Leitsatz (amtlich)

Auf die Verjährung der schuldrechtlichen Zinsansprüche kann sich der Schuldner auch berufen, wenn der Gläubiger diese Ansprüche aus Gegenständen zu befriedigen sucht, an denen ihm ein dingliches Sicherungsrecht zusteht.

Hat es der Schuldner versäumt, gegenüber einer Zwangsvollstreckung des Gläubigers die Verjährungseinrede zu erheben und im Wege der Klage aus § 767 ZPO durchzusetzen, so kann er sich auch nach Abschluß der Vollstreckung zur Begründung von Bereicherungsansprüchen noch auf die Verjährung berufen. Das gilt auch, wenn der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Zahlungen erbracht hat.

 

Normenkette

BGB §§ 223, 222, 813

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 08.09.1992)

LG Karlsruhe (Urteil vom 13.04.1991)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Kläger werden – unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen – das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. September 1992 teilweise aufgehoben und das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 13. April 1991 teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger weitere 173.054,59 DM nebst 7,5 % Zinsen seit dem 15. Mai 1990 zu zahlen. Wegen der Zinsmehrforderung bleibt die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen

der Kläger zu 1): 37 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie 49 % seiner eigenen außergerichtlichen Kosten,

die Klägerin zu 2): 5 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie 22 % ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten,

die Beklagte: 58 % der Gerichtskosten und ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, 51 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) und 78 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2).

Von den Kosten des zweiten Rechtszuges tragen

der Kläger zu 1): 47 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie 67 % seiner eigenen außergerichtlichen Kosten,

die Klägerin zu 2): 7 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie 22 % ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten,

die Beklagte: 46 % der Gerichtskosten und ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, 33 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) und 78 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2).

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden den Klägern zu je 6,5 % und der Beklagten zu 87 % auferlegt.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1) betrieb früher auf einem ihm und seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2), gehörenden Grundstück in K.-I. eine Fabrik. Die Beklagte – eine Sparkasse – gewährte den Klägern ab 1972 mehrere Darlehen, zu deren Sicherung das Betriebsgrundstück mit Gründschulden belastet wurde. Die Beklagte führte für die Kläger drei Darlehenskonten und ein Kontokorrentkonto. Am 1. Dezember 1978 kündigte sie ihr gesamtes Kreditengagement fristlos wegen Zahlungsverzugs. Zur Rückführung der Verbindlichkeiten richtete die Beklagte ein Abwicklungskonto (Nr. 1019223) ein und buchte darauf am 29. Dezember 1978 den auf dem bestehenden Kontokorrentkonto entstandenen Sollsaldo von 170.000 DM. Die Kläger leisteten in der Folgezeit auf das Abwicklungskonto Zahlungen; diese wurden von der Beklagten teils zur Verringerung des dortigen Sollsaldos verwandt, teils als Gutschriften auf die – weitergeführten – drei Darlehenskonten umgebucht. Für das Abwicklungskonto berechnete die Beklagte den Klägern Kontokorrentzinsen; die Darlehenskonten belastete sie jeweils mit Zinsen in Höhe der früheren vertraglichen Vereinbarung.

Ab 1982 betrieb die Beklagte aus der notariellen Urkunde über die Bestellung der erstrangigen Grundschuld die Zwangsvollstreckung in das Betriebsgrundstück. Es wurde am 25. Februar 1988 versteigert; im Verteilungstermin am 18. Mai 1988 wurde der Beklagten ein Erlösanteil von 916.705,39 DM zugeteilt. Damit glich sie eines der Darlehenskonten (Nr. …7) und das Abwicklungskonto vollständig aus; den Restbetrag schrieb sie dem zweiten Darlehenskonto (Nr. …1) gut.

