Rz. 541

Entsprechend § 106 S. 1 GewO findet das Direktionsrecht seine Grenzen im Arbeitsvertrag, in einschlägigen Tarifverträgen, in Betriebsvereinbarungen sowie in Gesetzen. Hinzu treten Begrenzungen durch betriebliche Übung (BAG v. 22.5.1985 – 4 AZR 427/83, NZA 1986, 166), durch Konkretisierung (LAG Rheinland-Pfalz v. 5.7.1996 – 10 Sa 165/96, NZA 1997, 1113) sowie durch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates. Die Wechselwirkungen zwischen Arbeitsvertrag und Direktionsrecht sind vorstehend bereits dargestellt worden.

 

Rz. 542

Unwirksam sind Weisungen, die gegen kollektivrechtliche Vereinbarungen verstoßen (BAG v. 18.10.2012 – 6 AZR 86/11, juris; LAG Berlin v. 26.9.1996 – 10 Sa 55/96, NZA-RR 1997, 96 = DB 1997, 936). Tarifverträge können jedoch das Direktionsrecht des Arbeitgebers erweitern. Die Erweiterung des Direktionsrechtes ist statthaft, wenn die tarifliche Regelung nach Anlass und Umfang gerichtlich kontrollierbare Voraussetzungen aufstellt. Das BAG hat die Regelung eines Tarifvertrages, der eine vorübergehende Einweisung eines Arbeitnehmers in eine niedrigere Vergütungsgruppe gestattet, für den Fall als zulässig erachtet, wenn Arbeitsmangel oder ein an anderer Stelle dringend notwendiger Bedarf vorliegt, diese Gründe die Personalumsetzung erforderlich machen und die Maßnahme nur so lange aufrechterhalten bleibt, wie die Gründe für die Einweisung fortbestehen (BAG v. 23.9.2004 – 6 AZR 442/03, NZA 2005, 475 = DB 2005, 559).

 

Rz. 543

Unwirksam sind überdies Weisungen, die gegen Gesetze verstoßen (vgl. 38 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BRRG).

 

Rz. 544

Das Direktionsrecht kann eingeschränkt sein, wenn sich die Arbeitspflicht auf eine bestimmte Tätigkeit, einen bestimmten Ort, eine bestimmte Zeit konkretisiert hat, sodass diese Konkretisierung künftig den alleinigen Vertragsinhalt bildet. Eine solche Konkretisierung tritt aber noch nicht allein dadurch ein, dass ein Arbeitnehmer längere Zeit eine bestimmte Arbeit, zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort verrichtet hat (BAG v. 15.9.2009 – 9 AZR 757/08, juris – Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit; keine Konkretisierung der Arbeitszeit dadurch, dass der Arbeitgeber während der Dauer von 30 Jahren keine Sonn- und Feiertagsarbeit angeordnet hat; LAG Rheinland-Pfalz v. 5.7.1996 – 10 Sa 165/96, NZA 1997, 1113 = BB 1997, 474, wonach allein der 13-jährige Einsatz als Kundenberater zur Konkretisierung der geschuldeten Arbeitsleistung nicht ausreicht, wenn der Arbeitsvertrag die Tätigkeit mit "als Angestellter" umschreibt). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig keinen dahingehenden Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber vom Direktionsrecht keinen Gebrauch mehr machen will, da die Nichtausübung des Direktionsrechts keinen Erklärungswert hat (BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 1082/12, juris). Demzufolge hat das BAG in der vorstehenden Entscheidung entschieden, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn ein Luftverkehrsunternehmen eine Flugbegleiterin, deren Arbeitsvertrag keinen konkreten Arbeitsort aufweist, von Düsseldorf nach München versetzt. Neben dem Zeitablauf sind besondere Umstände erforderlich, aus denen der Arbeitnehmer schließen und darauf vertrauen kann, dass die Bedingungen, unter denen er längere Zeit seine Arbeitsleistung erbracht hat, auch in Zukunft für das Arbeitsverhältnis gültig sind und den alleinigen Inhalt des Arbeitsvertrages bilden (BAG v. 18.10.2012 – 6 AZR 86/11, juris; BAG v. 16.2.2012 – 8 AZR 98/11, juris). Hier kommen Erklärungen des Arbeitgebers, die Übertragung von Führungsaufgaben oder auch eine Beförderung in Betracht (Preis/Preis, Arbeitsvertrag, II D 30 Rn 21).

 

Rz. 545

Der Arbeitgeber hat bei der Ausübung des Direktionsrechtes die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu beachten. Hauptanwendungsgebiet sind die Vorschriften des § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG. Gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegen Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb der Mitbestimmung des Betriebsrates (BAG v. 23.8.2018 – 2 AZR 235/18, juris). So hat der Betriebsrat etwa bei der Einführung einer einheitlichen Arbeitskleidung mitzubestimmen (BAG v. 1.12.1992 – 1 AZR 260/92, NZA 1993, 711 = DB 1993, 990). Dies gilt auch für die Einführung eines Rauchverbotes (BAG v. 19.1.1999 – 1 AZR 499/98, NZA 1999, 546 = DB 1999, 962) sowie Alkoholverbotes (BAG v. 23.9.1986 – 1 AZR 83/85, NZA 1987, 250 = DB 1987, 337). Hinsichtlich der Arbeitszeiten im Betrieb wird das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch die sehr umfangreichen Mitbestimmungsrechte der § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG begrenzt. Hiernach bestehen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage sowie bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit.

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