Rz. 1727

Der Urlaub ist zum Zweck der Erholung des Arbeitnehmers zusammenhängend zu gewähren (§ 7 Abs. 2 BUrlG). Eine Stückelung des Urlaubes ist nur unter Beachtung des § 7 Abs. 2 S. 2 BUrlG bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zulässig (siehe auch Rdn 1709). Der Urlaub ist vom Arbeitgeber zu gewähren, wobei die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 BUrlG). Der Arbeitnehmer kann somit lediglich den Wunsch bzgl. der Festlegung des Urlaubes äußern; eigenmächtig darf er seinen Urlaub nicht antreten, will er nicht riskieren, dass der Arbeitgeber deshalb das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigt. Die Wünsche des Arbeitnehmers sind grds. zu berücksichtigen, es sei denn, der Arbeitgeber legt im Prozess dar und beweist, dass dies aus den in § 7 Abs. 1 BUrlG genannten Gründen nicht möglich ist. Hat der Arbeitgeber entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers zu Beginn des Urlaubsjahres den Urlaub festgelegt, so erlischt dieser Anspruch nicht, wenn der Arbeitnehmer wegen eines Beschäftigungsverbotes (§§ 4, 17 MuSchG) während des genehmigten Urlaubes nicht beschäftigt werden darf (BAG v. 9.8.2016 – 9 AZR 575/15, NJW 2016, 3740).Demgegenüber ist der Urlaub gem. § 7 Abs. 1 S. 2 BUrlG – unabhängig von der Abwägung – zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer diesen im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt. Die Norm soll ausweislich der Gesetzesbegründung den Arbeitnehmern im Anschluss an eine entsprechende Maßnahme gleichwohl noch für einen gewissen Zeitraum die Möglichkeit zur Erholung einräumen, bevor sie wieder arbeiten. Die Sonderregelung bezieht sich hierbei dem Wortlaut und der systematischen Stellung nach nur auf die Frage des "Ob" und den Zeitpunkt der Urlaubsgewährung, nicht aber auf den Umfang, der in § 7 Abs. 2 BurlG eigenständig normiert wird.

 

Rz. 1728

Dringende betriebliche Gründe, die der Urlaubsnahme entgegenstehen können, liegen etwa vor, wenn für den Fall der Urlaubsgewährung der Betriebsablauf erheblich beeinträchtigt wäre. Dabei spielt die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb eine wesentliche Rolle; ist er etwa in leitender Funktion tätig, so werden eher dringende betriebliche Belange entgegenstehen als bei Hilfsarbeitern. Der Arbeitgeber ist grds. nicht gehindert, den Urlaub abweichend von den Wünschen der Arbeitnehmer zur Vermeidung von Kurzarbeit in eine Zeit zu legen, in der der Betrieb wegen Betriebsstörungen stillgelegt werden muss, sofern er den Grundsatz der Billigkeit (§ 315 BGB) beachtet (vgl. Neumann/Fenski/Kühn/Neumann, BUrlG, § 7 Rn 14). Gleiches gilt für Saisonbetriebe, die lediglich an einigen Monaten des Jahres geöffnet haben (dazu LAG Köln v. 17.3.1995, NZA 1995, 1200) oder Schulen, wo auch der Zusatzurlaub schwerbehinderter Menschen i.S.d. § 208 SGB IX während der Schulferien zu nehmen ist (BAG v. 13.2.1996 – 9 AZR 79/95, NZA 1996, 1103). Die Einführung von Betriebsurlaub ist gem. § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG mitbestimmungspflichtig (BAG v. 2.10.1974, AP Nr. 2 zu § 7 BUrlG Betriebsferien). Besteht kein Betriebsrat, so kann der Arbeitgeber einseitig Betriebsurlaub einführen, wenn die betrieblichen Interessen dies in Abwägung der Interessen der Arbeitnehmer gebieten. Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Betriebsurlaubes noch keinen vollen Urlaubsanspruch haben, können dennoch den vollen Urlaub erhalten; will der Arbeitgeber dies vermeiden, muss er den Arbeitnehmer beschäftigen, da er anderenfalls gem. § 615 BGB wegen Annahmeverzuges zu vergüten hätte. Letzteres gilt auch, wenn der Betriebsurlaub zu einem Zeitpunkt festgelegt wird, an dem der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaubsanspruch schon verbraucht hat. Arbeitsunfähigen Arbeitnehmern ist der Urlaub nachzugewähren. Will ein Arbeitnehmer aus anzuerkennenden Gründen während der Zeit des Betriebsurlaubes keinen Urlaub nehmen, wohl aber zu einem anderen Zeitpunkt, so ist der Urlaub später zu gewähren; der Arbeitnehmer hat während des Betriebsurlaubes aber keinen Anspruch auf Entgelt.

 

Rz. 1729

Dem Urlaubswunsch entgegenstehende vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer sind nach sozialen Gesichtspunkten zu bestimmen. Von Bedeutung sind das Vorhandensein schulpflichtiger Kinder bei Urlaubswünschen für die Schulferien, das Alter des Arbeitnehmers sowie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Urlaub des Arbeitnehmers bei einem anderen Arbeitgeber im Rahmen eines Doppelarbeitsverhältnisses, der Urlaubszeitraum des Ehegatten (ArbG Berlin v. 13.6.1988, DB 1988, 2316; LAG Berlin v. 20.5.1985, LAGE § 7 BUrlG Nr. 9). Die Abwägung darf aber nicht dazu führen, dass bestimmte Arbeitnehmer immer auf schlechtere Urlaubszeiten verwiesen werden, weshalb der Urlaubsgewährung in den vergangenen Jahren Bedeutung für den aktuellen Urlaubswunsch zukommen kann. Freistellungswünsche einzelner Arbeitnehmer aus besonderem Anlass (Heirat, Niederkunft ...

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