Rz. 43

Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, bei begründetem Anlass auf die Möglichkeiten von Beratungs- und Prozesskostenhilfe bzw. auch bei Verfahrenskostenhilfe (Familiensachen) hinzuweisen (§ 16 BORA).[72] Diese grundsätzliche Pflicht besteht immer dann, wenn der Mandant erkennbar mittellos ist.[73] Die Anforderungen an den begründeten Anlass, der zu einer Hinweispflicht führt, sind gering; der Rechtsanwalt muss alle ihm zugänglichen Erkenntnisquellen nutzen und darf sich nicht auf die ihm vorgelegten Unterlagen beschränken.[74] Anlass zu einem Hinweis besteht jedoch nicht, wenn der Mandant den angeforderten Kostenvorschuss ohne Hinweis auf finanzielle Schwierigkeiten gezahlt hat[75] oder wenn dem Anwalt bspw. bekannt ist, dass der Auftraggeber bei einem früheren Hausverkauf einen erheblichen Erlös erzielt hat und der Mandant dem Anwalt mitteilt, dass er hiervon ein Ferienhaus gekauft habe.[76] Die schuldhafte Unterlassung des Hinweises löst einen Schadensersatzanspruch des Mandanten nach § 280 Abs. 1 BGB aus, der gegen den Vergütungsanspruch des Anwalts in gleicher Höhe aufgerechnet werden kann.[77]

 

Rz. 44

Es besteht ggf. auch die Gefahr, dass der Vorwurf der Gebührenüberhebung (vgl. § 352 StGB) erhoben wird. Wegen Gebührenüberhebung kann sich z.B. der Rechtsanwalt strafbar machen, der seinem Mandanten eine Geschäftsgebühr nach (VV 2300) in Rechnung stellt, obwohl er weiß, dass der Mandant Anspruch auf Bewilligung von Beratungshilfe hat.[78]

[72] OLG Düsseldorf AnwBl 1984, 444; OLG Düsseldorf AnwBl 1987, 147; Greißinger, AnwBl 1992, 49.
[74] Henssler/Prütting/Prütting, § 16 BORA Rn 4.
[75] OLG Köln NJW 1986, 725.
[76] OLG Koblenz AnwBl 1990, 164.
[77] AG Castrop-Rauxel MDR 1988, 318, 319.
[78] LG Ellwangen NStZ-RR 2004, 366; vgl. auch OLG Hamm NStZ-RR 2002, 141.

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