Rz. 72

Nachfolgeklauseln ermöglichen einen erbrechtlichen Übergang des Gesellschaftsanteils des Verstorbenen. Im Falle der einfachen Nachfolgeklausel kann jeder Erbe (oder ggf. auch Vermächtnisnehmer) in die Gesellschafterstellung nachrücken, bei einer Mehrheit von Erben alle von ihnen. Dieser Erwerb vollzieht sich unentgeltlich und ist nach § 6 Abs. 3 EStG einkommensteuerneutral. Bei mehreren Miterben oder/und nachrückenden Vermächtnisnehmern erwirbt jeder von ihnen eine eigene, nicht gesamthänderisch gebundene Gesellschafterstellung (Singularsukzession), etwa vorhandenes Sonderbetriebsvermögen des Verstorbenen geht aber durch Universalsukzession (§ 1922 BGB) auf die Erbengemeinschaft über.[46] Vor diesem Hintergrund muss unbedingt darauf geachtet werden, dass an der Erbengemeinschaft ausschließlich Gesellschafter-Nachfolger beteiligt sind, da es sonst zu steuerpflichtigen Entnahmen des Sonderbetriebsvermögens kommen kann.

 

Rz. 73

Auch bei Eingreifen einer qualifizierten Nachfolgeklausel erwirbt der Nachfolger den Mitunternehmeranteil unentgeltlich und damit steuerneutral nach § 6 Abs. 3 EStG. Die Buchwerte des Verstorbenen sind fortzuführen. Nicht qualifizierte Miterben werden nicht Gesellschafter und damit auch nicht Mitunternehmer im steuerrechtlichen Sinne. Soweit eine (erbrechtliche) Verpflichtung zur Leistung eines Wertausgleichs an die nicht in die Gesellschaft eintretenden Miterben besteht, stellt diese eine private Schuld dar. Hierfür aufzuwendende Finanzierungskosten sind daher keine Betriebsausgaben.

 

Rz. 74

Die qualifizierte Nachfolgeklausel birgt in besonderer Weise steuerliche Risiken bezüglich etwa vorhandenen Sonderbetriebsvermögens:

Denn anders als der nur auf qualifizierte Erben/Vermächtnisnehmer übergehende Gesellschaftsanteil fällt das Sonderbetriebsvermögen der Erbengemeinschaft gesamthänderisch an. Alle Miterben werden also entsprechend ihrer Quoten auch Erben des Sonderbetriebsvermögens. Das ist kein Problem, wenn an der Erbengemeinschaft ausschließlich qualifizierte Nachfolger beteiligt sind. Eine Trennung von Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen findet dann nämlich nicht statt, alle in die Gesellschaft nachrückenden Erben werden Mitunternehmer. Ungeplante Zwangsentnahmen sind so ausgeschlossen. Anders ist die Situation aber, wenn an der Erbengemeinschaft neben dem oder den qualifizierten Nachfolgern auch Nicht-Gesellschafter beteiligt sind. Denn hier gelten nach der Rechtsprechung des BFH[47] die Gegenstände des auf die Erbengemeinschaft übergehenden Sonderbetriebsvermögens im Zeitpunkt des Erbfalles in dem Umfang als entnommen, der der quotenmäßigen Beteiligung der nicht in die Gesellschafterstellung nachrückenden Miterben entspricht.

 

Rz. 75

Auch diese Entnahme wird steuerlich noch dem Erblasser zugerechnet. Demzufolge sind die hierbei aufgedeckten stillen Reserven von ihm zu versteuern. Die Steuerlast bildet eine Nachlassverbindlichkeit.[48]

 

Rz. 76

An diesen negativen steuerlichen Konsequenzen kann auch eine nach dem Erbfall erfolgende, evtl. sogar durch (Voraus-)Vermächtnis angeordnete Weiterübertragung des Sonderbetriebsvermögens an den qualifizierten Nachfolger nichts ändern.[49] Der automatisch mit dem Erbfall eintretende (anteilige) Übergang des Sonderbetriebsvermögens auf die nicht qualifizierten Erben (die ja ertragsteuerlich keine Mitunternehmer werden) führt – wenigstens anteilig – zwingend zum Verlust der Betriebsvermögenseigenschaft. Dieser kann später nicht wieder rückgängig gemacht werden. Im Falle einer späteren Übertragung (auch bei Vermächtniserfüllung) erwirbt der Gesellschafter-Nachfolger von der Erbengemeinschaft Privatvermögen.[50]

 

Rz. 77

Noch gravierender sind die steuerlichen Konsequenzen, wenn das Sonderbetriebsvermögen des Erblassers bei der Mitunternehmerschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Nach Ansicht der älteren Rechtsprechung[51] sollte es durch die zwangsweise Entnahme sogar zu einer Aufgabe des Mitunternehmeranteils insgesamt kommen. Mittlerweile geht jedoch eine im Vordringen begriffene – und auch zutreffende – Auffassung davon aus, dass – jedenfalls in ertragsteuerrechtlicher Hinsicht – die Zwangsentnahme auf das anteilige Sonderbetriebsvermögen beschränkt ist und den dem qualifizierten Nachfolger zugefallenen Teil oder gar den Mitunternehmeranteil insgesamt "infizieren" soll.[52]

 

Rz. 78

Außerdem soll der zivilrechtliche Übergang von Sonderbetriebsvermögen auf andere Personen als den gesellschaftsrechtlich qualifizierten Nachfolger dann steuerlich unschädlich sein, wenn dieser bereits zu Lebzeiten des Erblassers sog. wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) der entsprechenden Gegenstände war und diese Stellung auch nach dem Erbfall weiterhin innehat.[53]

 

Rz. 79

Der sicherste Weg zur Vermeidung steuerlicher Risiken bildet vor diesem Hintergrund auf jeden Fall die Alleinerbeneinsetzung des qualifizierten Nachfolgers[54] Eine Gesamtrechtsnachfolge durch Personen, die nicht Gesellschafter werden sollen, ist zu vermeiden. Dies...

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