Rz. 430

Badegäste sind auf Wasserrutschbahnen – wie auch sonst in öffentlichen Bädern (vgl. Rdn 422) – vor solchen Gefahren zu schützen, die über das übliche Risiko der Anlagenbenutzung hinausgehen und die sie nicht vorhersehen und nicht ohne weiteres erkennen können.[1247] Anhaltspunkte für den Umfang der berechtigten Erwartungen liefert die DIN EN 1069.[1248]

 

Rz. 431

Der Verkehrssicherungspflichtige muss die Badegäste auf die zulässige Benutzungsart hinweisen ("sitzend vorwärts", "auf dem Bauch liegend", "auf dem Rücken liegend"). Dazu sollte er entsprechend der jeweils gültigen DIN-Norm ein an der Rutsche angebrachtes, deutlich sichtbares Schild mit Piktogrammen verwenden, damit auch Kinder, die noch nicht lesen können, informiert werden.[1249] Lässt die Benutzungsanweisung eine Wahl zwischen den Rutscharten "liegend" und "sitzend" zu, ist die Verkehrssicherungspflicht verletzt, wenn dadurch relativ hohe Geschwindigkeitsdifferenzen der Benutzer entstehen können und es zu gefährlichen Kollisionen kommen kann.[1250] Die Aufsichtspersonen müssen gegen eine unzulässige Benutzung der Wasserrutschbahn einschreiten.[1251]

 

Rz. 432

Die Gefahr von Kollisionen mit anderen Personen besteht sowohl auf der Rutschbahn als auch an der Eintauchstelle. Unfälle ereignen sich häufig, wenn der Rutschende am Ende der Rutsche in das Auffangbecken eintaucht. Die Gefahr des Zusammenstoßes mit Badegästen, die noch im Bereich der Eintauchstelle verweilen, kann nie ganz ausgeschlossen werden; sie ist eine typische und übliche Gefahr, die für jedermann erkennbar ist. Vor ihr ist durch deutlich sichtbare Schilder am Einstieg der Rutsche zu warnen, um die Benutzer hierfür zu sensibilisieren; die Benutzer müssen dazu angehalten werden, dass sie einen ausreichenden Abstand zum vorgehenden Benutzer einhalten und möglichst schnell das Eintauchbecken verlassen.[1252] Endet eine Wasserrutsche im Nichtschwimmerbecken, muss die Aufsichtsperson die Rutsche schließen, wenn das Becken derart überfüllt ist, dass an der Eintauchstelle nicht mehr genug Platz zum Ausweichen verbleibt.[1253]

 

Rz. 433

Bei unübersichtlichen Anlagen, insbesondere bei Röhrenrutschen, kann der Benutzer die Gefahr eines Zusammenstoßes mit anderen auf der Rutsche befindlichen Badegästen meist nicht rechtzeitig erkennen und beherrschen. Der Betreiber muss durch geeignete Sicherungsmaßnahmen – beispielsweise eine sensorgesteuerte Ampelanlage und eine Videoüberwachung – sicherstellen, dass der erforderliche Sicherheitsabstand zwischen den Benutzern gewahrt wird; die ständige Anwesenheit einer Aufsichtsperson an der Einstiegsstelle ist nicht erforderlich.[1254] Wird der Mindestabstand durch eine Ampelanlage geregelt, so muss die Rotlichtphase so lange dauern, dass aufeinander folgende Benutzer, die ordnungsgemäß rutschen und die Ausstiegstelle unverzüglich verlassen, nicht zusammenstoßen können.[1255] Ist eine konstruktionsbedingt nicht gefährliche Rutsche nahezu vollständig einsehbar und werden die Benutzer durch entsprechende Schilder ausreichend auf die Gefahren des Rutschbetriebs hingewiesen, sind weitergehende Maßnahmen, um einen ausreichenden Abstand der Benutzer sicherzustellen, entbehrlich.[1256]

 

Rz. 434

An eine Wildwasserrutschbahn sind wegen der für die Benutzer erkennbaren Gefährlichkeit der Anlage typischerweise weniger strenge Anforderungen zu stellen als an (vgl. Rdn 286) ungefährliche Wasserrutschbahnen. So können die Benutzer erkennen, dass es bei einer gleichzeitigen Benutzung der Rutsche durch mehrere sich zu einer "Kette" verbindenden Personen zu meist harmlosen Stoßunfällen kommen kann.[1257]

 

Rz. 435

Eine in ein Nichtschwimmerbecken führende Kinderrutsche ist ein einfaches Spielgerät, das keine besonderen Benutzungshinweise erfordert. Es genügt, wenn der Betreiber eine Aufsichtsperson abstellt, die ihr Augenmerk auch – wenn auch nicht ununterbrochen – auf den Rutschbetrieb richtet.[1258]

[1248] Vgl. BGH, Urt. v. 3.2.2004 – VI ZR 95/03, NJW 2004, 1449 (1450); LG Bonn, Urt. v. 23.3.2015 – 1 O 370/14, juris Rn 20; Möhlenkamp, VersR 2011, 985.
[1249] OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.5.1992 – 14 U 83/89, VersR 1993, 709 (710); OLG Saarbrücken, Urt. v. 5.12.1995 – 4 U 673/93, VersR 1997, 377 (378).
[1250] OLG Hamm, Urt. v. 28.2.1997 – 9 U 16/95, r+s 1999, 23.
[1252] OLG Köln, Urt. v. 24.11.1987 – 22 U 164/87, VersR 1989, 159 f.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 5.12.1995 – 4 U 673/93, VersR 1997, 377 (378).
[1253] OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.12.1975 – 7 U 80/75, VersR 1976, 894.
[1255] KG, Urt. v. 9.12.1988 – 9 U 964/88, VersR 1990, 168 (169).

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