Rz. 167

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass mittels eines aufschiebend bedingten Vermächtnisses eine Teilhabe bestimmter, unerwünschter Personen sowohl über die Erbfolge als auch über das Pflichtteilsrecht wirksam unterbunden werden kann.

Im Verhältnis zur Vor- und Nacherbenregelung ist es häufig wesentlich schwieriger, bei Eintritt des Nachvermächtnisfalles festzustellen, welche Vermögensgegenstände letztendlich dem Vermächtnis unterliegen. Hier stehen zur Klärung weder Surrogationsvorschriften noch ein Nacherbenvermerk zur Verfügung.

Aufgrund einer dünnen Regelungsdichte und mangels ausführlicher Rechtsprechung besteht eine deutlich höhere Streitanfälligkeit und damit ein höheres Haftungsrisiko für den Berater. Um dieses Risiko zu minimieren, sollte das Herausgabevermächtnis möglichst detailliert ausgestaltet sein. Hierbei sollten insbesondere folgende Punkte geregelt werden:

Es ist klar festzulegen, in welchem Umfang der Erbe über den Nachlass verfügen kann bzw. welche Substanzerhaltungspflichten ihn treffen sollen. Andernfalls können sich bei Gefährdung des Vermächtnisanspruchs möglicherweise Schadensersatzansprüche des Vermächtnisnehmers ergeben.
Die Frage der Surrogation ist analog § 2111 BGB zu regeln. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Nachlass im Laufe der Zeit durch entsprechende Umverteilungsmaßnahmen in das Eigenvermögen des Erben abwandert und die Gestaltungszwecke unterlaufen werden.
Es ist ferner klar die Frage des Ersatzes der Aufwendungen des Erben durch den Vermächtnisnehmer bei Vermächtniserfüllung zu regeln.
Ferner sollte überlegt werden, ob und gegebenenfalls welche Sicherungsrechte dem Vermächtnisnehmer mit vermacht werden.
Des Weiteren ist klarzustellen, wer eventuell bestehende Verbindlichkeiten, die das Vermächtnisobjekt betreffen, trägt. Kraft Gesetzes hat der Erbe die Schulden zu tragen.
Die 30-Jahresgrenze des § 2162 BGB mit den Ausnahmen des § 2163 BGB muss berücksichtigt werden.
Bei aufschiebend bedingten Vermächtnissen ist § 2074 BGB zu berücksichtigen, wonach im Zweifel die Zuwendung nicht gelten soll, wenn der Bedachte den Bedingungseintritt nicht erlebt.
 

Rz. 168

Zusammenfassend stellt das Herausgabevermächtnis ein Gestaltungsinstrument dar, womit die häufig als unangenehm empfundenen Rechtsfolgen der Vor- und Nacherbschaft vermieden werden können. Allerdings bedürfen die testamentarischen Regelungen hierzu einer präzisen Ausgestaltung, da die gesetzlichen Vorgaben sehr "dünn" sind.[257]

 

Formulierungsbeispiel

Für den Fall, dass auf den Tod eines oder beider meiner Kinder deren Vater oder dessen Verwandte Erben oder Vermächtnisnehmer werden, haben die Erben meiner Kinder aus deren Nachlass alles, was aus meinem Nachlass dort noch vorhanden ist, im Wege des Vermächtnisses herauszugeben, und zwar an die Abkömmlinge meiner Kinder, ersatzweise an mein anderes Kind, weiter ersatzweise an dessen Kinder nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung. Das Gleiche gilt, wenn noch vorhandener Nachlass Grundlage einer Pflichtteilsberechnung meines geschiedenen Ehepartners wird.

Diese Verpflichtung gilt auch für eventuelle Surrogate unter entsprechender Anwendung von § 2111 BGB.

Das Vermächtnis fällt erst an, wenn die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, also beim Tod eines Kindes, wenn der Vater oder seine Verwandten Erben oder Vermächtnisnehmer eines meiner Kinder oder deren Abkömmlinge werden, oder der Vater meines Kindes pflichtteilsberechtigt wird.

Die Herausgabepflicht beschränkt sich auf den beim Anfall des Vermächtnisses vorhandenen Bestand. Eine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwaltung oder eine sonstige Beschränkung besteht für meine Kinder und sonstigen Abkömmlinge nicht.[258]

[257] Zu den grundsätzlichen Problemen bei einem aufschiebend befristeten Herausgabevermächtnis und den Details zur Ausgestaltung siehe "Der superbefreite Vorerbe", Mayer, ZEV 2000, 1.
[258] Tanck/Krug/Süß/Tanck, Anwaltformulare Testamente, § 20 Rn 9.

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