Rz. 204

Eine Pflicht zur Aufklärung über die Kosten eines Rechtsstreits/Verfahrens oder einer Beratung erstreckt sich grds. nicht darauf, den Auftraggeber auf die abstrakte Möglichkeit hinzuweisen, Beratungs- bzw. Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe (vgl. § 1 Rdn 192–200) in Anspruch nehmen zu können. Eine solche Hinweispflicht kann aber bestehen, falls der Mandant beim Rechtsanwalt nachfragt, dem Rechtsanwalt die entsprechenden Umstände mitteilt oder der Mandant aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse erkennbar anspruchsberechtigt sein kann.[829] Entsprechend § 16 BORA ist der Rechtsanwalt verpflichtet, bei begründetem Anlass auf die Möglichkeit von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen.[830] Ein Hinweis des Rechtsanwalts auf die Möglichkeit, PKH zu beantragen, ist nicht geboten, wenn die Partei die von dem Rechtsanwalt angeforderten Kostenvorschüsse ohne Hinweis auf finanzielle Schwierigkeiten[831] oder schon früher Honorare in beträchtlicher Höhe ohne Probleme bezahlt hatte.[832] Anders sieht dies der BGH in einem Urteil vom 17.1.2004,[833] das sich stärker an § 16 Abs. 1 BORA orientiert.

Der Rechtsanwalt genügt seiner Beratungspflicht, wenn er auf die Notwendigkeit einer umgehenden Antragstellung unter Verwendung der amtlichen Vordrucke hinweist. Ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers für die Inanspruchnahme von PKH tatsächlich ausreichen, braucht er nach Ansicht des OLG Düsseldorf nicht zu prüfen.[834] Dem kann nur zugestimmt werden hinsichtlich der abschließenden Prüfung in einem unklaren Grenzbereich. Ist nicht ernsthaft mit der Gewährung von PKH oder Verfahrenskostenhilfe zu rechnen, muss der Anwalt den Mandanten jedenfalls bei drohendem Fristablauf über die Folgen von Fristversäumnissen und die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung aufklären, besonders wenn Wiedereinsetzungsgesuche unbegründet sein könnten. Er hat immer darauf hinzuweisen, dass die Formulare vollständig auszufüllen und die erforderlichen Belege beizufügen sind; zahlreiche PKH-Anträge scheitern allein an diesen Erfordernissen und dem Umstand, dass sie erst am Ende einer Frist eingereicht und deshalb später nicht mehr nachgebessert werden können.

[829] BGH, NJW 1998, 136, 137; OLG Koblenz, VersR 1990, 309; vgl. auch Derleder, MDR 1981, 448; Greißinger, AnwBl. 1982, 288; Schneider, MDR 1988, 282.
[831] OLG Köln, NJW 1986, 725, 726; vgl. auch OLG Koblenz, VersR 1990, 309.
[833] BGH, NJW 2002, 1048, 1049.
[834] OLG Düsseldorf, AnwBl. 1984, 444, 445; OLG Düsseldorf, AnwBl. 1987, 147.

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