Leitsatz (amtlich)

Die Verjährungsfristen nach § 13 Nr. 4 VOB/B oder nach § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B sind nach einer Kündigung oder Teilkündigung eines Bauvertrages auf Ansprüche aus § 4 Nr. 7 Satz 1 und Satz 2 VOB/B, die nach der Kündigung erhalten bleiben, grundsätzlich erst anwendbar, wenn die bis zur Kündigung erbrachte Leistung abgenommen worden ist.

a) Nach der Kündigung hat der Auftragnehmer einen Anspruch gegen den Auftraggeber auf Abnahme, wenn die von ihm bis zur Kündigung erbrachte Leistung die Voraussetzungen für die Abnahmepflicht des Auftraggebers erfüllt.

b) Die Abnahme der durch die Kündigung beschränkten vertraglich geschuldeten Werkleistung beendet das Erfüllungsstadium des gekündigten Vertrages und führt die Erfüllungswirkungen der Werkleistung herbei.

Im VOB/B-Vertrag kann der Auftragnehmer nach § 8 Nr. 6 VOB/B i.V.m. § 12 Nr. 4 und Nr. 6 VOB/B Abnahme und Aufmaß verlangen, es sei denn, der Auftraggeber ist nach § 12 Nr. 3 VOB/B berechtigt, die Abnahme zu verweigern.

Eine fiktive Abnahme nach § 12 Nr. 5 VOB/B kommt bei einem gekündigten VOB/B-Vertrag nicht in Betracht.

Ein Bedenkenhinweis des Auftragnehmers hinsichtlich der Planung des Architekten kann grundsätzlich nur dann zur Haftungsfreistellung des Auftragnehmers führen, wenn bereits die vertraglich vereinbarte Planung des Architekten fehlerhaft ist. Ordnet hingegen der Architekt gegenüber der vereinbarten fehlerfreien Planung vertragswidrige, zu Fehlern führende Änderungen an, entlastet der Bedenkenhinweis den Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber regelmäßig nicht von der Haftung für die Abweichung der Bauausführung von der vereinbarten Planung.

 

Normenkette

VOB/B § 4 Nr. 7 Sätze 1-2, § 13 Nrn. 4, 7 Abs. 3; BGB § 640 Abs. 1; VOB/B §§ 12, 8 Nr. 6, § 12 Nrn. 4, 6, 5, § 4 Nr. 3

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 28.01.2000)

LG Berlin

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 28. Januar 2000 insoweit aufgehoben, als die Widerklage abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wer von ihnen für die abweichend von der vereinbarten und genehmigten Planung ausgeführte Errichtung des Bauwerkes und die dadurch verursachten Schäden verantwortlich ist.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Widerklage der Beklagten. Die Beklagte verlangt mit ihrer Widerklage festzustellen, daß die Kläger für die vom Land Berlin erlassenen Stillegungsverfügungen verantwortlich und als Gesamtschuldner neben dem Architekten verpflichtet seien, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Stillegung entstanden ist und noch entstehen wird.

1. Die Beklagte schloß als Bauträgerin am 17. Januar 1995 mit den Klägern, Gesellschaften mit Sitz in Italien, einen Generalunternehmervertrag über die Errichtung eines aus fünf Bauteilen bestehenden Wohnkomplexes zu einem Nettopauschalpreis von ca. 16 Mio. DM. Die Parteien vereinbarten die VOB/B und die Anwendbarkeit des deutschen materiellen Rechts.

Gemäß § 1 Nr. 1 d des Generalunternehmervertrages waren die Kläger verpflichtet, sämtliche erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse einzuholen mit Ausnahme der Baugenehmigung. Die Bauunterlagen, unter anderem die Genehmigungs- und Ausführungsplanung, und die Baugenehmigung vom 5. Januar 1995 sind Bestandteil des Vertrages. Hinsichtlich dieser Unterlagen enthält der Vertrag folgende Rangregelung:

  1. „Regelung des Bauvertrages.
  2. Inhalt der Baugenehmigung mit den Auflagen,
  3. Bauunterlagen

    ….”

Die Beklagte, die sich vertraglich dazu verpflichtet hatte, die Pläne zu liefern, hatte den Architekten W. mit der Planung beauftragt.

