Rz. 1

Die Abmahnung hat als eigenes durch Richterrecht begründetes und entwickeltes Rechtsinstitut im Vorfeld einer Kündigung Bedeutung erlangt. Neben der kündigungsrechtlichen Funktion hat sich die Abmahnung allgemein zu einem Instrument der Personalführung entwickelt, um aufgetretene Störungen zu beseitigen und eine geklärte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen. Die Abmahnung dokumentiert als Bestandteil der Personalakte Leistungs- und Führungsverhalten und kann daher das berufliche Fortkommen der Arbeitnehmer nachhaltig beeinflussen.

 

Rz. 2

Eine Abmahnung liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise Leistungsmängel beanstandet und damit den Hinweis verbindet, dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei (BAG v. 27.11.2008 – 2 AZR 675/07, NZA 2009, 842 = ArbRB 2009, 163; BAG v. 17.2.1994 – 2 AZR 616/93, NZA 1994, 656 = BB 1994, 1148). Bei dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber in der vorangegangenen Abmahnung für den Wiederholungsfall nicht ausdrücklich (auch) eine außerordentliche Kündigung androhen (BAG v. 27.9.2012 – 2 AZR 955/11, juris).

 

Rz. 3

Demgemäß unterscheidet man zwei Funktionen der Abmahnung:

die Rügefunktion der Abmahnung, nämlich die Beanstandung eines konkret pflichtwidrigen Verhaltens. Der Arbeitgeber macht deutlich, dass er ein bestimmtes Verhalten nicht als vertragsgemäß hinnimmt, sondern als Verletzung des Arbeitsvertrages ansieht;
die Warnfunktion der Abmahnung, der Arbeitgeber droht für den Wiederholungsfall Konsequenzen an, d.h. dem Arbeitnehmer wird vor Augen geführt, dass er bei erneuter Pflichtwidrigkeit mit Maßnahmen rechnen muss, die abgestuft nach der Schwere und der Bedeutung der Pflichtverletzung
eine Versetzung,
eine Änderung des Arbeitsvertrages (z.B. Rückstufung vom Substituten zum Verkäufer oder von der Meisterfunktion zum Vorarbeiter oder allgemein den Entzug von Führungsaufgaben),
einen Widerruf einer Leistungszulage oder Kürzung von freiwilligen Vergütungsbestandteilen oder

eine fristgemäße oder fristlose Kündigung

zur Folge haben können.

 

Rz. 4

Mit diesen beiden eng verbundenen Elementen – Rüge und Warnung – unterscheidet sich die Abmahnung von bloßen Rügen oder Beanstandungen in Form einer Ermahnung, Mahnung, Verwarnung oder einer anders ausgedrückten bloßen Missbilligung des Arbeitgebers ggü. seinen Beschäftigten. Hierbei handelt es sich um bloße Vorstufen der Abmahnung. Da diese Beanstandungen keine Kündigungsandrohung enthalten, sind sie kündigungsrechtlich ohne Relevanz.

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