Rz. 56

Das Urheberrechtsgesetz schützt Werke der Literatur, der Wissenschaft und Kunst (§ 1 UrhG). Nach § 2 Abs. 1 UrhG gehören hierzu insbesondere:

Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme (Nr. 1);
Werke der Musik (Nr. 2);
pantomimische Werke einschließlich Werke der Tanzkunst (Nr. 3);
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke (Nr. 4);
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden (Nr. 5);
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden (Nr. 6);
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen (Nr. 7).

1. Schutz multimedialer Werke

 

Rz. 57

Die Werkarten sind kein Selbstzweck, sondern dienen der grundsätzlichen Zuordnung mit (vertrags-)rechtlichen Konsequenzen für deren Schutzbereich im Einzelnen. Dies soll am Beispiel "Multimedia" verdeutlicht werden.[62] Unter diesem Schlagwort können verschiedene Aspekte des Urheberrechtsschutzes zusammengeführt werden, u.a. das der Datenbanken, des Computerprogramms, des Filmwerkes oder des schlichten Sammelwerkes.

 

Rz. 58

Die Zuordnung zu einer vorgegebenen Werkart wird damit der Komplexität der Materie nicht gerecht. Zwar kann ein Werk grundsätzlich mehreren Kategorien gleichzeitig angehören, dann muss aber nach dem zu setzenden Schwerpunkt die Zuordnung nach dem jeweiligen Schutzobjekt erfolgen. Würde man Multimedia insgesamt den Filmwerken zurechnen, so würde die Übertragungsvermutung der §§ 88, 89 UrhG, also die Zuordnung zum Filmproduzenten, gelten. Die Einordnung als Computerprogramm hätte zur Folge, dass gem. § 69b UrhG für die Erstellung des Programms durch Arbeitnehmer die gesetzliche Übertragungsvermutung zugunsten des Arbeitgebers ("Übertragung" des Verwertungsrechts) zum Tragen kommt. Schließlich bliebe noch die Subsumtion unter die Sammelwerke und Datenbankwerke gem. § 4 UrhG, für die im Hinblick auf das Urhebervertragsrecht keine Besonderheiten festzustellen sind.[63]

 

Rz. 59

Die Zuordnung zu den einzelnen Werkarten ist nicht nur in der Rechtsfolge von Bedeutung, sondern verlangt auch unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne eines unterschiedlichen Profils. Die oben angesprochenen vier Elemente des Werkbegriffes sind also unterschiedlich stark ausgeprägt. Bei pantomimischen Werken etwa wird an das Merkmal der Formgebung keine große Anforderung gestellt. Es genügt eine "flüchtige" Darstellung im Sinne einer choreografischen Formgestaltung.[64] Ebenso wie bei der Pantomime oder den Werken der Musik genügt seit Ende 2013 nunmehr für Werke der angewandten Kunst die "kleine Münze".[65] Im Hinblick auf Berichte im administrativen oder politischen Prozess, etwa ein Bericht zur Unterrichtung des Parlaments, verlangt die besondere Feststellung der Eigentümlichkeit (Originalität).[66]

[62] Vgl. dazu Spindler/Schuster/Wiebe, Recht der elektronischen Medien, UrhG, § 2 Rn 1 ff.; Bechtold, GRUR 1998, 18: speziell für die Web-Site; Cichon, ZUM 1998, 897; Möhring/Nicolini/Ahlberg, Urheberrechtsgesetz, § 2 Rn 44 ff.; Ahrens, ZUM 2000, 1029; Braun, GRUR 2001, 1106; Ensthaler/Bosch/Völker, Handbuch Urheberrecht und Internet, S. 70 ff. (insb. auch zu den schutzfreien Produkten im Internet, S. 73 f.); Kreutzer, GRUR 2001, 193; zu den Open Contents, insbesondere Open Source Software wie Linux siehe Plaß, GRUR 2002, 670.
[63] Vgl. Leutheusser-Schnarrenberger, ZUM 1996, 631; Barta/Markiewicz, Datenbank als schutzfähiges Werk im Urheberrecht, in: Festschrift für Beier, S. 343 ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn 254 begreift "Multimedia" als neue Werkart, da diese sich nicht einer der gesetzlich aufgezählten Werkarten zuordnen lassen. Dieser Umstand alleine rechtfertigt aber noch nicht die Zuordnung zu einer neuen Werkart, zumal es das Multimediawerk nicht gibt. Vielmehr wird in jedem Einzelfall zu prüfen sein, wo der Schwerpunkt liegt, um die Zuordnung zu bestehenden Regelungen vorzunehmen.
[64] Schricker/Loewenheim/Loewenheim/Leistner, Urheberrecht, § 2 Rn 108 ff.

2. Schutz in sozialen Netzwerken

 

Rz. 60

Die sozialen Netzwerke, wie etwa Facebook, YouTube, Google+, Xing, LinkedIn und Twitter, ziehen mittlerweile mehr Nutzer an als die herkömmlichen Internetseiten. Dabei stammt der User-generated Content nicht mehr nur von Privatpersonen, sondern immer öfter auch von Unternehmen. Damit nehmen aber auch Urheberrechtsverletzungen zu.

 

Rz. 61

Bei Webinhalten und damit grds. auch im Social Web gilt, dass Texte bereits durch spezielle Optimierung auf Suchmaschinen die notwendige Schöpfungshöhe als Werk erreichen können.[67] Der BGH hat im Hinblick auf sog. Abstracts entschieden, dass kurze prägnante Zusammenfassungen, etwa von Buchrezensionen, selbst...

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