Die Parteien vereinbarten, daß die Kläger mit dem Bau am 15. Februar 1995 und mit den Erdaushubarbeiten spätestens in der ersten Märzwoche 1995 beginnen sollten. Das Bauvorhaben sollte innerhalb von 18 Monaten nach Beginn der Erdaushubarbeiten, spätestens bis zum 6. Dezember 1996 fertiggestellt sein. Die Kläger begannen mit den Arbeiten.

2. Ende Juli 1996 ordnete die Baubehörde die Stillegung des Bauteils 1 an und untersagte am 2. Juli 1996 die Weiterführung jeglicher Arbeiten an dem Bauvorhaben mit der Begründung, das Bauvorhaben sei abweichend von der erteilten Baugenehmigung ausgeführt worden. Ende September 1996 teilte das Bauamt der Beklagten die Voraussetzungen für die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens mit.

3. Mit Schreiben vom 15. Dezember 1996 forderte die Klägerin zu 1 die Beklagte auf, ihr bis zum 6. Januar 1997 die genehmigten Ausführungspläne zur Verfügung zu stellen und ihr einen realistischen Zeitplan für die Erledigung der Arbeiten zu unterbreiten. Für den Fall, daß die Beklagte dieser Aufforderung nicht bis zum Ablauf der Frist nachkomme, drohte die Klägerin zu 1 an, die Arbeiten an den von der Stillegung betroffenen Bauteilen zu verweigern und den Generalunternehmervertrag insoweit aus wichtigem Grund zu kündigen. Da die Beklagte ihre Forderungen nicht erfüllte, erklärte die Klägerin zu 1 zugleich für den Kläger zu 2 die angekündigte Teilkündigung des Generalunternehmervertrages. Die Beklagte widersprach der Kündigung und kündigte ihrerseits im selben Umfang.

4. Die Pläne, die den Anforderungen des Bauamts entsprachen, reichte die Beklagte nach und nach ein. Aufgrund mehrerer Nachanträge wurde das Bauvorhaben bis zum 17. Dezember 1997 genehmigt. Die Kläger stellten ihre restlichen Arbeiten am 18. August 1997 fertig, das Bauwerk wurde im Dezember 1997 insgesamt fertiggestellt.

5. Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen, die Berufung der Beklagten hatte insoweit keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

I.

1. Die Revision der Beklagten hat Erfolg, sie führt, soweit die Widerklage abgewiesen worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

2. Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

II.

1. Die deutschen Gerichte sind für die Entscheidung über die Widerklage international zuständig:

a) Im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Italien ist das Europäische Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) anwendbar. Die Zuständigkeitsregelungen der EG-Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung, die seit dem 1. März 2002 an die Stelle des EuGVÜ getreten sind, sind nicht auf Klagen anwendbar, die vor dem 1. März 2002 erhoben worden sind (Art. 66 Abs. 1 EuGVO).

b) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist jedenfalls durch die rügelose Einlassung der Kläger auf die Widerklage gemäß § 18 EuGVÜ begründet worden.

2. Der Vertrag der Parteien unterliegt aufgrund der Rechtswahlvereinbarung nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB dem materiellen deutschen Recht. Das deutsche materielle Recht ist als Vertragsstatut auch maßgebend für die Beurteilung etwaiger Vertragsverletzungen und deren Folgen sowie die Verjährung etwaiger Ansprüche (Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EGBGB).

III.

Die Feststellungswiderklage ist zulässig:

1. Das Berufungsgericht bezweifelt das Feststellungsinteresse der Beklagten mit der Begründung, der mögliche Anspruch der Beklagten nach § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B auf Ersatz des ihr durch die vertragswidrige Leistung der Kläger entstandenen Schadens verjähre auch nach Abnahme erst in 30 Jahren.

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung unabhängig davon nicht stand, daß das Feststellungsinteresse angesichts der bisher ungeklärten rechtlichen Problematik der Verjährung in einem solchen Fall gegeben ist.

Sollte eine Abnahme erfolgt sein, wozu das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen hat, ist das Feststellungsinteresse gegeben, weil die Gefahr besteht, daß der Anspruch der Beklagten alsbald verjährt. Die Verjährungsgefahr begründet regelmäßig das rechtliche Interesse des Gläubigers an der alsbaldigen Feststellung (BGH, Urteil vom 23. April 1991 – X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2708).

