[Autor] Pearson

a) Bedeutung und Rechtsgrundlagen des Arbeitnehmererfinderrechts

 

Rz. 649

Das 1957 in Kraft getretene Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG) dient dem interessengerechten Ausgleich zwischen dem arbeitsrechtlichen Grundsatz der Zuordnung des Arbeitsergebnisses zum Arbeitgeber und dem in Patent- und Gebrauchsmusterrecht geltenden Erfinderprinzip, nach dem die Erfindung dem Erfinder in Anerkennung seiner schöpferischen Leistung zusteht (§§ 6 PatG, 13 Abs. 3 GebrMG).

 

Rz. 650

Das ArbnErfG versucht diesen Ausgleich dadurch zu erreichen, dass die Erfindung zwar grds. dem Arbeitnehmererfinder zusteht, der Arbeitgeber aber die Möglichkeit hat, die Diensterfindung durch Inanspruchnahme auf sich überzuleiten. Im Gegenzug für diese Überleitung der Erfindung steht dem Arbeitnehmererfinder ein Anspruch auf eine angemessene Vergütung zu.

 

Rz. 651

Die Rechtsgrundlagen des Arbeitnehmererfinderrechtes finden sich in einer Vielzahl von Einzelgesetzen und Verordnungen:

Gesetz über Arbeitnehmererfindungen v. 25.7.1957 (BGBl I, 756);
1. und 2. DVO des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen v. 1.10.1957 (BGBl I, 1680);
Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst v. 20.7.1959 (BAnz. 1959, Nr. 156 v. 18.8.1959);
Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im öffentlichen Dienst v. 1.12.1960 (BAnz. 1960 Nr. 237 v. 8.12.1960);
GebrMG v. 28.8.1986 (BGBl I, 1455);
PatG v. 5.5.1961 (i.d.F. v. 16.12.1980, BGBl I, 1);
Gesetz über den Schutz von Topografien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (HalbschG) v. 22.10.1987 (BGBl I, S. 2304);
Gesetz über die Erstreckung von gewerblichen Schutzrechten (ErstrG) v. 23.4.1992 (BGBl I, 938).

b) Geltungsbereich des Gesetzes

aa) Persönlicher Geltungsbereich

 

Rz. 652

Dem persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes (§ 1 ArbnErfG) unterfallen sämtliche Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst sowie Beamte, Soldaten (§ 41 ArbnErfG), Hochschulbedienstete (§ 42 ArbnErfG) und Zivildienstleistende (arg. § 78 Abs. 2 ZDG).

 

Rz. 653

Dem ArbnErfG wird der allgemein im Arbeitsrecht geltende Arbeitnehmerbegriff zugrunde gelegt. Unter den persönlichen Geltungsbereich des ArbnErfG fallen somit insb. folgende Personengruppen:

Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer;
arbeitnehmerähnliche Personen (umstritten, vgl. hierzu Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindungen, Rn 55);
Auszubildende, Umschüler, Praktikanten, Volontäre und Werkstudenten;
Leiharbeitnehmer (§ 11 Abs. 7 AÜG);
leitende Angestellte;
Asylbewerber, ABM-Beschäftigte (i.S.d. §§ 260 ff. SGB III), Hilfesuchende nach BSHG.
 

Rz. 654

Hingegen werden vom ArbnErfG mangels gegenteiliger Einzelvereinbarung nicht erfasst:

freie Mitarbeiter;
Rentner und Vorruheständler;
Heimarbeiter;
Handelsvertreter;
Entwicklungshelfer;
Organmitglieder, d.h. gesetzliche Vertreter juristischer Personen (z.B. AG-Vorstandsmitglieder, GmbH-Geschäftsführer).
 

Rz. 655

Für die genannten, vom persönlichen Geltungsbereich des ArbnErfG nicht erfassten Personengruppen kann das Gesetz nicht analog angewendet werden, wohl aber die Vergütungsregelung des § 612 Abs. 2 BGB (BGH v. 24.10.1989 – X ZR 58/88, DB 1990, 676 – Kinder-Autositz). Der Vergütungsanspruch hängt vom Inhalt der mit dem Arbeitgeber geschlossenen Vereinbarung ab (BGH v. 26.9.2006 – X ZR 181/03, Mitt. 2007, 42 – Rollenantriebseinheit II). Aus dem Dienstvertrag kann sich bspw. ergeben, dass keine Übertragungspflicht besteht oder dass die Übertragung zwar geschuldet ist, aber keine Pflicht zur Vergütung besteht (BGH v. 26.9.2006 – X ZR 181/03, Mitt. 2007, 42 – Rollenantriebseinheit II). Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist regelmäßig verpflichtet, der Gesellschaft eine Erfindung unentgeltlich anzubieten und zu überlassen, wenn ihm nach dem Anstellungsvertrag Forschungs- und Entwicklungsaufgaben zugewiesen sind (OLG Düsseldorf v. 28.2.2014 – I-2 U 39/12).

 

Rz. 656

Mit Ausnahme der verfahrensrechtlichen Bestimmungen der §§ 2839 ArbnErfG und der insolvenzrechtlichen Regelung des § 27 ArbnErfG können die übrigen, materiellrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes vertraglich vereinbart werden. Die Vereinbarung einer Zuständigkeit der Schiedsstelle ist ausgeschlossen.

bb) Sachlicher Geltungsbereich

 

Rz. 657

Vom Anwendungsbereich des Gesetzes werden nur technische Neuerungen von Arbeitnehmern erfasst, die entweder patent- oder gebrauchsmusterfähig sind (§ 2 ArbnErfG) oder jedenfalls einen technischen Verbesserungsvorschlag ohne entsprechenden Schutzrechtscharakter beinhalten (§ 3 ArbnErfG).

 

Rz. 658

Übersicht: Abgrenzung Arbeitnehmererfinderrecht – Betriebliches Vorschlagswesen und Vergütung

 

Rz. 659

Nach § 1 PatG werden Patente für Erfindungen erteilt, die neu sind (§ 3 PatG), auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (§ 4 PatG) und gewerblich anwendbar sind, so dass der mit durchschnittlichem Wissen ausgestattete Fachmann danach handeln kann.

 

Rz. 660

Diese Grundsätze gelten auch für Gebrauchsmuster, und zwar auch hinsichtlich der Erfindungshöhe, für deren Beurteilung nach der Rspr. des BGH auf die im Patentrecht entwickelten Grundsätze zurückzugreifen ist (BGH v. 20.6.20...

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