Leitsatz (amtlich)

1. Verkleinerte und in ihrer Pixelanzahl reduzierte Miniaturansichten (sog. thumbnails), die in der Trefferliste einer Bildersuchmaschine angezeigt werden, sind sonstige Umgestaltungen des Originalwerks i.S.v. § 23 UrhG.

2. Diese Verwertung ist weder als Katalogbild nach § 58 UrhG noch als Zitat nach § 51 Nr. 1 UrhG zulässig.

3. Das Einstellen von Bildern in das Internet, ohne mögliche technische Schutzmaßnahmen gegenüber Suchmaschinen zu ergreifen, stellt keine konkludente Einwilligung in eine Umgestaltung in Form von thumbnails dar.

4. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gegenüber einem Bildersuchmaschinenbetreiber wegen der Anzeige von thumbnails ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Urheber in die Verwertung durch die Suchmaschine zwar nicht einwilligt, gleichzeitig aber eine sog. Suchmaschinenoptimierung dadurch vornimmt, dass der Zugriff von Suchmaschinen auf Bilder durch Beeinflussung der sog. META-Tags erleichtert wird.

 

Normenkette

UrhG §§ 23, 51 Nr. 1.58

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Urteil vom 15.03.2007; Aktenzeichen 3 O 1108/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.04.2010; Aktenzeichen I ZR 69/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Erfurt vom 15.3.2007 - 3 O 1108/05, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist bildende Künstlerin. Sie unterhält seit 2003 unter der Internetadresse m-t. de eine eigene Homepage. Auf dieser sind verschiedene Bilder der Klägerin eingestellt, wobei auf den einzelnen Seiten ein Copyrighthinweis bezüglich der Klägerin angebracht ist.

Die Beklagte betreibt eine bekannte Internetsuchmaschine, die u.a. auch eine Funktion für eine sog. Bildersuche hat. Im Rahmen der Trefferliste der Suchmaschine der Beklagten werden im Zusammenhang mit der Worteingabe aufgefundene Bilder in verkleinerter und bezüglich ihrer Pixelanzahl reduzierter (ca. 100 × 150 Bildpunkte), komprimierter Form (Speicherbedarf nur ca. 4 bis 5 KB) "daumennagelgroß" als Miniaturansichten (sog. "thumbnails") angezeigt. Die "crawler" bzw. "robots" der Suchmaschine durchsuchen das Internet intervallmäßig und ununterbrochen. Die thumbnails werden zum Zwecke der Beschleunigung der Suche auf Servern der Beklagten in den USA gespeichert.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Anzeige von Verkleinerungen der Bilder, die sie auf ihrer Homepage eingestellt habe, verletze ihre Urheberrechte. Dies gelte insbesondere auch für die Anzeige der thumbnails von Bildern, die sie selbst bereits von ihrer Homepage entfernt habe. Sie hat erstinstanzlich (nach entsprechend eingeschränkt bewilligter Prozesskostenhilfe durch den Senat in einem Beschwerdeverfahren) Unterlassung, Beseitigung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie der ehemaligen weiteren Beklagten, der G. Germany GmbH, verlangt.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, durch die Darstellung von thumbnails würden Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die Beklagte sei schon nicht Werknutzerin. Jedenfalls liege aber eine konkludente Einwilligung der Klägerin schon darin, dass sie ihre Bilder frei zugänglich ins Internet eingestellt habe. Die einfach möglichen Maßnahmen, ihre Internetseite durch Aufnahme entsprechender Befehle so zu programmieren, dass die "crawler" der Suchmaschine keinen Zugriff mehr auf von der Klägerin eingestellte Inhalte nehmen würden, habe die Klägerin, was unstreitig blieb, nicht vorgenommen. Vielmehr habe die Klägerin, was von dieser nicht bestritten wurde, eine sog. Suchmaschinenoptimierung durch Aufnahme und ständige Aktualisierung von Begriffen als META-Elementen vorgenommen.

Das LG hat nach Beweisaufnahme die Klage mit der Begründung abgewiesen, eine konkludente Einwilligung der Klägerin sei anzunehmen. Die ehemalige Beklagte G. GmbH sei bereits nicht passiv legitimiert. Der Senat hat der Beklagten für das beabsichtigte Berufungsverfahren wegen ihres gegen die G. Inc. gerichteten Unterlassungsbegehrens Prozesskostenhilfe bewilligt, den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen der beabsichtigten Berufung gegen die vom LG abgewiesenen Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche sowie der gegen die G. GmbH gerichteten Ansprüche jedoch zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt vor, sie wolle zwar, dass ihre Homepage gefunden werde, nicht aber, dass ihre Kunst als thumbnail abgebildet werde.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen, Abbildungen von Kunstwerken der Klägerin zu vervielfältige...

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