3. Die Gefahr, daß der Anspruch der Beklagten verjährt, bevor sie in der Lage ist, eine Leistungsklage zu erheben, besteht deshalb, weil die Ansprüche aus § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B nach der Abnahme vorbehaltlich des § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B gemäß § 13 Nr. 4 VOB/B verjähren. Unerheblich ist, ob die Mängel, die den Schaden verursacht haben, vor der Abnahme behoben worden sind. Der Zeitpunkt der Abnahmereife als solcher führt demgegenüber nicht dazu, daß die Verjährungsfristen des § 13 Nr. 4 oder Nr. 7 Abs. 3 VOB/B anwendbar sind.

a) Die kurze Verjährung von Ansprüchen aus § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B nach Abnahme ist eine Weiterentwicklung der Rechtsprechung zur Verjährung der Ansprüche aus § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B nach der Abnahme.

b) Sind Mängelbeseitigungsansprüche aus § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B bei Abnahme nicht erledigt, richtet sich die Verjährung der durch die Abnahme in Gewährleistungsansprüche aus § 13 VOB/B umgewandelten Ansprüche nach den Verjährungsfristen gemäß § 13 Nr. 4 oder § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B. Das gilt nur insoweit, als sich die Ansprüche aus § 4 Nr. 7 VOB/B mit den Ansprüchen aus § 13 VOB/B inhaltlich decken (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1970 – VII ZR 71/69, BGHZ 54, 352, 355 = NJW 1971, 99). Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß zwischen vor und nach der Abnahme festgestellten Mängeln sachlich kein Unterschied besteht (BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 – VII ZR 161/80, BauR 1982, 277 = ZfBR 1982, 122). Diese Voraussetzung ist beim Regelungsgegenstand des § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B, dem engeren und entfernteren Mangelfolgeschaden, ebenfalls gegeben. Auch die durch § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B geregelten Ansprüche decken sich weitgehend mit den Ansprüchen in § 13 Nr. 7 Abs. 1 und 2 VOB/B (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1972 – VII ZR 144/70, BGHZ 58, 332, 339 = BauR 1972, 311; Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 164/99, BauR 2000, 1479 = ZfBR 2000, 479). Daher ist auch insoweit die Verjährungsregelung des § 13 Nr. 4 und 7 VOB/B anzuwenden.

4. Allein eine Kündigung oder Teilkündigung des Vertrages begründet demgegenüber nicht die Anwendbarkeit der Verjährungsfrist nach § 13 Nr. 4 oder Nr. 7 Abs. 3 VOB/B auf die nach einer Kündigung erhalten gebliebenen Ansprüche. Vielmehr ist auch dann die Abnahme grundsätzlich Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Verjährungsregelungen.

a) Nach der Entziehung des Auftrages bleiben dem Auftraggeber die Ansprüche gemäß § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B ebenso wie diejenigen nach Satz 1 erhalten (BGH, Urteil vom 6. Mai 1968 – VII ZR 33/66, BGHZ 50, 160, 165 f; BGH, Urteil vom 25. Juni 1987 – VII ZR 251/86, BauR 1987, 689 = ZfBR 1987, 271). Die Haftung für Mängel richtet sich in diesen Fällen erst nach § 13 VOB/B, wenn die mangelhafte Leistung abgenommen worden ist (BGH, Urteil vom 6. Mai 1968 – VII ZR 33/66, BGHZ 50, 160, 168 f).

b) Die Umwandlung der Ansprüche gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B in die ihnen entsprechenden Ansprüche gemäß § 13 Nr. 5 bis 7 VOB/B und die Anwendbarkeit der Verjährungsregelung des § 13 Nr. 4 VOB/B setzen die Abnahme der erbrachten Leistung auch dann voraus, wenn der Auftraggeber oder Auftragnehmer den Vertrag gekündigt hat. Die Kündigung beendet den Vertrag für die Zukunft, sie berührt die bis zur Kündigung entstandenen Erfüllungsansprüche der Vertragsparteien regelmäßig nicht.

