Rz. 1038

Nach § 613a Abs. 5 BGB sind Veräußerer und Erwerber verpflichtet, die von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer so zu informieren, dass sie sich als Grundlage für die Ausübung oder Nichtausübung ihres Widerspruchsrechts ein Bild über die Person des Erwerbers und in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände machen und im Bedarfsfall Rechtsrat einholen können.[2362] Obwohl § 613a Abs. 5 BGB dies nicht ausdrücklich erwähnt, sind die Arbeitnehmer über die Identität des Betriebserwerbers so zu informieren, dass sie in die Lage versetzt werden, Erkundigungen über ihren möglichen neuen Arbeitgeber einzuholen.[2363] Aufzunehmen ist der neue Inhaber mit Namen oder Firma einschließlich Nennung der Rechtsform und Anschrift.[2364] Bei juristischen Personen ist der gesetzliche Vertreter oder zumindest eine natürliche Person mit Personalkompetenz anzugeben.[2365] Auch wenn das BAG Angaben zu Handelsregisterinformationen (zuständiges Handelsregistergericht und Handelsregisternummer) nicht für zwingend erforderlich hält,[2366] sollten diese – jedenfalls bei Verwechslungsgefahr – (vorsorglich) mitgeteilt werden. Ist eine Umfirmierung geplant, so sollte auch dies (vorsorglich) mitgeteilt werden.[2367] Ansonsten ergibt sich der Mindestinhalt der Unterrichtung aus § 613a Abs. 5 Nr. 1–4 BGB. Danach sind die betroffenen Arbeitnehmer über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs (Nr. 1), den Grund für den Übergang (Nr. 2), die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer (Nr. 3) sowie die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen (Nr. 4) zu unterrichten.

 

Hinweis

Entscheidend ist grundsätzlich der subjektive Kenntnisstand des bisherigen Arbeitgebers bzw. neuen Inhabers zum Zeitpunkt der Unterrichtung.[2368] Mitzuteilen sind daher nur solche Umstände, die zum Zeitpunkt der Unterrichtung konkret absehbar sind.[2369] Ein Anspruch auf ergänzende Unterrichtung bei geändertem Planungshorizont (wie bei dynamischen Transaktionsprozessen üblich) besteht nicht.[2370] Gleichwohl ist zur Reduzierung des Risikos eines gesetzlich unbegrenzten Widerspruchsrechts jedenfalls dann eine nachträgliche Korrektur der Unterrichtung zu empfehlen, wenn eine erhebliche Verschiebung des Betriebsübergangszeitpunktes vorliegt, die im konkreten Fall auch Einfluss auf die Widerspruchsentscheidung haben kann.[2371] Im Zweifel setzt das erstmalig oder erneut die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB in Gang.

Kommt es zum Streit über die Frage, ob der Arbeitnehmer ordnungsgemäß unterrichtet wurde, so gilt für den Inhalt der Unterrichtung eine abgestufte Darlegungslast: Genügt die Unterrichtung formal den gesetzlichen Anforderungen und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, so muss der Arbeitnehmer die Mängel konkret darlegen. Erst dann ist es am Arbeitgeber, diese zu entkräften.[2372]

In Unterrichtungsschreiben sind insbesondere zu berücksichtigen:

[2362] BAG 21.8.2008 – 8 AZR 407/07, NZA-RR 2009, 62, 64, BAG 10.11.2011 – 8 AZR 430/10, BeckRS 2012, 66397 = AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15.
[2363] BAG 23.7.2009 – 8 AZR 538/08, NZA 2010, 89; es kann sinnvoll, gegebenenfalls sogar erforderlich sein, im Zusammenhang mit der Darstellung des Betriebserwerbers auf dessen bisherige und künftige Geschäftsaktivitäten einzugehen und seine Konzernverflechtungen darzustellen. Hierfür genügt es nicht, schlagwortartig über Aktivitäten des gesamten Konzerns zu informieren, ohne im Einzelnen auf den Betriebsübernehmer einzugehen.
[2364] Vgl. BAG 21.8.2008 – 8 AZR 407/07, NZA-RR 2009, 62; BAG 13.7.2006 – 8 AZR 305/05, NZA 2006, 1268. Soweit im Zeitpunkt der Unterrichtung solche Angaben zum Betriebserwerber nicht gemacht werden können, weil dieser erst noch zu gründen ist, muss dies bei der Unterrichtung offengelegt werden, vgl. BAG 23.7.2009 – 8 AZR 538/08, NZA 2010, 89. Bei Übertragung auf eine neu zu gründende Gesellschaft sollte das Unterrichtungsschreiben angesichts dieser Entscheidung darüber informieren, wer Gesellschafter der neuen Gesellschaft sein wird; so auch Gaul/Niklas, DB 2009, 452. Laut dem LAG München 16.7.2009 – 3 Sa 214/09, BeckRS 2009, 72968, ist die Angabe von Sitz und Anschrift des Erwerbers entbehrlich, wenn dieser ohnehin bekannt ist. Bis diese Frage höchstrichterlich geklärt ist, sollten aber vorsorglich weiterhin in jedem Fall vollständige Angaben gemacht werden.
[2366] BAG 15.12.2016 – 8 AZR 612/15, NZA 2017, 783, 788; BAG 13.7.2006 – 8 AZR 305/05, NZA 2006, 1268; offen gelassen von BAG 10.11.2011 – 8 AZR 430/10, BeckRS 2012, 66397 = AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15; zu den Besonderheiten bei juristischen Gesellschaften in Gründung: BAG 14.11.2013 – 8 AZR 824/12, NZA 2014, 610; LAG Berlin-Brandenburg, 13.9.2018 – 21 Sa 391/18, BB 2019, 120; Grau/Schaut, NZA 2018, 216.
[2367] Grau/Schaut, NZA 2018, 216.

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