Rz. 1

Das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner ursprünglichen Fassung vom 18.8.1896 sah in §§ 1601 ff. BGB Unterhaltsansprüche von Kindern gegenüber ihren Eltern vor. § 1601 BGB trug von Anfang an die auch noch heute gültige Fassung mit dem Text:

 

"Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren."

 

Rz. 2

Allerdings war minderjährigen Kindern zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gegen den Kindesvater ein Pfleger zu bestellen (§ 1909 a.F.). Die Mutter konnte zwar zum Pfleger bestellt werden, ohne eine solche Bestellung war sie jedoch zur Vertretung des Kindes nicht berechtigt und daher nicht befugt, den Anspruch des Kindes gegen den Vater einzuklagen.[1]

Hatte die Kindesmutter tatsächlich den Unterhalt des Kindes bestritten, so konnte sie von dem in erster Linie unterhaltspflichtigen Vater Ersatz nach den Vorschriften über, nach damaligem Recht," unbeauftragte Geschäftsführung, §§ 679, 683 BGB" verlangen.[2]

Dieser Anspruch entfiel, wenn die Kindesmutter gegen den Willen des Vaters gehandelt hatte, also beispielsweise ihm das Kind vorenthalten oder aus der Ehewohnung "verbracht" hatte.[3] War der Berechtigte mit unbekanntem Aufenthalt abwesend, so wurde der Verpflichtete in Auslegung des damaligen § 275 Abs. 1 BGB von der Schuldhaft befreit.[4]

 

Rz. 3

Wer durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden war, konnte allerdings nur den sog. notdürftigen Unterhalt verlangen. Die Vorschrift war bereits ähnlich dem geltenden § 1611 BGB, der allerdings den Begriff des notdürftigen Unterhalts durch den Begriff der Billigkeit ersetzt hat.

In der Kommentierung zu § 1611 BGB a.F. heißt es zum notdürftigen Unterhalt:[5]

Zitat

"Der notdürftige Unterhalt ist von dem standesgemäßen nur dem Maß, nicht der Art nach verschieden. Er sieht von der Lebensstellung ab und greift nur, was ein Mensch braucht, um ein menschenwürdiges Dasein zu führen."

Es heißt sodann weiter:

Zitat

"Wer, früher durch sittliches Verschulden dürftig geworden, nachher sich emporgearbeitet und in geordneten Verhältnissen gelebt hat, kann bei erneuter Bedürftigkeit standesgemäßen Unterhalt verlangen."[6]

 

Rz. 4

Nach § 1612 Abs. 2 BGB a.F. hieß es zur Art der Unterhaltsgewährung:

Zitat

"Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, so können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll. Aus besonderen Gründen kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern ändern."

Die damalige Vorschrift über die Art der Gewährung des Unterhalts nach § 1612 BGB galt ohne Rücksicht auf das Alter des Kindes.[7]

Dieser Grundsituation folgten allerdings ganz erhebliche, nicht nur sprachliche Änderungen sowohl durch Gesetz[8] als auch durch Rechtsprechung.[9]

[1] RG JW 1903, Beilage S. 128, RG OLG (Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte), Bd. 4, 354; OLG Stuttgart, Recht (Das Recht. Rundschau für den deutschen Juristenstand), 1915, Nr. 1812.
[2] Soergel/du Chesne, BGB, 3. Aufl., 1926, § 1601 BGB Anm. 1.
[3] RG Recht, 1923, Nr. 1018, RG OLG 42, 90.
[4] OLG Colmar Els Loth Z (Juristische Zeitschrift für das Reichsland Elsass-Lothringen) 37, 419.
[5] Vgl. Soergel/du Chesne, § 1611 BGB Anm. 4.
[6] RG JW 1910, 477.
[7] Achilles/Greiff, BGB, 9. Aufl., 1920, § 1612 Anm. 3.
[8] Z.B. UÄndG v. 22.2.1986, BGBl 1986 I S. 301.
[9] Z.B. BVerfGE 24, 144 zum "pflichtgebundenen" Kindschaftsrecht.

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