Rz. 892

Wird der Rechtsanwalt mit der Kündigung eines Bauvertrages beauftragt, so muss er zunächst prüfen, ob die Geltung der VOB/B für den Vertrag vereinbart worden ist. Falls die Geltung der VOB/B wirksam vereinbart wurde, kann der Auftraggeber wegen Mängeln des Werks nur kündigen, wenn dem Auftragnehmer zuvor eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel gesetzt worden ist, §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, 5 Abs. 4, 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B. Wird dies versäumt ist die Kündigung unwirksam, die Vergütungspflicht des Auftraggebers bleibt unverändert bestehen.[678]

 

Rz. 893

Wenn dem Vertrag nicht die VOB/B zugrunde liegen, so kann der Besteller jederzeit kündigen, der Unternehmer kann im Gegenzug die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Es wird gem. § 650f Abs. 3 S. 3 BGB vermutet, dass dem Unternehmer fünf Prozent der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.

 

Rz. 894

Zur Kündigung eines bestehenden Werkbauvertrages gem. § 649 BGB darf ein Rechtsanwalt einem Bauherrn, der ihn beauftragt hat, seine Interessen gegenüber dem Bauunternehmer wahrzunehmen, nur raten, wenn anzunehmen ist, dass dem Mandanten dadurch kein Schaden entsteht. Lassen sich dem Bauherrn nachteilige Folgen nicht hinreichend sicher ausschließen, und sind auch keine die Nachteile überwiegenden Vorteile erkennbar, muss die Empfehlung zur Kündigung unterbleiben.[679]

 

Rz. 895

Nach der Kündigung hat der Auftragnehmer einen Anspruch gegen den Auftraggeber auf Abnahme, wenn die von ihm bis zur Kündigung erbrachte Leistung die Voraussetzungen für die Abnahmepflicht des Auftraggebers erfüllt. Die Abnahme der durch die Kündigung beschränkten vertraglich geschuldeten Werkleistung beendet das Erfüllungsstadium des gekündigten Vertrags und führt die Erfüllungswirkungen der Werkleistung herbei. Im VOB/B-Vertrag kann der Auftragnehmer nach § 8 Abs. 7 VOB/B in Verbindung mit § 12 Abs. 4 und Abs. 6 VOB/B Abnahme und Aufmaß verlangen, es sei denn, der Auftraggeber ist nach § 12 Abs. 3 VOB/B berechtigt, die Abnahme zu verweigern. Eine fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B kommt bei einem gekündigten VOB/B-Vertrag nicht in Betracht.[680]

[678] BGH, Urt. v. 26.2.1985 – VI ZR 144/83 = NJW 1985, 1151.
[679] BGH, Urt. v. 17.9.1998 – IX ZR 291/97– Rn 17, juris = WM 1998, 2252, 2253.

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