(1) Die Kündigung des Vertrages beschränkt den Umfang der vom Auftragnehmer geschuldeten Werkleistung auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil und seinen Vergütungsanspruch auf diesen Leistungsteil der ursprünglich geschuldeten Leistung (BGH, Urteil vom 25. März 1993 – VII ZR 17/92, BauR 1993, 469 = ZfBR 1993, 189; Kniffka, ZfBR 1998, 113). Sie beendet nicht das Erfüllungsstadium des Vertrages, so daß dem Auftraggeber die ihm vor Abnahme zustehenden und entstandenen Erfüllungsansprüche im VOB/B-Vertrag nach § 4 Nr. 7 VOB/B und im BGB-Vertrag nach den §§ 633 ff BGB hinsichtlich der durch die Kündigung beschränkten Leistung auch nach der Kündigung zustehen (BGH, Urteil vom 25. Juni 1987 – VII ZR 251/86, BauR 1987, 689 = ZfBR 1987, 271; Thode, ZfBR 1999, 116, 122).

(2) Das Erfüllungsstadium eines gekündigten Vertrages endet wie bei einem nicht gekündigten Vertrag mit der Abnahme. Die Abnahme hat im gekündigten Vertrag die gleiche Funktion wie im nicht gekündigten Vertrag. Sie dient dazu festzustellen, ob die aufgrund der Kündigung beschränkte Werkleistung des Auftragnehmers vertragsgemäß erbracht wurde (Kniffka, ZfBR 1998, 113; Thode, ZfBR 1999, 116, 120-123).

Mit der Abnahme treten die Erfüllungswirkungen der durch die Kündigung beschränkten vertraglich geschuldeten Werkleistung ein (zu den Erfüllungswirkungen der Abnahme i.E. vgl. Thode, ZfBR 1999, 116). Die Abnahme hat unter anderem zur Folge, daß dem Auftraggeber statt der Ansprüche aus § 4 Nr. 7 VOB/B die umgewandelten Ansprüche aus § 13 Nr. 5 bis 7 Abs. 1, 2 VOB/B zustehen, die vorbehaltlich des § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B gemäß § 13 Nr. 4 VOB/B verjähren.

(3) Nach der Kündigung hat der Auftragnehmer einen Anspruch auf Abnahme, wenn die von ihm bis zur Kündigung erbrachte Leistung die Voraussetzung für die Abnahmepflicht des Auftraggebers erfüllt. Im VOB/B-Vertrag kann der Auftragnehmer nach § 8 Nr. 6 VOB/B in Verbindung mit § 12 Nr. 4 und Nr. 6 VOB/B Abnahme und Aufmaß verlangen, es sei denn, der Auftraggeber ist nach § 12 Nr. 3 VOB/B berechtigt, die Abnahme wegen wesentlicher Mängel zu verweigern. Eine fiktive Abnahme nach § 12 Nr. 5 VOB/B kommt bei einem gekündigten Vertrag nicht in Betracht (Kniffka, ZfBR 1998, 113, 115).

(4) Die Kündigung selbst ist keine konkludente Abnahme. Die Kündigung des Auftraggebers enthält nicht die Erklärung, daß er das bis zur Kündigung erbrachte Werk als im wesentlichen vertragsgerecht anerkennt, weil die Kündigung regelmäßig auf einer Vertragsverletzung des Auftragnehmers beruht. Die Kündigung des Auftragnehmers kann schon deshalb keine Abnahme sein, weil ausschließlich der Auftraggeber berechtigt und unter Umständen verpflichtet ist, die Abnahme zu erklären (Kniffka, ZfBR 1998, 114).

(5) Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für die Teilkündigung eines Werkvertrages. Soweit ein Vertrag teilweise gekündigt worden ist, treten die Abnahmewirkungen hinsichtlich des gekündigten Teils mit der Abnahme ein.

IV.

1. Das Berufungsgericht hält die Schadensersatzansprüche der Beklagten mit folgenden Erwägungen für unbegründet.

a) Zwar sei die Stillegungsverfügung des Bauamts dadurch verursacht worden, daß die Kläger das Bauvorhaben abweichend von den genehmigten Plänen nach den Plänen ausgeführt hätten, die ihnen von dem Architekten der Beklagten vorgelegt worden seien. Dadurch hätten die Kläger die ihnen nach § 4 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 VOB/B obliegende Pflicht, die behördlichen Bestimmungen zu beachten, verletzt. Außerdem hätten sie gegen ihre Verpflichtung verstoßen, die Beklagte auf die fehlerhafte Planung ihres Architekten hinzuweisen.

b) Die Verletzung der Hinweispflicht sei jedoch für den Mangel nicht kausal geworden. Auch ohne die Anmeldung von Bedenken entfalle die Haftung des Auftragnehmers, wenn der Auftraggeber ohnehin auf die Bedenken nicht eingegangen wäre. Der Senat sei überzeugt davon, daß die Beklagte nach den nicht genehmigten Plänen ihres Architekten auch dann hätte bauen lassen, wenn die Kläger ihrer Hinweispflicht genügt hätten.

2. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung weitgehend nicht stand.

a) Die Kläger waren verpflichtet, das Bauvorhaben gemäß den vereinbarten genehmigten Plänen zu errichten. Sie mußten die Baugenehmigung und etwaige Auflagen beachten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1998 – VII ZR 170/96, BauR 1998, 397). Die Errichtung des Bauwerks auf der Grundlage der nicht genehmigten Baupläne war vertragswidrig. Sie hatte die Mangelhaftigkeit des Bauwerks und die Haftung der Kläger zur Folge.

b) Die durch die Mangelhaftigkeit der Bauausführung begründete Haftung der Kläger ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entfallen.

(1) Eine Entlastung der Kläger von der Haftung für die Mängel gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B und nach der Abnahme gemäß § 13 Nr. 5-7 VOB/B kommt nur in Betracht, wenn der Generalunternehmervertrag hinsichtlich der vereinbarten Planung entsprechend der vom Architekten vorbereiteten und nicht genehmigten Planung geändert worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2002 – VII ZR 1/00, ZfBR 2002, 767 = ZfIR 2002, 802 m.Anm. Schwenker = NZBau 2002, 571). Unter diesen Voraussetzungen hätten die Kläger das Bauwerk vertragsgemäß ausgeführt, so daß die Errichtung des Bauwerks gemäß den nicht genehmigten Plänen des Architekten der Beklagten keine Mangelhaftigkeit begründen würde.

(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß die Vertragsparteien den Generalunternehmervertrag hinsichtlich der vertraglich vereinbarten genehmigten Planung geändert haben. Eine etwaige Anordnung des Architekten an die Kläger, die geänderte Planung auszuführen, kann eine rechtsgeschäftliche Änderung des ursprünglichen Vertrages nur unter der Voraussetzung begründen, daß die mögliche Anordnung des Architekten, die vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden ist, ein rechtsgeschäftliches Angebot zur Änderung des Vertrages an die Kläger enthält und daß der Architekt zu einer derartigen Änderung bevollmächtigt war. Ein Änderungsvertrag wäre unter den genannten Voraussetzungen auch nur zustande gekommen, wenn die Kläger ein derartiges Angebot angenommen hätten.

(3) Ein Bedenkenhinweis gegenüber der Planung des Architekten kann demgegenüber nur dann zur Haftungsfreistellung des Unternehmers führen, wenn die vertraglich vereinbarte Planung des Architekten fehlerhaft ist (BGH, Urteil vom 10. Juli 1975 – VII ZR 243/73, BauR 1975, 420). Ordnet der Architekt gegenüber der vereinbarten Planung vertragswidrige Änderungen der Planung an, entlastet ein Bedenkenhinweis des Bauunternehmers gegenüber dem Auftraggeber den Auftragnehmer regelmäßig nicht von der Haftung für die Bauausführung, die von der vereinbarten Planung abweicht.

(4) Die Kläger haften somit nicht deshalb, weil sie gegen ihre Pflicht zu einem Hinweis nach § 4 Nr. 3 VOB/B verstoßen haben, sondern weil sie von der vereinbarten Planung abgewichen sind und ein mangelhaftes Werk errichtet haben. Auf die Erwägungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Ursächlichkeit des unterlassenen Hinweises kommt es daher nicht an.

 

Unterschriften

Dressler, Thode, Haß, Wiebel, Bauner

 

Fundstellen

Haufe-Index 906632

BGHZ 2004, 244

BGHZ

DB 2003, 1789

NJW 2003, 1450

BGHR 2003, 480

BauR 2003, 689

EWiR 2003, 1017

IBR 2003, 184

IBR 2003, 190

IBR 2003, 191

Nachschlagewerk BGH

WM 2003, 1432

ZIP 2003, 672

ZfIR 2003, 375

MDR 2003, 503

ZfBR 2003, 352

BTR 2003, 136

BrBp 2003, 73

BrBp 2003, 74

NZBau 2003, 265

Englert / Grauvogl / Maurer 2004 2004, 920

IWR 2003, 77

JbBauR 2004, 356

LMK 2003, 82

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