Die Kläger hatten weitere Kredite von einer anderen Bank erhalten und mit einer Hypothek an ihrem Privathausgrundstück in K.-G. gesichert. Als die Bank daraus 1986 die Zwangsversteigerung betrieb, löste die Beklagte deren Darlehensforderung ab, ließ sich die Hypothek abtreten und belastete mit dem Ablösungsbetrag das Abwicklungskonto der Kläger. Später betrieb die Beklagte selbst die Vollstreckung in das Privathausgrundstück. Zur Vermeidung der Zwangsversteigerung zahlten die Kläger am 20. April 1989 an die Beklagte einen Ablösungsbetrag von 304.082,70 DM. Damit glich die Beklagte das zweite Darlehenskonto (Nr. …) vollständig aus; den Rest verbuchte sie auf dem letzten Darlehenskonto (Nr. 1 ß).

Als weitere Sicherheit hatte der Kläger zu 1) der Beklagten die Rechte aus vier Lebensversicherungen abgetreten. Zur Durchsetzung ihrer restlichen Ansprüche – die sie am 20. Juni 1989 noch mit 138.769,02 DM beziffert hatte – kündigte die Beklagte drei der Versicherungsverträge und erhielt von den Versicherern im August 1989 und Mai 1990 57.440,69 DM, 41.654,96 DM und 50.340,61 DM ausgezahlt.

Die Kläger haben der Beklagten vorgeworfen, sie habe ihre Konten falsch abgerechnet und sie insbesondere nach der Darlehenskündigung Ende 1978 noch mit Zinsen in einer Höhe belastet, die nach der BGH-Rechtsprechung nicht mehr gerechtfertigt gewesen sei.

Die Kläger haben Ersatz des Schadens verlangt, der ihnen durch die Zwangsversteigerung ihres Betriebsgrundstücks entstanden sei; aufgrund der überhöhten Forderungen der Beklagten sei eine rechtzeitige Umschuldung mißlungen. Den ihnen dadurch entstandenen Schaden haben die Kläger mit mindestens 350.000 DM beziffert und davon mit der Klage einen Teilbetrag von 50.000 DM geltend gemacht.

Daneben haben die Kläger die Zahlung weiterer 178.403,99 DM nebst Zinsen verlangt, weil der Beklagten aufgrund der Sicherheitenverwertung mehr zugeflossen sei, als ihr zugestanden habe. Hilfsweise haben die Kläger den Anspruch auch darauf gestützt, die bis Ende 1983 entstandenen Verzugszinsforderungen seien, als die Beklagte 1988 ihren Erlösanteil aus der Zwangsversteigerung des Betriebsgrundstücks erhalten und verrechnet habe, bereits verjährt gewesen.

Der Kläger zu 1) hat außerdem als Schadensersatz den Neuabschluß der drei gekündigten Lebensversicherungen und die Rückabtretung der Rechte aus der vierten Versicherung verlangt.

Das Landgericht hat die Beklagte nur zur Zahlung von 5.349,40 DM nebst Zinsen und zur Rückabtretung der letzten, noch bestehenden Lebensversicherung verurteilt, die Klage im übrigen aber abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der Revision haben sie nur ihre Zahlungsansprüche weiterverfolgt. Wegen ihres Zahlungsantrags über 50.000 DM nebst Zinsen hat der Senat die Annahme der Revision durch Beschluß vom 8. Juni 1993 mangels Erfolgsaussicht abgelehnt; das Berufungsgericht hatte die Abweisung dieser Schadensersatzforderung damit begründet, auch wenn die Beklagte vor der Zwangsversteigerung des Betriebsgrundstücks überhöhte Zahlungsansprüche gestellt habe, sei die Zuvielforderung doch für den durch die Versteigerung entstandenen Schaden nicht kausal geworden, weil die Kläger auch die berechtigte Forderung in Höhe von 1.279.611,83 DM nach ihrem eigenen Vortrag nicht hätten bezahlen können.

Im Streit ist danach nur noch der Klageantrag auf Zahlung weiterer 173.054,59 DM nebst 5,7 % Zinsen seit dem 20. April 1989 und 7,5 % Zinsen ab Rechtshängigkeit.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg, soweit die Kläger Zahlung weiterer 173.054,59 DM nebst 7,5 % Zinsen ab 15. Mai 1990 (Rechtshängigkeit) begehren; unbegründet ist lediglich die Zinsforderung für die frühere Zeit.

I.

