Rz. 1003

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 694 ff.

 

Rz. 1004

Sind Drittleistungsträger, insbesondere SVT, anlässlich eines Schadenfalles eintrittspflichtig, kann die Regulierung mit dem Direktgeschädigten regelmäßig erst dann erfolgen, wenn die Leistungen der Dritten feststehen oder jedenfalls ausreichend überschaubar sind. Bei einem Abfindungsvergleich auch für die Zukunft müssen diese Drittleistungen teilweise im Wege der Schätzung Berücksichtigung finden.

 

Rz. 1005

Der Geschädigte kann zwar auf seine Ansprüche gegenüber dem SVT verzichten (§ 46 SGB I). Der Verzicht ist allerdings für die Zukunft widerruflich (§ 46 Abs. 1 SGB I).

 

Rz. 1006

Der Anspruch des Versicherten auf Geldleistungen gegenüber einem SVT kann abgetreten werden, allerdings nur mit Genehmigung des zuständigen Sozialversicherungsträgers (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I).[870] Zur Erfüllung oder Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen oder auf Erstattung von Aufwendungen können – unter Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes[871] – solche Ansprüche auf Geldleistungen abgetreten und verpfändet werden (§ 53 Abs. 2 SGB I), die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung erbracht wurden. Soweit ein Anspruch des Versicherten auf Geldleistungen gegenüber einem SVT abgetreten werden kann, bedarf die Abtretung dann aber der Genehmigung des zuständigen SVT (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I).[872]

 

Rz. 1007

Sind mehrere Drittleistungsträger eintrittspflichtig und schließt der Ersatzpflichtige mit einem dieser Drittleistenden einen Abfindungsvergleich über den ihm im Innenverhältnis der Gesamtgläubiger zueinander zustehenden Anteil, hat der darin liegende Erlassvertrag auch Wirkung gegenüber den weiteren Gesamtgläubigern.[873] Der konkurrierende weitere Gesamtgläubiger kann dann nur noch dasjenige verlangen, was ihm im Innenverhältnis zum anderen (bereits abgefundenen) Drittleistungsträger noch zusteht.

 

Rz. 1008

Der nach § 12 StVG geschuldete Haftungshöchstbetrag kann durch Abschluss eines Abfindungsvergleiches auch über eine geringere Summe mit Erlass der Restschuld (z.B. durch Kapitalisierung) erbracht werden (siehe § 1 Rdn 82).[874]

[870] Siehe auch BGH v. 13.5.1997 – IX ZR 246/96 – NJW 1997, 2823 (Zur Zulässigkeit der Abtretung mehrerer pfändungsfreier Anspruchsteile auf laufende Geldleistungen).
[871] BSG v. 19.3.1992 – 7 RAr 26/91 – BSGE 70, 186 (Erst zukünftig entstehende Ansprüche eines Arbeitslosen gegen das Arbeitsamt sind nach § 53 SGB I nur dann wirksam abgetreten, wenn sie nach ihrer konkreten Bezeichnung ausreichend bestimmt sind. Eine Erklärung, wonach "hiermit meine Ansprüche gegenüber dem Arbeitsamt ... in Höhe der mir zu gewährenden Leistungen nach dem AFG" abgetreten werden, genügt diesen Anforderungen nicht.).
[872] Siehe auch BGH v. 13.5.1997 – IX ZR 246/96 – NJW 1997, 2823 (Zur Zulässigkeit der Abtretung mehrerer pfändungsfreier Anspruchsteile auf laufende Geldleistungen).
[873] BGH v. 4.3.1986 – VI ZR 234/84 – BG 1986, 756 = DAR 1986, 267 (nur Ls.) = MDR 1986, 746 = NJW 1986, 1861 = NJW-RR 1986, 902 = r+s 1986, 182 = VersR 1986, 810 = zfs 1986, 267 (nur Ls.).
[874] BGH v. 24.9.1996 – VI ZR 315/95 – DAR 1997, 24 = MDR 1997, 37 = NJW 1996, 3418 = NZV 1997, 36 = r+s 1996, 488 = SP 1996, 410 = VersR 1996, 1548.

1. Forderungsübergang im Unfallzeitpunkt

 

Rz. 1009

Erwirbt der Zessionar die Forderung im Unfallzeitpunkt (z.B. § 116 SGB X, § 87a BBG), erfasst der Abfindungsvergleich zwischen Geschädigtem und Ersatzverpflichteten diese Drittansprüche nicht.

 

Rz. 1010

Zur Systemänderung siehe Rdn 1125 ff.

a) Allgemeines

 

Rz. 1011

Leistungen an den Verletzten haben nur dann befreiende Wirkung für den Ersatzverpflichteten, wenn er den Forderungsübergang nicht kannte. Die Bösgläubigkeit des Ersatzverpflichteten (§ 407 BGB) hat der Drittleistungsträger (z.B. SVT) zu beweisen.

 

Rz. 1012

Die Anforderungen an die Kenntnis vom Gläubigerwechsel sind in der Praxis allerdings gering. Für den Verlust des guten Glaubens genügt schon die Kenntnis der tatsächlichen Voraussetzungen, aus denen sich die Sozialversicherungspflicht des Verletzten ergibt (z.B. Wissen, dass Verletzter Arbeitnehmer o.ä. war) bzw. das Wissen um tatsächliche Umstände, von denen allgemein bekannt ist, dass sie eine Sozialversicherungspflicht begründen.[875]

 

Rz. 1013

In der Praxis ist eine gutgläubige Falschleistung eher die Ausnahme (z.B. bei Unkenntnis freiwilliger Versicherung).[876] Inwieweit mit der Unterbringung in einer beschützenden Werkstatt (und der daran anknüpfenden Sozialversicherungspflicht und daraus resultierenden Leistungsansprüchen) zu rechnen ist, ist im Einzelfall abzuwägen;[877] gleiches gilt für Rentenversicherungszeiten aus späteren Geburten (Kindererziehungszeiten).

[875] BGH v. 12.12.1995 – VI ZR 271/94 – BGHZ 131, 274 = NJW 1996, 726 = NZV 1996, 110 = r+s 1996, 102 = SP 1996, 79 = VersR 1996, 349 = WI 1996, 34 = zfs 1996, 90; BGH v. 17.4.1990 – VI ZR 276/89 – MDR 1990, 811 = NJW 1990, 2933 = VersR 1990, 1028 = zfs 1990, 342 (nur Ls.); BGH v. 4.10.1983 – VI ZR 44/82 – BG 1985, 594 = MDR 1984, 216 = NJW 1984, 6...

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