Rz. 461

Eine höhere als die gesetzliche Vergütung kann sich ergeben aus der Vereinbarung

einer Pauschalvergütung,[1757]
eines höheren Streitwertes,[1758]
eines prozentualen Aufschlags auf den Gebührenbetrag,[1759]
eines Zeithonorars.[1760]
 

Rz. 462

Die Frage, ob eine Vergütungsabrede, nach der jede angefangene Viertelstunde mit einem Viertel des vereinbarten Stundensatzes abzurechnen ist, wirksam ist, wird in Rechtsprechung[1761] und Schrifttum[1762] unterschiedlich beurteilt. Nach einer vom OLG Düsseldorf[1763] vertretenen Ansicht stellt eine derartige Zeittaktklausel eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten dar und führt zur Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB. Nach anderer Auffassung wird die Klausel für wirksam angesehen.[1764] Sie besitzt eine Pauschalierungsfunktion, die auch in gesetzlichen Gebührenregelungen Anerkennung gefunden hat. So sieht § 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG für die Berechnung der Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern vor, dass die letzte bereits begonnene Stunde voll zu vergüten ist, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war. Anderenfalls beträgt die Vergütung die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages. Eine weitergehende Regelung dieser Art weist die Steuerberatervergütungsverordnung auf. Nach § 13 StBVV ist für die dort genannten Tätigkeiten jede angefangene halbe Stunde mit einem Stundensatzrahmen von 30,00 bis 70,00 EUR zu vergüten. Diese gesetzliche Regelung stimmt in ihrer Systematik mit einer Zeittaktklausel in einer anwaltlichen Vergütungsvereinbarung überein.[1765] Angesichts der Verwendung von Zeittaktregelungen in gesetzlichen Vergütungsbestimmungen liegt die vom OLG Düsseldorf im Blick auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB angenommene Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vor. Die in diesem Zusammenhang erörterte Möglichkeit der Häufung von Kurztelefonaten erscheint fern liegend, weil im Bereich der anwaltlichen Tätigkeit die einzelnen Arbeitsschritte in aller Regel längere Zeitabschnitte als nur einzelne Minuten umfassen.[1766] Soweit sich die konkrete Abrechnungsart einer Zeittaktabrede als rechtsmissbräuchlich erweisen sollte, ist es dem Anwalt nach den Geboten von Treu und Glauben verwehrt, sich hierauf zu berufen.[1767]

[1757] Vgl. BGH, NJW 1980, 1851, 1852; BGH, NJW 1982, 2329, 2330; BGH, NJW 1987, 315, 316; BGH, NJW 1991, 3095, 3096 ff. (Strafverteidiger); BGH, WM 2003, 89, 91; BGH, NJW 2005, 2142 = BGHZ 162, 98 (Strafverteidiger); OLG Düsseldorf, AnwBl. 1986, 408; OLG Köln, NJW 2006, 923.
[1758] BFH, NJW 1976, 208; OLG Hamm, AnwBl. 1986, 452; LG Düsseldorf, JurBüro 1991, 530, 531.
[1759] OLG Hamm, AnwBl. 1986, 452.
[1760] OLG Frankfurt, AnwBl. 1983, 513; LG München I, NJW 1975, 937, 938; Eggert, AnwBl. 1994, 214, 215; vgl. BGHZ 152, 153, 160 ff. = WM 2003, 1127: Zeitvergütung bei Rechtsberatung über Anwalts-Hotline; BGH, NJW 2000, 1107 = WM 2000, 973, 974: Stundenhonorar eines Wirtschaftsprüfers; BGH, WM 2000, 2435, 2436: Stundenhonorar eines Steuerberaters; BGH, NJW 2003, 2386 und 3486: Stundenhonorare von Rechtsanwälten; BGH, NJW 2005, 1266: Minutenpreis einer "Telekanzlei"; BGH, NJW 2005, 1268: Zeitgebühr einer Steuerberater-Hotline; BGH, 21.10.2010 – IX ZR 37/10, NJW 2011, 63, Tz. 13: Stundenhonorar eines Strafverteidigers in einer Wirtschaftsstrafsache; vgl. ferner Günther, NJW 2019, 2591 f.
[1761] Der BGH hat hierzu bislang noch nicht Stellung nehmen können. In den Verfahren BGH, 5.3. 2009 – IX ZR 144/06, AnwBl. 2009, 554, Tz. 2 sowie BGH, 21.10. 2010 – IX ZR 37/10, NJW 2011, 63, Tz. 19, war die Frage der Wirksamkeit der dort vereinbarten Zeittaktklausel jeweils aus tatsächlichen Gründen nicht entscheidungserheblich.
[1762] Günther, NJW 2019, 2591, 2592 m.w.N.
[1763] OLG Düsseldorf, NJW-RR 2007, 129.
[1764] OLG Hamm, AnwBl. 2008, 546, 548; OLG Schleswig, AnwBl 2009, 554, 555 f.; Schons, AGS 2009, 118, 119.
[1765] Hansens, RVGReport 2009, 164, 166 zu § 13 StBGebV.
[1766] OLG Schleswig, AnwBl. 2009, 554, 555 f.
[1767] Vgl. BGH, 5.3.2009 – IX ZR 144/06, AnwBl. 2009, 554, Tz. 2.

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