Nicht durchdringen kann die Revisionsrüge, das Berufungsgericht habe, wenn es von einer berechtigten Forderung der Beklagten in Höhe von 1.279.611,83 DM im Zeitpunkt der Versteigerung im Februar 1988 ausgehe, den Vortrag der Klägerin, die Gesamtforderung habe damals nur 1.163.920,92 DM betragen, verfahrensfehlerhaft übergangen. Das Berufungsgericht hat sich mit den Einwendungen der Kläger, auf denen ihre abweichende Berechnung beruht, hinreichend auseinandergesetzt:

  1. Die Kläger wollen für die Jahre 1979 und 1980 nur den Sonderzinssatz von 6,75 % berechnen, den ihnen die Beklagte im Schreiben vom 27. Dezember 1979 eingeräumt hatte. Dieses Schreiben endet jedoch mit dem Satz:

    „Diese spürbare Erleichterung erfordert in Zukunft allerdings eine pünktliche Rückführung.”

    Darin findet die Auslegung des Berufungsgerichts, die Vereinbarung des Sonderzinssatzes habe von der Einhaltung der Tilgungsverpflichtungen abhängig sein sollen, eine hinreichende Grundlage.

  2. Die Kläger gehen im übrigen von niedrigeren Zinssätzen aus als das Berufungsgericht, das für die Darlehenskonten den Verzugszinsberechnungen gefolgt ist, die die Beklagte im Rechtsstreit – abweichend von ihrer vorprozessualen Zinsabrechnung – zuletzt vorgelegt hat.

a) Rechtlich entspricht die Verzugszinsberechnung des Berufungsgerichts den Vorgaben des Grundsatzurteils BGHZ 104, 307. Die Auffassung der Kläger, bei der Feststellung des Durchschnittszinssatzes aus dem gesamten Aktivkreditgeschäft der Beklagten müßten auch Aval- und sog. „laufende Kredite” berücksichtigt werden, hat das Berufungsgericht mit zutreffender Begründung abgelehnt. Für Bürgschaftsübernahmen und treuhänderisch verwaltete Fremdkredite braucht die Beklagte keine eigenen Geldmittel einzusetzen; die entsprechend niedrigeren Gebührensätze für diese Geschäfte können daher nicht in die Berechnung des Durchschnittsgewinns einfließen, der ihr durch die Vorenthaltung geschuldeter Gelder entgeht.

b) Bei der Tatsachenfeststellung durfte das Berufungsgericht von der Vollständigkeit und Richtigkeit der Zahlen ausgehen, die sich aus den vorgelegten Unterlagen der Beklagten ergaben. Der – von der Revision erneut erhobene – Vorwurf, es handele sich dabei nicht um die Durchschnittssätze der Beklagten, sondern des gesamten Badischen Sparkassen- und Giroverbandes, war bereits im ersten Rechtszug ausgeräumt worden; die unter der Schlüsselzahl 07718 in der Aufstellung des Verbandes genannten Zahlen betrafen nur die Beklagte. Die Kläger hatten diese Zahlen vor dem Landgericht ausdrücklich nicht mehr in Frage gestellt; danach war der für die. Richtigkeit benannte Zeuge K. hierzu nicht mehr vernommen worden. Wenn die Kläger ihre alten Einwendungen später pauschal wieder aufgriffen, war das Berufungsgericht unter den gegebenen Umständen rechtlich nicht gehindert, auch ohne Beweisaufnahme die Überzeugung von der Richtigkeit der Zahlen zu gewinnen.

c) Die Kläger wollen der Beklagten die Berechnung von Kontokorrentzinsen für das Abwicklungskonto verweigern, weil es an einer Kontokorrentabrede fehle. Das Berufungsgericht durfte insoweit jedoch die über Jahre dauernde einverständliche Handhabung als stillschweigende Einigung der Parteien auslegen.

d) Vergeblich wendet sich die Revision auch gegen die Belastung des Abwicklungskontos mit Gerichts- und Anwaltskosten, die der Beklagten aus früheren, nicht zu Ende geführten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erwachsen waren. Ersatzfähig sind zwar nur Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§§ 91, 788 ZPO). Dabei ist aber darauf abzustellen, ob eine Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Vornahme bei objektiver Betrachtung als sachdienlich anzusehen war (Zöller/Stöber ZPO 18. Aufl. § 788 Rdn. 9). Diese Voraussetzung kann auch bei Vollstreckungsversuchen bejaht werden, die vom Gläubiger später aufgrund von Bitten und Leistungsversprechen des Schuldners abgebrochen worden sind.

