Rz. 1713

Durch den Urlaub soll der Arbeitnehmer wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden, als wenn er arbeiten würde. Der bisherige Lebenszuschnitt soll möglichst ohne Einschränkung auch während des Urlaubes beibehalten werden können (Lebensstandardprinzip; vgl. BAG v. 22.6.1956, AP Nr. 11 zu § 611 BGB Urlaubsrecht). Begrifflich zu unterscheiden ist das Urlaubsentgelt, also das Arbeitsentgelt während des Urlaubes (§ 11 BUrlG), vom zusätzlich aufgrund tarifvertraglicher, betrieblicher oder einzelvertraglicher Regelungen zu gewährenden Urlaubsgeld.

 

Rz. 1714

Die Berechnung des Urlaubsentgeltes bereitet in Fällen gleichbleibenden Gehaltes oder Lohnes keine Schwierigkeiten. Bei schwankendem Arbeitsverdienst bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten abgerechneten 13 Wochen vor dem Urlaub abzüglich der dort zusätzlich gewährten Überstundenvergütung, jedoch zuzüglich von Verdiensterhöhungen, die während des Urlaubes anfallen und nicht nur vorübergehender Natur sind. Verdienstkürzungen im Berechnungszeitraum infolge Kurzarbeit, Arbeitsausfällen und unverschuldeter Arbeitsversäumnis werden nicht berücksichtigt (sog. Bezugsmethode; § 11 BUrlG). Wird monatlich abgerechnet, gelten für den Berechnungszeitraum die letzten drei abgerechneten Monate.

 

Rz. 1715

Der Begriff des Arbeitsverdienstes wird in § 11 BUrlG nicht näher definiert, entspricht aber dem arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitsverdienstes und nicht dem sozialversicherungsrechtlichen oder steuerrechtlichen. Demgemäß gehört zum Arbeitsverdienst zunächst der Lohn bzw. das Gehalt entsprechend der arbeitsvertraglich vereinbarten Grundarbeitszeit zuzüglich gewährter Leistungsprämien und durchschnittlicher Provisionen (vgl. zur Berechnung bei Provisionen BAG v. 11.4.2000 – 9 AZR 266/99, NZA 2001, 153 und BAG v. 5.6.1985, AP Nr. 39 zu § 63 HGB; BAG v. 22.3.1962, AP Nr. 2 Art. 10 UrlG Bayern). Zum Arbeitsverdienst gehören Umsatzbeteiligungen wie Bedienungsprozente bei Kellnern oder Umsatzprovisionen bei Verkäufern, die zusätzlich zum Grundgehalt gewährt werden. Der Bezugszeitraum kann jedoch, um starke Schwankungen auszugleichen, wie bei Provisionen einzelvertraglich oder tarifvertraglich verlängert werden, etwa auf ein Jahr. Sachbezüge sind Arbeitsverdienst und während des Urlaubes weiter zu gewähren oder, falls dies nicht geschieht, bar abzugelten (§ 11 Abs. 1 S. 4 BUrlG). Die Abgeltung muss angemessen sein, also dem Wert entsprechen, den der Arbeitnehmer ansonsten aufwenden müsste; die jährlich aktualisierten SachBezVOen der Länder sind Richtschnur zur Berechnung. Zulagen sind Arbeitsverdienst, wenn sie nicht nur einen Aufwand des Arbeitnehmers ausgleichen sollen, der während des Urlaubes nicht anfällt. Einmalige Zulagen (Heirats- und Geburtsbeihilfen, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) werden nicht bei der Ermittlung des Arbeitsverdienstes berücksichtigt. Zum Arbeitsverdienst gehört auch die Überstundenvergütung mit Ausnahme des zusätzlich gezahlten Arbeitsverdienstes (§ 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG; vgl. dazu und zur Berechnung der Abgeltung für zusätzliche Betriebsratstätigkeit: BAG v. 8.11.2017 – 5 AZR 11/17). Durch Tarifverträge können abweichende Regelungen getroffen werden, wonach Mehrarbeitsvergütung bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes zugunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt wird (vgl. BAG v. 18.5.1999 – 9 AZR 515/98, NZA 2000, 155). Erbringt ein Arbeitnehmer während des Kalenderjahres fortlaufend regelmäßige Arbeitsleistungen, die über die arbeitsvertraglich oder tariflich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen, so bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen einschließlich der Überstundenvergütung, jedoch ausschließlich der Überstundenzuschläge (vgl. LAG Hamm v. 26.6.2001 – 11 Sa 1769/00, n.v.). Denn dann gehört die Mehrarbeit zur regelmäßigen Arbeitszeit. Ein Tarifvertrag, der für die Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden berücksichtigt und nicht auch die Stunden, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Mindestjahresurlaub in Anspruch nimmt, könnte gegen Unionsrecht verstoßen. Der 10. Senat des BAG ersucht den EuGH nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über diese Frage (vgl. BAG v. 17.6.2020 – 10 AZR 210/19A, NZA 2020, 1551).

Aufwendungsersatz ist kein Arbeitsverdienst i.S.v. § 11 BUrlG, sofern die Aufwendung, die ersetzt werden soll, nicht ausnahmsweise auch während des Urlaubes anfällt (Miete wegen doppelter Haushaltsführung). Auslösen sind nur ausnahmsweise Arbeitsverdienst, wenn sie regelmäßig gezahlt werden, selbst wenn der Arbeitnehmer keine besonderen Aufwendungen hat (zur Nahauslösung vgl. BAG v. 8.11.1962, AP Nr. 15 zu § 2 ArbKrankhG; BAG v. 2.10.1974, AP Nr. 5 zu § 2 LFZG; BAG v. 10.3.1988, AP Nr. 21 zu § 11 BUrlG; zur Fernauslösung BAG v. 15.6.1983, AP Nr. 12 zu § 2 LFZG). Prämien können bei der Bemessung der Urlaubsvergütung zu berücksichtigen sein (BAG v. 23.4.1996 – 9 AZR 856/94, NZA 1996, 1207).

 

Rz. 1716

Der Teilzeitarbeitsver...

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