Rz. 171

Den Nachlassgläubigern gegenüber besteht nach § 1980 Abs. 1 S. 1 BGB eine unverzügliche Insolvenzantragspflicht, wenn der Erbe Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung erlangt. Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung steht die auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis gleich, § 1980 Abs. 2 S. 1 BGB. Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Erbe das Aufgebot der Nachlassgläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund hat, das Vorhandensein unbekannter Nachlassverbindlichkeiten anzunehmen. Mehrere Erben haften als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB). Der Erbe ist Schuldner des Nachlassinsolvenzverfahrens.[181] Im Rahmen der Schadensersatzpflicht aus § 1980 Abs. 1 S. 2 BGB ist dem Erben die schuldhaft verspätete Stellung des Insolvenzantrags durch den Nachlasspfleger nicht gem. §§ 166 Abs. 1, 278 BGB zuzurechnen.[182]

Bei der Ermittlung der Überschuldung sind neben den Masseverbindlichkeiten nach § 334 InsO alle in §§ 325 ff. InsO genannten Verbindlichkeiten, also auch Vermächtnisse, Auflagen und Pflichtteilsansprüche, zu berücksichtigen.

Hat der Erbe vor der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens aus dem Nachlass Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt, so sind diese Rechtshandlungen in gleicher Weise insolvenzrechtlich anfechtbar wie eine unentgeltliche Leistung des Erben (§ 322 InsO), da die Begünstigten zu den nachrangigen Insolvenzgläubigern gehören (§ 327 InsO) und nicht besser gestellt werden sollen als der Erbe selbst, § 327 InsO.

[181] BGH NJW-RR 2005, 241. Vgl. auch zum Nichtbestreiten einer Insolvenzforderung von Seiten des Erben, über die ein Rechtsstreit gegen den Erblasser geführt wurde, BGH ZEV 2005, 112.
[182] BGHZ 161, 281.

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