e) Vergeblich wendet sich die Revision schließlich gegen die Berücksichtigung von sechs Einzelbelastungen des Abwicklungskontos in Höhe von 14,80 DM, 144,52 DM, 30 DM, 50 DM, 458 DM und 186 DM. Die Kläger hatten diese Buchungen erstmals im zweiten Rechtszug beanstandet, waren darauf aber, nachdem die Beklagte die Belastungen erläutert hatte, in den folgenden Schriftsätzen nicht mehr zurückgekommen. Danach war das Berufungsgericht rechtlich nicht gehindert, diese Posten als schlüssig und belegt anzusehen und bei der Abrechnung zu berücksichtigen.

II.

Die Verzugszinsberechnung des Berufungsgerichts für die Darlehenskonten ist jedoch aus einem anderen Grunde für die Zeit nach der Zwangsversteigerung des Betriebsgrundstücks – auch ohne eine ausdrücklich darauf gerichtete Rüge der Kläger – materiell-rechtlich zu beanstanden.

Das Berufungsgericht folgt auch insoweit der letzten Abrechnung der Beklagten für die Zeit ab 28. Februar 1988. Diese Abrechnung beginnt für alle Konten jeweils mit dem Saldostand, der sich aus den Abrechnungen für die vorangegangene Zeit vom 1. Januar 1979 bis 28. Februar 1988 ergab. Für diesen Zeitraum hatte die Beklagte bei den Darlehenskonten stets Kapital- und Zinsschulden gesondert erfaßt und Verzugszinsen jeweils nur von den noch geschuldeten Kapitalbetragen berechnet, Zinseszinsen also vermieden. Zum 28. Februar 1988 faßte sie jedoch Kapital- und Verzugszinsschuld zu einem Schlußsaldo zusammen, übernahm dessen Summe als Anfangskontobestand in die neue Abrechnung für die Folgezeit und legte diesen – aus Kapital und Zinsen bestehenden – Betrag der nächsten Verzugszinsberechnung zugrunde. Ebenso verfuhren Beklagte und Berufungsgericht – ohne Begründung – jeweils auch bei den folgenden Zinsberechnungen bis zum vollständigen Ausgleich aller Darlehenskonten. Auf diese Weise wurden die Kläger ab 28. Februar 1988 ständig mit Zinseszinsen belastet. Dazu ist der Darlehensgläubiger nach der Kündigung grundsätzlich nicht berechtigt (Senatsurteile vom 13. November 1990 – XI ZR 217/89 = WM 1991, 60, 63 und vom 9. Februar 1993 – XI ZR 88/92 = WM 1993, 586). Die Ausnahmevoraussetzungen des § 355 HGB lagen für die Darlehenskonten nicht vor. Als Verzugsschadensersatz nach §§ 286 Abs. 1, 289 Satz 2 BGB kann der Gläubiger Zinsen von Verzugszinsen nur verlangen, wenn er den Schuldner wegen rückständiger Verzugszinsbeträge durch Mahnung in Verzug gesetzt hat; an den Inhalt einer solchen Mahnung stellt der erkennende Senat strenge Anforderungen (vgl. Senatsurteile vom 13. November 1990 und vom 9. Februar 1993 a.a.O.). Hier bietet das Vorbringen der Beklagten für das Vorliegen wirksamer Mahnungen keine Anhaltspunkte.

Danach ist die Beklagte aus § 812 BGB zur Rückzahlung der rechtsgrundlos berechneten Zinseszinsen verpflichtet.

III.

Ein Bereicherungsanspruch steht den Klägern ferner zu, soweit die Beklagte aufgrund der Sicherheitenverwertung ab 1988 Befriedigung für Verzugszinsansprüche erlangt hat, die bereits verjährt waren.

Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung insoweit damit begründet, da die Verjährungseinrede im Zeitpunkt der Sicherheitenverwertung noch nicht erhoben worden sei, hätte die Beklagte selbst verjährte Zinsen in ihre Berechnung einbeziehen können; außerdem gelte die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 ZPO nicht für Verzugszinsansprüche, die nicht auf § 288 Abs. 1 BGB gestützt, sondern als Verzugsschaden nach § 286 BGB geltend gemacht würden.

Diese Begründung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Wie der erkennende Senat inzwischen in einem anderen Verfahren ausdrücklich bekräftigt hat, unterliegen Ansprüche auf Verzugszinsen der kurzen Verjährung nach §§ 197, 201 BGB auch, soweit sie auf den rechtlichen Gesichtspunkt des Schadensersatzes nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB gestützt werden; denn auch insoweit sind sie auf wiederkehrende Leistungen gerichtet (Senatsbeschluß vom 2. März 1993 – XI ZR 133/92 = WM 1993, 752 m.w.Nachw.).

Anfang 1988 waren daher alle Verzugszinsansprüche, die bis zum Schluß des Jahres 1983 auf den Darlehenskonten entstanden und nicht bereits durch Zahlungen erfüllt waren, verjährt.

Die Verjährung war vorher auch nicht, wie die Beklagte unter Hinweis auf erstinstanzliches Vorbringen geltend macht, gemäß § 208 BGB durch Abschlagszahlungen oder ein Saldoanerkenntnis unterbrochen worden. Dieses Vorbringen betrifft nur das Abwicklungskonto, bei dem die Verjährung kontokorrentgebundener Einzelforderungen ohnehin analog § 202 BGB gehemmt war (Schlegelberger/Hefermehl HGB 5. Aufl. § 355 Rdn. 34; Canaris Großkomm. HGB 3. Aufl. § 355 Rdn. 57). Für die Zinsbelastungen der Darlehenskonten sind die Voraussetzungen des § 208 BGB nicht dargetan.

2. Auf die Verjährung der schuldrechtlichen Zinsansprüche kann sich ein Schuldner auch berufen, wenn der Gläubiger diese Ansprüche aus Gegenständen zu befriedigen sucht, an denen ihm ein dingliches Sicherungsrecht zusteht. Das ergibt sich aus § 223 Abs. 3 BGB. Dieser Absatz nimmt auf die vorangegangenen Absätze Bezug und ist daher nur im Zusammenhang mit ihnen zu verstehen:

Abs. 1 sieht vor, daß ein Gläubiger, für den eine Hypothek oder ein Pfandrecht bestellt worden ist, trotz der Akzessorietät dieser Sicherungsrechte durch die Verjährung des gesicherten Anspruchs nicht gehindert wird, seine Befriedigung aus dem verhafteten Gegenstand zu suchen. Grundschulden fallen – ebenso wie andere nicht akzessorische Rechte – nicht unter Abs. 1. Dafür bestimmt Abs. 2, daß aufgrund der Verjährung des gesicherten Anspruchs nicht die Rückübertragung von Rechten verlangt werden kann, die sicherungshalber übertragen worden sind. Diese Vorschrift ist – wie sich schon aus der Begründung in den Motiven (Bd. I, 345 zu § 183 des Entwurfs 1) ergibt – auch auf Grundschulden anwendbar. In Abs. 2 sollte für abstrakte Sicherungsrechte sachlich das gleiche ausgesprochen werden wie für akzessorische in Abs. 1 (BGHZ 34, 191, 195; Blomeyer JZ 1959, 15, 16).

Die beiden ersten Absätze des § 223 BGB finden nach Abs. 3 keine Anwendung auf Rückstände von Zinsen oder anderen wiederkehrenden Leistungen. Soweit es um solche Rückstände geht, kann danach der Schuldner sich auch gegenüber dinglichen Sicherungsrechten auf die Verjährung des schuldrechtlichen Anspruchs berufen. Das ergibt sich bei den in Abs. 1 genannten Rechten aus der Akzessorietät, bei Grundschulden und anderen abstrakten Sicherungsrechten aus der schuldrechtlichen Sicherungsabrede; durch sie wird die dinglich nicht beschränkte Rechtsmacht des Gläubigers schuldrechtlich im Verhältnis der Sicherungsvertragsparteien auf das Maß begrenzt, das sich aus dem Kausalverhältnis ergibt.

