Rz. 15

Der Kläger bestimmt durch die konkrete Fassung des Klageantrages oder der Klageanträge den Streitgegenstand des Kündigungsschutzprozesses. Zusätzlich zu der Kündigungsfeststellungsklage, die den punktuellen Streitgegenstand bildet, kann er eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO erheben. Für diese Feststellungsklage besteht das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse dann, wenn nicht nur eine Kündigung angegriffen werden soll, sondern davon auszugehen oder zumindest nicht auszuschließen ist, dass der Arbeitgeber andere Auflösungstatbestände in den Prozess einführt. Dies hat der Kläger in der Klagebegründung auszuführen. Eine Klagerweiterung mit dem Feststellungsantrag, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ungekündigt (oder unverändert) fortbesteht, bestimmt den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zum Streitgegenstand.[14]

 

Rz. 16

Hat der Arbeitnehmer nur eine den punktuellen Streitgegenstand auslösende Feststellungsklage erhoben, muss er bei erneuter Kündigung, auch im Falle einer vorsorglichen Kündigung, erneut unter Einhaltung der dreiwöchigen Klagefrist den eingeschränkten Feststellungsantrag entweder durch eine neue Klage oder durch eine Klagerweiterung erheben, um die Fiktionswirkung des § 7 KSchG zu vermeiden. Ist hingegen schon die Feststellungsklage nach § 256 ZPO mit dem erweiterten Streitgegenstand (= Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung) bereits erhoben, so ist die Erhebung einer neuen Kündigungsschutzklage oder eine Klagerweiterung nicht nötig. Das ist Folge des umfassenden Streitgegenstandes der Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Den erweiterten Feststellungsantrag nennt man Schleppnetzantrag. Die darauf basierende Schleppnetztheorie besagt, dass auch noch nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist Kündigungen in den Prozess eingeführt und deren Unwirksamkeit reklamiert werden können, ebenso wie andere Beendigungstatbestände in Abrede gestellt werden können. Nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats ist der Arbeitnehmer aber nach Kenntnis von einer weiteren Kündigung gehalten, diese nunmehr eigens in den Prozess einzuführen und unter entsprechender Einschränkung des allgemeinen Feststellungantrags i.S.v. § 264 Nr. 2 ZPO einen dem Wortlaut des § 4 KSchG angepassten Antrag zu stellen. Dabei ist es zur Wahrung der Frist des § 4 KSchG ausreichend, wenn sich der Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit der weiteren Kündigung noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz beruft und einen auf die bezogenen, dem Wortlaut des § 4 S. 1 KSchG angepassten Antrag stellt.[15]

 

Rz. 17

 

Praxishinweis

Es wird deshalb dringend angeraten, in jedem Fall mit der sog. punktuellen Kündigungsschutzklage im Wege der Klagerweiterung den Schleppnetzantrag zu verbinden. Führt der Arbeitgeber keinen weiteren Beendigungstatbestand in den Prozess ein, ist allerdings der Schleppnetzantrag als unzulässig abzuweisen. Da dem neben einem Kündigungsschutzantrag gestellten allgemeinen Feststellungsantrag kein eigener Streitwert zukommen soll,[16] dürften durch diesen auch keine zusätzlichen Kosten entstehen.

 

Praxishinweis

Wird der allgemeine Feststellungsantrag im Kammertermin vor erstmaliger Antragstellung zurückgenommen, fällt bei einem späteren Vergleichsabschluss auch dann keine Verfahrensgebühr (Gerichtsgebühr) nach dem GKG an, wenn der Vergleich erst nach Antragstellung geschlossen wurde.[17]

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