Rz. 15

Viele Kanzleien monierten in der Vergangenheit fehlende "Kanzlei-beAs". Solche waren zunächst nicht vorgesehen, da Kanzleien als solche (bis zum 31.7.2022) nicht im Bundesweiten Amtlichen RA-Verzeichnis – BRAV – eingetragen werden. Dies galt auch für eine Anwalts-GmbH. In der Stellungnahme der BRAK zum Referentenentwurf des BMJV Nr. 16/2016 zum Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe hatte die BRAK aber schon seinerzeit angeregt, dass Rechtsanwaltskapitalgesellschaften ebenfalls ein beA-Postfach erhalten sollen:[6]

Zitat

"Unabhängig von den vorstehenden Bedenken gegenüber der Einrichtung weiterer beA-Postfächer im Zusammenhang mit weiteren Kanzleien regt die Bundesrechtsanwaltskammer dringend an, vorzusehen, die nach § 59c Abs. 1 BRAO i.V.m. 59l Abs. 1 BRAO postulationsfähigen Rechtsanwaltskapitalgesellschaften ins Rechtsanwaltsverzeichnis aufzunehmen und für sie ein beA einzurichten. Rechtsanwaltsgesellschaften sind bereits Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, sodass es ein leichtes wäre, über das bestehende System für sie die Postfächer einzurichten. Wegen der Postulationsfähigkeit der Rechtsanwaltsgesellschaft muss sie auch am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen. Ihr muss deshalb automatisch ein beA eingerichtet werden."

 

Rz. 16

Aus der geplanten großen BRAO-Reform wurde jedoch im Mai 2017 nur die "kleine BRAO-Reform"; wichtige gesellschaftsrechtliche Themen wurden nicht aufgegriffen.[7] Mangels Eintragung im Gesamtverzeichnis war daher die Einrichtung eines Kanzlei-beAs, in welches elektronische Postein- und -ausgänge für die ganze Kanzlei hätten abgewickelt werden können, nicht möglich.[8] Eine Reform des anwaltlichen Gesellschaftsrechts wurde mit der kleinen BRAO-Reform im Mai 2017 nicht vorgenommen. Der DAV hat sich daher der Sache angenommen und einen entsprechenden Diskussionsvorschlag eingebracht.[9] Wind kam in dieser Sache nochmals auf, nachdem das BVerfG die interprofessionelle Zusammenarbeit von Anwälten mit Ärzten und Apothekern für zulässig erachtet hatte. So schrieb denn auch Martin Henssler:

Zitat

"Das Bundesverfassungsgericht hat die Mehrheitserfordernisse für Anwälte in der Anwalts-GmbH gekippt (BVerfG AnwBl 2014, 270[10]) und die Zusammenarbeit von Anwälten mit Arzt und Apotheker erlaubt (BVerfG AnwBl 2016, 261[11])."

 

Rz. 17

Der Anwaltsgerichtshof in Berlin entschied im August 2018, dass die BRAK mangels gesetzlicher Grundlage Rechtsanwaltsgesellschaften auch kein eigenständiges beA einrichten dürfe.[12] Klägerin war in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Anwalts-AG, die mit der Klage geltend machte, durch die fehlende Einrichtung eines Kanzlei-beAs weder ihre Verschwiegenheitspflicht einhalten noch Zustellungen für die AG entgegennehmen zu können, da Rechtsträger des Mandats die AG sei, ein beA aber für eine AG nicht eingerichtet würde. Der AGH lehnte eine entsprechende Verpflichtung der BRAK aufgrund des klaren Wortlauts in § 31a Abs. 1 BRAO ab, da in das Anwaltsverzeichnis lediglich natürliche Personen eingetragen werden könnten. Er führte für seine Entscheidung u.a. folgende Gründe an:

Die Einrichtung des beA führe zwar zu Änderungen der Rahmenbedingungen der Berufsausübung und damit zu einem Eingriff in die Ausübung des Berufs;[13] diese Einschränkung sei jedoch durch spezifische berufsbezogene Gemeinwohlgründe gerechtfertigt. Dass mit dem beA ein sicherer und einfacher Kommunikationsweg zwischen Anwälten und Justizbehörden zur Verfügung gestellt und der elektronische Rechtsverkehr gefördert werden solle,[14] würde das Interesse einer unreglementierten Berufsausübung überwiegen.[15]
§ 14 BORA richte sich ausschließlich an handlungsfähige, natürliche Personen als Rechtsanwälte, die bei einer beruflichen Zusammenarbeit (wie bei der Klägerin) gewährleisten müssten, dass die Berufsordnung in der Organisation eingehalten wird, § 33 Abs. 2 BORA; was auch mit Einführung der der elektronischen Kommunikation fortgelte.
Mit der elektronischen Signatur bei Absendung gebe der Absender zu erkennen, die inhaltliche Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen;[16] eine solche Unterzeichnung sei – auch im beA – nur einer natürlichen Person möglich.
Mit der Zuteilung eines beA ausschließlich an Rechtsanwälte, die im Gesamtverzeichnis aufgeführt sind, sei gewährleistet, dass ungeachtet der Rechtsform stets ein zugelassener Rechtsanwalt die Verfahrenshandlungen verantwortet.
Die Klägerin habe eingeräumt, die Einbindung des beA sei ihr mit Aufwand möglich; dies sei jedoch ein ähnlicher Aufwand wie bei Zuteilung der Post an den Sachbearbeiter, die auf dem Papierweg eingeht.
Für die Einbindung der bei der RA-AG tätigen Anwälte könne der Vorstand gem. § 23 Abs. 1 RAVPV weiteren Personen Zugang zum Postfach gewähren; sodass die AG über ihren Vorstand in der Lage sei, bei ihr tätigen Rechtsanwälten Kenntnis vom Inhalt des Postfachs zu gewähren, wobei die Rechte erforderlichenfalls auch ...

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