3. Der Bereicherungsanspruch scheitert auch nicht daran, daß die Kläger zu der Zeit, als die Beklagte die Zwangsvollstreckung betrieb und die Sicherheiten verwertete, die Verjährungseinrede noch nicht erhoben, sondern sich darauf erst im jetzigen Rechtsstreit berufen haben.

Die Beklagte war zwar, da der Ablauf der Verjährungsfrist den Anspruch nicht beseitigt, sondern dem Schuldner nur ein Leistungsverweigerungsrecht gibt, nicht verpflichtet, die Verjährung von sich aus bei der Sicherheitenverwertung zu berücksichtigen; sie hat sich nicht dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, daß sie gegenüber den Klägern Ablösungsforderungen stellte, die auch verjährte Zinsen umfaßten.

Zur Begründung von Bereicherungsansprüchen können die Kläger sich aber auch jetzt noch darauf berufen, daß ihnen im Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung und der sonstigen Sicherheitenverwertung bereits ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht zustand. Zwar hätten die Kläger, wenn sie sich damals bereits mit der Verjährungseinrede gegen die Zwangsvollstreckung hätten wehren wollen, nach § 767 ZPO vorgehen müssen (Staudinger/Dilcher 12. Aufl. § 223 BGB Rdn. 3). Daraus folgt aber nicht, daß sie, weil sie ein solches Vorgehen versäumt haben, ihre materiellen Rechte verloren haben. Nach allgemeiner Ansicht setzen sich vielmehr die rechtlichen Möglichkeiten der Vollstreckungsabwehrklage nach Beendigung der Zwangsvollstreckung in der materiellrechtlichen Bereicherungsklage fort (BGHZ 83, 278, 280 m.w.Nachw.; BGH, Urteile vom 23. April 1986 – IV b ZR 29/85 = NJW 1986, 2047, 2048 und vom 6. März 1987 – V ZR 19/86 = WM 1987, 1048, 1049).

Für die Verjährungseinrede ergibt sich auch nichts Gegenteiliges aus § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB. Nach dieser Bestimmung kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden, auch wenn die Leistung in Unkenntnis der Verjährung bewirkt worden ist. Diese Ausnahme von der Regel des § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt jedoch nur, wenn der Schuldner die Leistung freiwillig erbracht hat; ist wegen einer verjährten Forderung vollstreckt worden, so steht dem Schuldner ein Rückforderungsanspruch zu (MünchKomm/v. Feldmann 3. Aufl. BGB § 222 Rdn. 5; Soergel/Walter 12. Aufl. § 222 BGB Rdn. 12; Palandt/Heinrichs 52. Aufl. § 222 BGB Rdn. 3). Sofern Heinrichs a.a.O. den Rückforderungsanspruch von einer vorherigen Aufhebung des Titels gemäß § 767 ZPO abhängig machen will (ähnlich Erman/Hefermehl 9. Aufl. § 222 BGB Rdn. 2), ist ihm nicht zu folgen; die Klage aus § 767 ZPO wird unzulässig, sobald die Vollstreckung durch Befriedigung des Gläubigers beendet ist; trotzdem und gerade danach kann der Schuldner noch aus seinem materiellen Recht vorgehen (Lippmann DJZ 1906, 1256). Den Klägern steht daher ein uneingeschränkter Bereicherungsanspruch zu, soweit die Beklagte ohne Mitwirkung der Kläger Sicherheiten verwertet und den Erlös auf Zinsansprüche verrechnet hat, die bereits verjährt waren.

