftungen übertragen wurden.[7]

 

Rz. 6

 

Praxishinweis

Bei den verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten der Stiftung ist stets zu beachten, dass pauschale Vorteilhaftigkeitsanalysen dieser Rechtsform nicht möglich sind. Vielmehr sind stets die jeweiligen zivil- und steuerrechtlichen Vor- und Nachteile unter Berücksichtigung aller gegebenen Einzelfallumstände und möglicher künftiger Änderungen dieser Umstände zu beachten.

[1] Vgl. Mecking, Facts and Figures: Rechtstatsachen zu Stiftern und Stiftungen in Deutschland, in: Werner/Saenger/Fischer, Die Stiftung, § 4 Rn 46.
[2] Vgl. Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts, 2. Aufl. Tübingen 2002.
[3] Zu den Alternativen zur Stiftungsgründung vgl. Richter/Godron, Stiftungsrecht, § 17 ff.
[4] Vgl. Richter/Stumpf, Stiftungsrecht, § 1 Rn 27; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Vorbem. zu §§ 80 ff. Rn 257.
[5] Vgl. Richter/Richter, Stiftungsrecht, § 11 Rn 2.
[6] Vgl. Richter/Richter, Stiftungsrecht, § 11 Rn 3.
[7] Vgl. Richter, Berater-Brief Vermögen, Heft 1/2004, 17, 19.

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