Rz. 262

Von einer Familienstiftung ist auszugehen, wenn eine inländische Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, vgl. § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG. Unter "Familie" sind der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge i.S.d. § 15 AO zu verstehen.[394]

 

Rz. 263

Nach Ansicht des BFH ist eine Stiftung dann "wesentlich" im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet, wenn nach der Satzung und ggf. dem Stiftungsgeschäft das Wesen der Stiftung darin besteht, den berechtigten Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer privaten Nutzung zugänglich ist, zu nutzen und die Stiftungserträge an sich zu ziehen. Auf tatsächliche Ausschüttungen von Erträgen oder Nutzungen des Stiftungsvermögens soll es dabei nicht ankommen.[395] Bezeichnet die Stiftungssatzung Familienmitglieder als bezugsberechtigte Personen, so besteht ein "wesentliches Familieninteresse", wenn neben der Unterstützung dieses Personenkreises kein anderer Stiftungszweck existiert. Ob bzw. mit welcher Wahrscheinlichkeit es tatsächlich zu einer Zuwendung an diesen Personenkreis komme, soll hingegen unerheblich sein.[396] Diese Grundsätze sollen auch bei unternehmensverbundenen Stiftungen gelten: Besteht das Stiftungsvermögen im Wesentlichen aus einem Unternehmen und/oder Unternehmensbeteiligungen, spricht der vom Stifter beabsichtigte Erhalt des Unternehmens weder für noch gegen ein (wesentliches) Familieninteresse, denn der Erhalt und die Weiterentwicklung des Stiftungsvermögens stellen noch keinen Stiftungszweck dar.[397] Auch mittelbare Vermögensvorteile, die nicht zwingend in Geld bezifferbar sein müssen, können ein relevantes Interesse der Familienangehörigen darstellen.[398]

 

Rz. 264

Die Finanzverwaltung nimmt ein "wesentliches" Familieninteresse in Anlehnung an § 15 Abs. 2 AStG stets an, wenn nach der Satzung der Stifter und seine Familie zu mehr als der Hälfte hinsichtlich der Ausschüttungen bezugs- oder anfallsberechtigt sind, vgl. R E 1.2 Abs. 2 S. 1 ErbStR 2019. Treten weitere besondere Merkmale hinzu, z.B. wesentlicher Einfluss der Familie auf die Geschäftsführung der Stiftung, kann eine Familienstiftung sogar bereits bei einem Bezugs- und Anfallsrecht von nur 25 Prozent angenommen werden, vgl. R E 1.2 Abs. 2 S. 2 und 3 ErbStR 2019.

[394] Vgl. R E 1.2 Abs. 2 S. 1 ErbStR 2019.
[395] BFH, Urt. v. 10.12.1997 – II R 25–94, BStBl II 1998, 114, 116; R E 1.2 Abs. 2 S. 4 und 5 ErbStR 2019.
[398] Vgl. BFH/NV 2010, 898 (die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, da die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Erbersatzsteuer geklärt sei, vgl. BVerfG ZEV 2012, 51).

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