aa) Nachfolge

 

Rz. 76

An die Stelle der ursprünglich jeweils anspruchsberechtigten Person können

ganz

(z.B. Gesamtrechtsnachfolge des Erben)

oder teilweise

(aufgrund jeweils gewillkürter Rechtsabgabe [Abtretungsvertrag] oder Legalzession)

Rechtsnachfolger treten.

bb) Uneinheitliches Zessionssystem

 

Rz. 77

Das Zessionssystem ist nicht einheitlich gestaltet, sondern mit vielen Besonderheiten (u.a. in Abhängigkeit vom Schadenzeitpunkt, dem Zeitpunkt des Forderungsüberganges, der Person des Anspruchsberechtigten, aber auch der Person des Schädigers und der Haftung) versehen:[43]

 

Rz. 78

Der Forderungsübergang erfolgt zu verschiedenen Zeitpunkten in unterschiedlicher Art und Weise und nicht in gleichmäßigen Umfang, ferner teilweise verbunden mit ungleicher Bevorzugung des unmittelbar Geschädigten oder anderer Drittleistungsträger.

 

Rz. 79

Zum Teil wechselt die Forderung automatisch. Manchmal sind auch Aktivitäten des unmittelbar Verletzten (Abtretung) oder Drittleistungsträgers (wie Zahlung von Lohn) gefragt.

[43] Ausführlich Jahnke/Burmann-Jahnke, Handbuch des Personenschadensrechts, 1. Aufl. 2016, Kap. 5 Rn 2997 ff. m.w.H.

cc) Überleitung

 

Rz. 80

Rechtsnachfolger leiten ihre Rechte ausschließlich von der jeweils ursprünglich anspruchsberechtigten Person (Verletzter, Hinterbliebener, Erbe, aber auch einem gleichgelagerten Rechtsvorgänger [z.B. bei Zuständigkeitswechsel in der gesetzlichen Renten- oder Unfallversicherung]) ab. Somit gelten für den Rechtsnachfolger auch die Darlegungs- und Beweisregeln des unmittelbar Betroffenen, von dem die Dritten jeweils ihre Rechte ableiten.[44] Zur 2-Schritt-Methodik siehe Rdn 63 ff.

 

Rz. 81

Die Einbeziehung von Drittleistungen erfolgt nicht im Wege des Vorteilsausgleiches. Wegen der Forderungsübergänge auf die Drittleistungsträger entfällt vielmehr bereits die Aktivlegitimation des unmittelbar anspruchsberechtigten Geschädigten.[45] Für die Höhe des Vorteilsausgleiches (siehe Rdn 276 f.) ist grundsätzlich der Schadenersatzpflichtige darlegungs- und beweisbelastet, für das Bestehen einer behaupteten Rechtsinhaberschaft (Forderungsberechtigung, Aktivlegitimation) der Anspruchsteller (unmittelbar verletzte Person, Rechtsnachfolger).

[44] LG Bremen v. 23.4.2009 – 7 S 196/07 – jurisPR-VerkR 5/2010, Anm. 4 (Anm. Jahnke) = SP 2009, 363. Siehe ergänzend LG Gera v. 19.7.2011 – 2 O 930/10 – jurisPR-VerkR 23/2011 Anm. 5 [Anm. Jahnke] = r+s 2011, 492 = UV-Recht Aktuell 2012, 119.
[45] BGH v. 1.12.2009 – VI ZR 221/08 – DAR 2010, 197 = FamRZ 2010, 896 = jurisPR-VerkR 11/2010 Anm. 1 (Anm. Jahnke) = MDR 2010, 381 = NJW-RR 2010, 839 = NJW-Spezial 2010, 169 = NZV 2010, 293 = r+s 2010, 167 = SP 2010, 144 = VersR 2010, 642 = VRS 118, 340 = zfs 2010, 315 m.w.N.

dd) Bevorrechtigte Forderungsberechtigung

 

Rz. 82

Steht nur eine begrenzte, zur Befriedigung aller Schadenersatz Fordernden nicht ausreichende Geldmenge (Schadenersatzleistung) zur Verfügung, kommt es nicht immer zu einer gleichmäßig reduzierten Befriedigung aller Fordernden. Vielmehr gilt, dass derjenige, der auf einer höheren Stufe als Anspruchsberechtigter steht, ein besseres und damit weitergehendes Forderungsrecht hat als ein nachrangiger Ersatzgläubiger. Der bessergestellte Höherrangige kann – soweit noch vorhanden – bevorrechtigt und vollständig auf diejenige Restforderung zugreifen, die ein etwaig noch vor ihm auf einer höheren Stufe Stehender seinerseits übrig gelassen hat.[46]

 

Rz. 83

Die nachstehende Stufung (Übersicht 2.3, Rdn 85) einer bevorrechtigten Befriedigungsmöglichkeit gilt für Schadenfälle (Unfalltag) ab dem 1.7.1983 (Inkrafttreten des SGB X). Für Unfälle (Unfalltag) vor dem 1.7.1983 gelten u.a. wegen § 1542 RVO, § 127 AFG a.F. und § 90 BSHG a.F. abweichende Vorrangigkeiten.[47] Weitere Ausnahmen gelten im Falle der unzureichenden Haftungshöchstsumme für den Direktgeschädigten.[48]

 

Rz. 84

Die Rangfolgenbetrachtung gilt grundsätzlich innerhalb der schadenkongruenten Leistungen.

 

Rz. 85

 

Übersicht 2.3: Rangfolge der Anspruchsberechtigung

Rangfolge Anspruchsberechtigter Besonderheiten
1. Stufe: 1a. Verletzter, Hinterbliebener Bei Mitverschulden des Sozialversicherten: Gleichrangigkeit mit Stufe 2.
1b. § 119 SGB X
2. Stufe: 2a. § 116 SGB X (SVT), § 179 Abs. 1a SGB VI Mehrere SVT sind gleichberechtigte Gesamtgläubiger.
2b. § 116 Abs. 3 S. 3 SGB X (SHT)  
3. Stufe:   Überleitungsanzeige Unterbrechungswirkung, § 90 Abs. 2 BSHG.
4. Stufe: 4a. Abtretungsgläubiger[49] Entscheidend: Zeitpunkt und wirksamer Umfang der Abtretung.
4b. Private Versicherung, Arbeitgeber
5. Stufe: 5. Dienstherr, Versorgungsträger (BVG, OEG)  
[46] Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 2 Rn 1026 f.
[47] BGH v. 13.7.2004 – VI ZR 273/03 – FamRZ 2004, 1569 = MDR 2005, 34 = NJW 2004, 3176 = NZV 2004, 625 (nur Ls.) = SP 2004, 370 = VersR 2004, 126.
[48] Dazu Stiefel/Maier-Jahnke, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl. 2017§ 109 VVG Rn 32 ff.
[49] Zu Besonderheiten siehe u.a. Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 2 Rn 1010 ff.

ee) Regress des Drittleistungsträgers

 

Rz. 86

Für den Regress der Drittleistungsträger stehen zunächst zwei Fragestellungen im Vordergrund

Welche Leistungsträger kommen in...

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