Rz. 618

Der persönliche Geltungsbereich erstreckt sich grundsätzlich auf Inländer (§ 120 Abs. 1 S. 1 UrhG), wobei es gleichgültig ist, ob und wo deren Werke erschienen sind.

 

Rz. 619

Bei Miturhebern im Sinne von § 8 UrhG genügt es, wenn ein Miturheber die deutsche Staatsangehörigkeit innehat (§ 120 Abs. 1 S. 2 UrhG).

 

Rz. 620

Den Inländern gleichgestellt werden:

sonstige Deutsche im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben (§ 120 Abs. 2 Nr. 1 UrhG);
Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (§ 120 Abs. 2 Nr. 2 UrhG);
Staatenlose (§ 122 UrhG) und ausländische Flüchtlinge (§ 123 UrhG), wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland haben.
 

Rz. 621

Für die Leistungsschutzrechte gelten ähnliche Regelungen (§§ 124, 125 Abs. 1 und Abs. 5 S. 2, 126 Abs. 1 und Abs. 3 S. 2, 127 Abs. 1, 128 UrhG). § 71 UrhG gewährt Leistungsschutz für nachgelassene Werke unabhängig von der Veröffentlichung durch Inländer oder Ausländer. Es zählt alleine der Umstand der Herstellung der Öffentlichkeit. (Zum Leistungsschutzrecht nach §§ 7072 UrhG siehe Rdn 266 ff.)[802]

 

Rz. 622

Auch Ausländer erhalten in gewissem Umfang Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz (§ 121 UrhG). Dies gilt zunächst für die Bürger der Staaten der Europäischen Union, was durch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in den Fällen "Phil Collins" und "Cliff Richard"[803] über die Anwendung des Art. 18 Abs. 1 AEUV (Diskriminierungsverbot) besonders deutlich wurde.[804] Nach dem Brexit können sich die Bürger Großbritanniens nicht mehr auf diese Norm berufen. Der EuGH hat am 6.6.2002[805] entschieden, dass § 121 UrhG insofern gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 18 Abs. 1 AEUV verstößt, als diese Regelung auch auf Sachverhalte anzuwenden sei, bei denen der Inhaber eines Urheberrechts bereits verstorben war (der Komponist Puccini starb im Jahre 1924), als der EWG-Vertrag in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besaß, in Kraft getreten ist.

 

Rz. 623

Ausländische Urheber können sich unmittelbar auf das Urheberrechtsgesetz berufen, wenn sie ihr Werk im Original oder in einer Übersetzung erstmals in Deutschland erscheinen lassen oder bezogen auf Werke der bildenden Kunst eine Grundstücksverbindung hergestellt wird (§ 121 Abs. 1 und 2 UrhG). Werke, die zwar im Ausland erschienen sind, aber noch innerhalb von 30 Tagen auch im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinen, genießen ebenfalls Urheberrechtsschutz (§ 121 Abs. 1 S. 1 UrhG). Im Hinblick auf das grundsätzlich auch anzuerkennende Folgerecht des bildenden Künstlers nach § 26 UrhG gilt aber einschränkend, dass dies entsprechend auch im Heimatstaat des Schutzsuchenden anerkannt sein muss (Vorrang des Ursprungslandprinzipes).[806] Sofern die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kommen die Schutzbestimmungen internationaler Staatsverträge oder – falls solche Abkommen nicht existieren – die Regelungen des Staates zum Tragen, aus dem der Schutzbegehrende (§ 121 Abs. 4 UrhG)[807] stammt. Schließlich verweist § 121 Abs. 6 UrhG auf die in jedem Falle geltenden Urheberpersönlichkeitsrechte nach §§ 12 bis 14 UrhG.[808]

 

Rz. 624

 

Beispiel

Im Urteil "Tarzan" hatte der BGH[809] einen komplexen Fall zur Geltung von inländischen Schutzfristen für einen ausländischen Autor zu entscheiden.

Eine deutsche Filmproduktionsgesellschaft wollte den Roman "Tarzan bei den Affen" (erschienen in den USA am 10.9.1912) des amerikanischen Schriftstellers Edgar Rice Borroughs (verstorben am 19.3.1950) verfilmen. Die Klägerin wollte festgestellt wissen, dass die Beklagte (Produktionsgesellschaft mit Sitz in Kalifornien, die sich die Rechte des Schriftstellers des Buches exklusiv gesichert hatte) keine Ansprüche aus Urheberrechtsverletzung gegen die Klägerin geltend machen kann. Nach dem Vortrag der Klägerin war die Schutzfrist abgelaufen und somit das dem Film zugrunde liegende Buch gemeinfrei. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Schutzdauer in Deutschland noch bis zum 31.12.2020 bestehe, wohingegen die Klägerin das Ende des urheberrechtlichen Schutzes auf den 31.12.2000 datierte.

Der BGH bestätigte die Gemeinfreiheit des Werkes seit dem 1.1.2001. Als Recht des Schutzlandes sei deutsches Urheberrecht anzuwenden. Der urheberrechtliche Schutz richte sich gem. § 121 Abs. 4 Satz 1 UrhG nach dem Inhalt der Staatsverträge. Nach dem deutsch-amerikanischen Urheberrechtsübereinkommen von 1892 genieße das Werk zwar in Deutschland urheberrechtlichen Schutz nach inländischem Recht. Die in Deutschland bei Veröffentlichung des Werkes geltende Schutzdauer von 30 Jahren nach dem Tod des Urhebers sei im Jahr 1934 auf 50 Jahre und im Jahr 1965 auf 70 Jahre verlängert worden. Gemäß der Regelung zu dem Schutzfristenvergleich nach Art. IV Abs. 4 bis 6 Welturheberrechtsabkommen (WUA) wirke sich die Verlängerung der Schutzdauer aber nur insoweit aus, wie die Schutzfrist im Ursprungsland lä...

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