Rz. 1173

Die Insolvenzordnung kennt keine bevorrechtigten Forderungen auf Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung. Hat der Arbeitgeber entgegen seiner Verpflichtung Zahlungen an die Altersversorgungseinrichtung nicht geleistet, sind diese vom berechtigten Arbeitnehmer als einfache Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden. Eine insolvenzrechtliche Privilegierung liegt bei nicht entrichteten Beiträgen nur dann vor, wenn sie vom restlichen Vermögen des Arbeitgebers auf einem getrennten Konto geführt werden.[2846]

 

Rz. 1174

Die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung ist Teil des BetrAVG.[2847] Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung ist gemäß § 14 Abs. 1 BetrAVG der Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG). § 7 BetrAVG nennt unter den vier Fällen, die zu einer besonderen Sicherung führen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers. Mit Eintritt der Insolvenz wird der PSVaG Schuldner der Versorgungsansprüche.[2848] Es entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis. Gesichert sind die laufenden Leistungen an die Betriebsrentner und die Ansprüche der Arbeitnehmer, bei denen die Voraussetzungen für den Leistungsbezug aus der betrieblichen Altersversorgung gegeben sind.[2849] Es ist unbeachtlich, ob das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers bis zum Sicherungsfall fortbestanden oder vorher geendet hat.[2850] Nach § 2 BetrAVG sind auch die unverfallbaren Anwartschaften gesichert, aber nur in Höhe des gesetzlichen Mindestschutzes.[2851] Dabei kommt die gleiche Regelung zur Anwendung, die bei der Feststellung gilt, wie hoch die gesetzlich unverfallbare Anwartschaft eines vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist. Es gilt die zeitratierliche Berechnung. Damit ist der Anspruch insolvenzgeschützt, der dem Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt des Sicherungsfalls zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur üblichen, festen Altersgrenze entspricht.[2852] Die im Sicherungsfall vom PSVaG zu erbringenden Leistungen werden in § 7 Abs. 2 S. 3–5 BetrAVG bestimmt. Absatz 3 der Vorschrift legt eine Höchstgrenze fest, oberhalb derer keine Insolvenzsicherung mehr besteht.[2853]

[2846] Das BAG (21.3.2017 – 3 AZR 718/15, NZA 2017, 948) hat ein Aussonderungsrecht des Arbeitnehmers an den vom zahlungsunfähigen Arbeitgeber nicht an die Pensionskasse gezahlten Beiträgen (Geldsummenanspruch) nach § 47 InsO verneint unter Verweis auf die EuGH-Entscheidung vom 24.11.2016 ("Webb-Sämann"), C-454/15, NZA 2016, 1558.
[2847] Sie gilt daher nur für die betriebliche Altersversorgung i.S.d. BetrAVG und nicht für anderweitige Leistungen. Dazu Schrader/Straube, S. 186 ff.; Arens/Brand, § 5 Rn 1 ff.
[2848] Bei einer Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung (§ 1b Abs. 2 BetrAVG) ist zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zusteht oder ob der Insolvenzverwalter die Versicherung kündigen und den Rückkaufswert zur Masse ziehen kann. Das Aussonderungsrecht des Arbeitnehmers besteht bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht. Hat der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer dem Arbeitnehmer lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt (nach § 159 VVG der Normalfall), darf der Insolvenzverwalter die Versicherung verwerten. Zum Fall des "eingeschränkt" unwiderruflichen Bezugsrechts hat das BAG entschieden, dass die Klausel im Versicherungsvertrag auszulegen sei, inwieweit die Voraussetzungen des Widerrufsrechts durch den Insolvenzverwalter vorliegen, vgl. BAG 15.6.2010 – 3 AZR 334/06, NZI 2011, 30; BAG 15.6.2010 – 3 AZR 31/07, NZA 2010, 1448 (LS) = ZIP 2010, 2260. Zur Anknüpfung des widerruflichen Bezugsrechts bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist BAG 18.9.2012 – 3 AZR 176/10, ZIP 2012, 2269.
[2851] Der Unverfallbarkeitsfaktor, der für die Erreichung der Insolvenzsicherung entscheidend ist, kann von den Vertragsparteien nicht mit Wirkung für den PSVaG geändert werden. Weicht z.B. die Versorgungsordnung vom gesetzlichen Modell ab, gilt die gesetzliche Regelung (BAG 28.10.2008 – 3 AZR 903/07, NZA-RR 2009, 327).
[2853] Gesetzliche Höchstgrenze ist das Dreifache der im Zeitraum der ersten Rentenfälligkeit geltenden monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV.

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