Rz. 72

Nach acht Monaten erhält der Testamentsvollstrecker Nachricht davon, dass Graf Koks Eigentümer einer Ranch in Florida war. Im Zuge der weiteren Nachforschungen stellt sich heraus, dass der Erblasser diese Ranch vor etwa fünf Jahren von einem entfernten Onkel geerbt hatte. Seinen Generationenberater hat er hierüber (natürlich) nicht informiert.

 

Rz. 73

Auch bei dieser Sachverhaltskonstellation handelt es sich um einen typischen Fall: Der Erblasser hat überhaupt nicht realisiert, dass die Zugehörigkeit von Auslandsvermögen die Abwicklung seines Nachlasses ganz entscheidend beeinflussen kann.

Besonders kompliziert wird es dadurch, dass die Immobilie nicht im Anwendungsbereich der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) belegen ist. Für Erbfälle bis zum Inkrafttreten der Erbrechtsverordnung, also bis zum 16.8.2015, haben deutsche Gerichte das Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers angewendet. Allerdings sollte im Hinblick auf die Immobilie eines Deutschen in Florida das Erbrecht von Florida anzuwenden sein.[42] Damit unterlag das Grundstück in Florida weder den deutschen Erbrechtsregeln noch der Testamentsvollstreckung.[43]

Für Erbfälle ab dem 17.8.2015 ist die EuErbVO anzuwenden. Nach Art. 21 EuErbVO kommt es danach im Grundsatz auf das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers an. Allerdings kann es unter Umständen zu einer Rückverweisung kommen.

 

Praxishinweis

Eine Ausnahme für Immobilien in Florida ist in der EuErbVO nicht mehr vorgesehen. Dies führt dazu, dass deutsche Gerichte und Gerichte in Florida im Hinblick auf Immobilien in Florida unter Umständen unterschiedliches Recht anwenden. Es empfiehlt sich daher unbedingt, im Rahmen der Nachfolgeplanung über eine Rechtswahl nachzudenken, um so die Nachlassabwicklung einfacher zu gestalten.

 

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Handlungsempfehlung für den geschäftsmäßigen Testamentsvollstrecker

Das Vorhandensein von ausländischem Grundbesitz ist schon aufgrund des komplizierten Zusammenspiels von inländischem und ausländischem Erbrecht für den Testamentsvollstrecker in höchstem Maße haftungsträchtig. Hinzu kommen regelmäßig schwierige Fragen des Steuerrechts. Die Hinzuziehung eines Fachanwaltes ist bei derartigen Fragestellungen deshalb stets angezeigt.

[43] So ausdrücklich BayObLG, Beschl. v. 26.11.2004 – 1 Z BR 74/04, dem die Sachverhaltskonstellation entnommen ist.

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