Ebenso zu behandeln ist schließlich auch die Ablösungszahlung, die von den Klägern im April 1989 an die Beklagte geleistet wurde, um die Zwangsversteigerung des Privathausgrundstücks zu vermeiden. Auch bei einer auf diese Weise erzwungenen Leistung ist der Schuldner zur Rückforderung berechtigt (KG JW 1933, 1262; MünchKomm/v. Feldmann a.a.O.; Palandt/Heinrichs a.a.O.; Lippmann a.a.O.). Diese Auffassung wird im Schrifttum zwar teilweise in Frage gestellt, jedoch ohne überzeugende Begründung (Soergel/Walter a.a.O.; Staudinger/Dilcher a.a.O. § 222 BGB Rdn. 4; Erman/Hefermehl a.a.O.). Hat der Schuldner eine Zahlung nur unter dem Druck erbracht, andernfalls im Wege der Zwangsvollstreckung schwerwiegende Verluste erleiden zu müssen – hier ging es um das von den Klägern selbst bewohnte Hausgrundstück –, so muß es bei der Regel des § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB bleiben. Eine Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 222 Abs. 2 BGB ist nur bei freiwilligen Leistungen gerechtfertigt.

IV.

Der Höhe nach bedarf es für die Entscheidung über den noch streitigen Zahlungsantrag keiner genauen Bezifferung der Zinseszinsbeträge, mit denen die Beklagte gemäß den Ausführungen zu II. die Darlehenskonten zu Unrecht belastet hat. Der sich ergebende Betrag reicht allein jedenfalls nicht aus, um den Zahlungsantrag über 173.054,59 DM zu rechtfertigen. Zu seiner Begründung müssen daher die hilfsweise geltend gemachten Bereicherungsansprüche gemäß den Ausführungen zu III. berücksichtigt werden. Auf den einzelnen Darlehenskonten bestanden aus den Jahren bis Ende 1983 bei Ablauf der Verjährungsfrist Ende 1987 folgende Zinsrückstände:

Auf dem Konto Nr. …7 hatte die Beklagte für die Jahre 1979 bis 1983 insgesamt (33.889 DM + 40.776,21 DM + 48.357,03 DM + 49.401,16 DM + 41.512,40 DM =) 213.935,80 DM Zinsen berechnet. Darauf waren bis 1984 geleistete Zahlungen in Höhe von insgesamt (1.895,61 DM + 28.800 DM + 92.326,63 DM + 198,26 DM =) 123.220,50 DM zu verrechnen. Es verblieb danach aus der Zeit bis Ende 1983 ein Zinsrückstand von (213.935,80 DM – 123.220,50 DM =) 90.715,30 DM, der 1988 verjährt war.

Auf dem Konto Nr. …1 standen in den Jahren bis Ende 1983 Zinsbelastungen von insgesamt (10.522,62 DM + 12.661,12 DM + 14.575,91 DM + 14.929,97 DM + 12.545,83 DM =) 65.235,45 DM Zahlungen von (1.178,88 DM + 22.004,86 DM + 14.575,91 DM =) 37.759,65 DM gegenüber, so daß sich ein verjährter Zinsrückstand von 27.475,80 DM ergab.

Auf dem Darlehenskonto Nr. …3 betrugen die Zinsbelastungen insgesamt (14.962,15 DM + 18.002,89 DM + 21.349,85 DM + 22.093,86 DM + 18.565,75 DM =) 94.974,50 DM, die Zahlungen darauf (1.213,81 DM + 14.040 DM + 12.727,69 DM + 30.300,60 DM =) 58.282,10 DM, der verjährte Zinsrückstand demnach (94.974,50 DM – 58.282,10 DM =) 36.692,40 DM.

Die Beklagte hat also insgesamt (90.715,30 DM + 27.475,80 DM + 36.692,40 DM =) 154.883,50 DM auf Zinsrückstände verrechnet, deren Zahlung die Kläger wegen Verjährung bereits verweigern durften.

Läßt man die verjährten Zinsbeträge in der Abrechnung des Berufungsgerichts für die Zeit ab 28. Februar 1988 unberücksichtigt und beschränkt man außerdem – gemäß den Ausführungen zu II. – die Zinsberechnung in dieser Zeit auf die jeweilige Kapitalschuld, so ergibt sich eine Überzahlung und damit ein Bereicherungsanspruch in der beantragten Höhe.

 

Unterschriften

Schimansky, Dr. Halstenberg, Dr. Schramm, Nobbe, Dr. van Gelder

 

Fundstellen

Haufe-Index 1825797

NJW 1993, 3318

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1993, 1703

ZBB 1994, 58

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