Rz. 251

Mit der Reform zum Vormundschafts- und Betreuungsrecht trat zum 1.1.2023 der § 1358 BGB n.F. in Kraft, welcher das Ehegattenvertretungsrecht normiert. § 1358 BGB soll bei bestehender Unfähigkeit des zu vertretenen Ehegatten, seine Angelegenheiten aufgrund von Krankheit oder Bewusstlosigkeit zu besorgen, dem vertretenden Ehegatten die Möglichkeit geben, diesen für eine beschränkte Zeit bei Vorliegen der Voraussetzungen wirksam bei Maßnahmen, die nicht aufgeschoben werden können,[334] zu vertreten. Dies ist weder ein umfassendes Vertretungsrecht, da es lediglich die Gesundheitsfürsorge und diesbezügliche Maßnahmen betrifft, noch ein reines Notvertretungsrecht.[335] In Situationen, gerade auch am Lebensende, kann zwar das Durchlaufen eines formalen Betreuungsverfahrens hierdurch vermeiden werden. Im Ergebnis kann es jedoch keine Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung ersetzen. Diese sind zu errichten.

 

Rz. 252

Das Ehegattenvertretungsrecht ist eine vollmachtlose Vertretungsmöglichkeit, welche die Einrichtung einer Betreuung entbehrlich macht. Dadurch sollen unter anderem auch Kosten für die Gerichte eingespart werden.[336]

Sollte der vertretende Ehegatte selbst geschäftsunfähig werden, spricht dies für den Wegfall des Vertretungsrechts als allgemeiner Ausschlussgrund,[337] was folglich zu der Notwendigkeit einer Betreuung führt.

 

Rz. 253

Andere europäische Länder kennen ein Ehegattenvertretungsrecht nicht. In Österreich besteht die Möglichkeit der Einrichtung eines Erwachsenenvertretungsrecht durch einen oder mehrere Angehörige gem. §§ 268–270 ABGB. Dieses ist auf drei Jahre befristet, kann jedoch erneuert werden.[338] In der Schweiz kann gem. Art. 374 ff. ZGB eine beschränkte gesetzliche Angehörigenvertretung eingeräumt werden. In Norwegen ist eine Vertretung für Ehegatten und nahe Verwandte ebenfalls möglich, wenn eine Person aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist seine Angelegenheiten zu erledigen.[339]

[334] Grüneberg/Siede, § 1358 Rn 5; Kraemer, BtPrax 2021, 208, 209; BReg. BT-Drucks Nr. 19/24445, 179 f.; Dutta, FamRZ 2020, 1881, 1882 (nicht unaufschiebbar betreffend § 1358 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
[335] Kraemer, BtPrax 2021, 208, 209.
[336] Kraemer, BtPrax 2021, 208; Spickhoff, FamRZ 2022, 1897.
[337] Kurze, Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht, § 10 Rn 32; BReg, BT-Drucks 19/24445, 183.
[338] Lagger-Zach, BtBrax 2022, 93, 95, mit kurzer Erläuterung zum österreichischen Angehörigenvertretung.
[339] BReg, BT-Drucks 19/24445, 116 ff.; Spickhoff, FamRZ 2022, 1897, 1898.

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