Rz. 3

Der Eintritt der Verjährung begründet ein – als Einrede geltend zu machendes – dauerndes Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners. Der Bestand des Anspruchs wird hiervon nicht berührt, § 214 BGB.

 

Rz. 4

Verjährung wird infolgedessen im Prozess nicht von Amts wegen berücksichtigt. Konsequenterweise darf nach richtiger, freilich umstrittener Ansicht ein Zivilgericht auch nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen einer Verjährung hinweisen, ohne Anlass für eine Besorgnis der Befangenheit zu bieten.[3] Es genügt aber, wenn der Beklagte die Einrede der Verjährung einmal bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen erhoben und nicht – was möglich ist – wieder fallen gelassen bzw. hierauf verzichtet hat.[4] Einer ausdrücklichen Wiederholung der Einrede in der Rechtsmittelinstanz bedarf es freilich nicht.[5] Zwar ist für die Erhebung der Verjährungseinrede keine bestimmte Form oder Ausdrucksweise notwendig, vielmehr genügt es, wenn sich der Schuldner dem Sinne nach auf den Ablauf der Verjährungsfrist beruft,[6] weswegen der Bundesgerichtshof in einem (Einzel-)Fall zum alten Verjährungsrecht auch angenommen hat, die Verjährungseinrede könne sogar in dem Hinweis auf eine Verwirkung des Anspruchs wegen der verstrichenen Zeit zu sehen sein.[7] Es ist allerdings schon zweifelhaft, ob dies ohne Weiteres auch noch für Fälle gilt, die dem seit 1.1.2002 geltenden Verjährungsrecht unterfallen, weil die Regelverjährung jetzt nicht mehr allein an den Zeitablauf, sondern zusätzlich auch an eine Kenntnis und damit an subjektive Elemente anknüpft. Jedenfalls setzt die Einrede der Verjährung aber voraus, dass aus dem Sinn der Erklärung klar wird, der Schuldner wolle seine endgültige Leistungsverweigerung gerade mit dem Ablauf der Verjährungsfrist begründen.[8] Einem auf Verwirkung gerichteten Sachvortrag lässt sich demnach – zumal im Anwaltsprozess – in der Regel nicht zugleich eine Verjährungseinrede entnehmen.[9] Sind die zugrunde liegenden Tatsachen unstreitig, steht im Übrigen einer erstmaligen Geltendmachung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz auch § 531 Abs. 2 ZPO nicht entgegen.[10]

 

Rz. 5

Da der Anspruch an sich fortbesteht und erfüllbar bleibt, kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden, auch wenn die Leistung in Unkenntnis der Verjährung bewirkt worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners (§ 214 Abs. 2 BGB).

Hat der Schuldner es jedoch versäumt, gegenüber einer Zwangsvollstreckung des Gläubigers die Verjährungseinrede zu erheben und im Wege der Klage nach § 767 ZPO durchzusetzen, so kann er sich dennoch, auch nach Abschluss der Vollstreckung, zur Begründung von Bereicherungsansprüchen noch auf die Verjährung berufen. Das gilt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch, wenn der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Zahlungen erbracht hat.[11]

 

Rz. 6

Die Verjährung schließt auch die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte (§ 215 BGB).[12]

[3] BGHZ 156, 269.
[4] BGHZ 185, 185 Rn 17.
[5] BGH, Urt. v. 15.12.1988 – IX ZR 33/88, WM 1989, 581.
[6] BGHZ 156, 269, 271.
[8] BGHZ 156, 269, 271.
[10] BGH GZS BGHZ 177, 212.
[12] Vgl. speziell zum Zurückbehaltungsrecht: BGH, Urt. v. 5.11.2015 – VII ZR 144/14, Leitsatz.

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