Rz. 64

Gerade in Krisen- und in Insolvenzsituationen, die mit Kündigungs- oder Betriebsänderungsmaßnahmen verbunden sind, wird von der Arbeitnehmerschaft häufig erstmals eine Betriebsratswahl initiiert, um noch in den Genuss von Sozialplanleistungen zu kommen. Ob ein erst nach dem Betriebsänderungs- oder Stilllegungsbeschluss bzw. nach Beginn der Durchführung einer Betriebsänderung (siehe Rdn 15 ff.) gewählter Betriebsrat noch den Abschluss einer (Interessenausgleichs- und) Sozialplanvereinbarung verlangen kann, ist streitig.[57] Das BAG lehnt dies aber ab.[58]

 

Rz. 65

Die Verpflichtung des Insolvenzverwalters, den Betriebsrat über eine geplante Betriebsänderung zu unterrichten, diese mit ihm zu beraten und den Versuch eines Interessenausgleichs zu unternehmen, besteht jedoch auch dann, wenn der Betriebsrat erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewählt wurde.[59]

[57] Bejahend, falls zur Zeit der Arbeitgeberentscheidung die Betriebsratsbildung schon "greifbare Formen" (analog § 1923 Abs. 2 BGB) angenommen habe: ArbG Reutlingen v. 29.10.1998 – 3/1 BV 7/98, ZInsO 1999, 303; LAG Saarland v. 14.5.2003 – 2 TaBV 7/03, NZA-RR 2003, 639; LAG Köln v. 5.3.2007 – 2 TaBV 10/07, AuR 2007, 395.
[58] BAG v. 28.4.1984 – 1 ABR 3/80, AP Nr. 15 zu § 112 BetrVG; BAG v. 22.10.1991 – 1 ABR 17/91, n.v. und BAG v. 28.10.1992 – 10 ABR 75/91, AP Nr. 63 zu § 112 BetrVG.
[59] BAG v. 18.11.2003 – 1 AZR 30/03, AP Nr. 162 zu § 112 BetrVG 1972 = ZIP 2004, 235.

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