a) Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe durch Geschäftsbetriebe

 

Rz. 375

Zu Gunsten der Kulturwirtschaft bestimmt § 56 UrhG, dass in Geschäftsbetrieben, in denen Geräte zur Herstellung oder zur Wiedergabe von Bild- oder Tonträgern, zum Empfang von Funksendungen oder zur elektronischen Datenverarbeitung vertrieben oder in Stand gesetzt werden, die Übertragung von Werken auf Bild-, Ton- oder Datenträger, die öffentliche Wahrnehmbarmachung von Werken mittels Bild-, Ton- oder Datenträgern sowie die öffentliche Wahrnehmbarmachung von Funksendungen und öffentliche Zugänglichmachung von Werken zulässig ist, soweit dies notwendig wird, um diese Geräte Kunden vorzuführen oder Instand zu setzen (Abs. 1). Die in dem genannten Zusammenhang hergestellten Bild-, Ton- oder Datenträger sind unverzüglich zu löschen (Abs. 2).[569]

[569] Siehe dazu BT-Drucks 15/38, 21.

b) Unwesentliches Beiwerk

 

Rz. 376

Es gibt Situationen, in denen es sich nicht vermeiden lässt, dass Werke mehr oder weniger zufällig als unwesentliches Beiwerk bei der Vervielfältigung und Wiedergabe anderer Werke benutzt werden, wie etwa bei Filmaufnahmen von Innenräumen, die mit Bildern ausgestattet sind, oder beiläufig laufende Musik als so genanntes unwesentliches Beiwerk (§ 57 UrhG). Dann ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe in engen Grenzen zulässig.[570]

Unwesentlich ist ein Beiwerk dann, wenn es weggelassen oder ausgetauscht werden kann, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffällt oder die Gesamtwirkung des Hauptgegenstands maßgeblich beeinflusst wird.[571]

[570] BGH v. 1.7.1982 – I ZR 118/80, GRUR 1983, 1196 (Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I); BGH v. 1.7.1982 – I ZR 119/80, GRUR 1983, 28 (Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II); BGH v. 17.11.2014, GRUR 2015, 667 (Möbelkatalog).

c) Werke in Ausstellungen

 

Rz. 377

Im Rahmen der Umsetzung der Harmonisierungsrichtlinie wurde § 58 UrhG über Werke in Ausstellungen, öffentlichem Verkauf und öffentlich zugänglichen Einrichtungen (früher: Katalogbildfreiheit) völlig neu gefasst. Zulässig ist nunmehr die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung (Internet-Präsentation) von öffentlich ausgestellten oder zur öffentlichen Ausstellung oder zum öffentlichen Verkauf bestimmten Werken der bildenden Künste und Lichtbildwerken und seit 2018 auch Filmwerke (Werkarten gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4–6 UrhG) durch den Veranstalter (Galeristen, Kunsthändler und Versteigerungshäuser) zur Werbung, soweit dies zur Förderung der Veranstaltung erforderlich ist. Eine Vergütungspflicht besteht nicht.[572]

 

Rz. 378

 

Hinweis

Im Hinblick auf den Schutzgegenstand hatte der BGH entschieden, dass diese so genannte Wiedergabefreiheit von Kunstwerken in Ausstellungs- und Versteigerungskatalogen erweiternd auch für Lichtbildwerke gilt (was nunmehr ausdrücklich geregelt ist), allerdings nur für entsprechende "Verzeichnisse", nicht aber für solche Werbeträger, wie Poster, Postkarten, T-Shirts oder Kunstbildbände.[573]

 

Rz. 379

Veranstalter der Ausstellung oder Versteigerung (Verkäufer) ist derjenige, der die organisatorische und finanzielle Verantwortung trägt, wobei auch ein Dritter (Agentur) mit der Durchführung der Veranstaltung betraut werden kann. Allerdings fallen die Betreiber von Bildersuchmaschinen im Internet nicht unter diese Schrankenregelung, da diese selbst nicht "ausstellen".[574]

[572] Dies wird von Berger, ZUM 2002, 21, 26 kritisiert.
[573] BGH v. 12.11.1992 – I ZR 194/90, GRUR 1993, 823 (Katalogbild); BGH v. 30.6.1994 – I ZR 32/92, ZUM 1995, 139 (Museumskatalog); OLG Frankfurt/Main v. 12.12.1991 – 6 U 100/90, GRUR 1994, 116 (Städel).

d) Änderungsverbot

 

Rz. 380

§ 62 UrhG weist darauf hin, dass, soweit durch die genannten Schrankenbestimmungen die Benutzung eines Werkes zulässig ist (etwa die Gestattung der Vervielfältigungen von Bildnissen, von Werken an öffentlichen Plätzen, von Katalogbildern, als unwesentliches Beiwerk etc.), diese dem Änderungsverbot unterliegen. Die Regelung über die Änderungen des Werkes auf der Nutzerebene (§ 39 UrhG) gilt entsprechend.

Abweichungen vom Änderungsverbot sind nur auf das unbedingt Notwendige begrenzt. Es ist eine Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen. Im Zweifelsfall ist zugunsten des Urhebers zu entscheiden.[575]

Als Ausnahmen sind vorgesehen das Recht der Übersetzungen und solche Änderungen des Werkes, die nur Auszüge oder Übertragungen in eine andere Tonart oder Stimmlage darstellen (Abs. 2). Im Hinblick auf Werke der bildenden Künste und Lichtbildwerken sind solche Übertragungen des Werkes in eine andere Größe oder Ähnliches zulässig, die das für die Vervielfältigungen angewendete Verfahren mit sich bringt (Abs. 3), wie etwa bei der Erstellung von Reprints oder ähnlichen Nachdrucken.

Seit 2019 sind Nutzungen zulässig, die die Herstellung eines barrierefreien Formats für behinderte Menschen (§§ 45a45c UrhG) betreffen (§ 62 Abs. 4 UrhG).

Seit 2021 ist die Ausnahmeregelung betreffend Karikaturen, Paro...

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