1. Die neue Textfassung

 

Rz. 144

 

§ 55 Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen und Vorschüsse

(1) 1Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. 2Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Verteidiger bestellt hat.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs, solange das Verfahren nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist.

(3) Im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt.

(4) Im Fall der Beratungshilfe wird die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Abs. 1 des Beratungshilfegesetzes bestimmten Gerichts festgesetzt.

(5) 1§ 104 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 2Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. 3Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. 4Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.

(6) 1Der Urkundsbeamte kann vor einer Festsetzung der weiteren Vergütung (§ 50) den Rechtsanwalt auffordern, innerhalb einer Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der Urkundsbeamte angehört, Anträge auf Festsetzung der Vergütungen, für die ihm noch Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen, einzureichen oder sich zu den empfangenen Zahlungen (Absatz 5 Satz 2) zu erklären. 2Kommt der Rechtsanwalt der Aufforderung nicht nach, erlöschen seine Ansprüche gegen die Staatskasse.

(7) 1Die Absätze 1 und 5 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. 2An die Stelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tritt die Verwaltungsbehörde.

2. Inhaltliche Änderung

a) Überblick

 

Rz. 145

In § 55 Abs. 5 S. 1 RVG ist die Verweisung auf § 104 Abs. 2 ZPO reduziert worden. Die bisherige vollständige Verweisung und damit auch auf § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO hatte keinen Sinn und hat darüber hinaus nur zu Missverständnissen und fehlerhaften Festsetzungen geführt. Dieser Fehler ist jetzt korrigiert worden.

b) Kein Vorsteuerabzug

 

Rz. 146

In der vormaligen Fassung verwies § 55 Abs. 5 S. 1 RVG pauschal auf § 104 Abs. 2 ZPO. Damit war auch § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO erfasst. Formal gesehen wurde damit auch die Regelung in § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO für entsprechend anwendbar erklärt, wonach zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen die Erklärung des Antragstellers genügt, dass er diese Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Diese Verweisung war jedoch sinnlos, da es hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung des beigeordneten oder bestellten Anwalts nicht auf eine Vorsteuerabzugsberechtigung ankommen konnte. Im Verhältnis zwischen beigeordnetem und bestelltem Rechtsanwalt zur Staatskasse geht es nämlich um die Abrechnung der Vergütung und nicht um eine Kostenerstattung, wie im Fall des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO. Ein Anwalt, der eine Vergütung erhält, muss darauf Umsatzsteuer abführen, sofern die Tätigkeit nicht ausnahmsweise einmal umsatzsteuerfrei ist. Muss er aber Umsatzsteuer abführen, dann gehört die Umsatzsteuer als Auslagentatbestand gemäß Nr. 7008 VV RVG zu seiner Vergütung.

 

Rz. 147

Die Frage einer Vorsteuerabzugsberechtigung stellt sich nur bei Ausgaben, nicht aber bei Einnahmen.

c) Unerheblichkeit des Vorsteuerabzugs des Mandanten

 

Rz. 148

Die bisherige Verweisung in § 55 Abs. 1 S. 1 RVG auf § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO hatte darüber hinaus zu weiteren Missverständnissen geführt. Aufgrund der vorgenannten Verweisungsregelung waren nämlich einzelne Gerichte der Auffassung, dass der Anwalt aus der Landeskasse keine Umsatzsteuer erhalte, wenn die von ihm vertretene Partei, der er beigeordnet oder für die er bestellt worden war, zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Diese Auffassung hat insbesondere das OLG Celle vertreten.

 

Rz. 149

 
Hinweis

Dem beigeordneten Rechtsanwalt steht im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §§ 45 ff. RVG kein Anspruch gegen die Landeskasse auf Erstattung der Umsatzsteuer zu, sofern die von ihm vertretene Partei zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

OLG Celle, Beschl. v. 4.10.2013 – 2 W 217/13[27]

 

Rz. 150

In den Gründen hat sich das OLG Celle dann ausdrücklich auf die Verweisungsregelung des § 55 RVG auf § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO berufen. In der Begründung hat das OLG Celle weiterhin ausgeführt, es könne ja nicht sein, dass der Kostenerstattungsanspruch bei Vorsteuerabzugsberechtigung des Mandanten auf den Nettobetrag beschränkt sei, die Landeskasse aber den Bruttobetrag zahlen müsse.

 

Rz. 151

Hierbei hat das O...

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