Rz. 107

Notarielle Verfügungen von Todes wegen bieten i.d.R. im Hinblick auf Wirksamkeit und Form der Verfügung eine Gewähr für eine ordnungsgemäße Errichtung. Problematisch sind in der Praxis die ohne fachkundige anwaltliche Beratung abgefassten eigenhändigen Testamente.

 

Rz. 108

Einzig zwingende Formvorschrift für eigenhändige Testamente ist § 2247 Abs. 1 BGB, wonach ein Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss.

 

Rz. 109

Bei gemeinschaftlich von Ehegatten und Lebenspartnern errichteten eigenhändigen Testamenten ist des Weiteren auch § 2267 BGB zu beachten. Hier muss ein Verfügender die Verfügung eigenhändig schreiben und unterzeichnen, der andere muss diese dann mitunterzeichnen.

 

Rz. 110

Ein Verstoß gegen die Formvorschriften der Testamentserrichtung führt zwingend zur Formnichtigkeit gem. § 125 BGB.

Eigenhändigkeit schließt das Benutzen von mechanischen Schreibhilfen ebenso aus wie das aktive Führen der Hand des Testierenden durch einen Dritten, da so die Echtheit des Testaments an Hand der individuellen Schriftzüge des Erblassers nicht mehr überprüft werden kann.[116]

 

Rz. 111

Auch die Unterschrift muss eigenhändig vom Erblasser herrühren. Sie muss weder leserlich sein noch mit Vor- und Familiennamen erfolgen, solange die Identifizierung des Erblassers gewährleistet ist. So kann beispielweise ein Kosename, ein Künstlername, ein Pseudonym oder auch eine Abkürzung als Unterschrift ausreichend sein, wenn insgesamt an der Identität aber auch an der Ernstlichkeit der Verfügung keine Zweifel bestehen.[117] Die Unterschrift muss am Ende der Verfügung stehen und den voranstehenden Text räumlich abschließen.

 

Rz. 112

Da außer den vorgenannten Formerfordernissen das Gesetz an das äußere Erscheinungsbild eines Testaments keine besonderen Voraussetzungen stellt, ist im Einzelfall stets genau zu prüfen, ob eine letztwillige Verfügung oder ein bloßer Entwurf hierzu vorliegt.[118] Abzustellen ist hierbei immer auf den Testierwillen des Erblassers. Dieser muss vorliegen, d.h. es muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen oder zumindest das Bewusstsein hatte, das Schriftstück könne unter Umständen als sein Testament angesehen werden.[119]

Wurde das Testament äußerlich formgerecht und inhaltlich vollständig abgefasst, spricht eine tatsächliche, allerdings widerlegbare, Vermutung für einen Testierwillen.[120]

Bieten dagegen Umstände Anlass zu Zweifeln, so ist durch Heranziehung aller erheblicher, auch außerhalb der Urkunde liegender Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu ermitteln, ob der Erblasser rechtsverbindliche Anordnungen über sein Vermögen nach seinem Tode treffen wollte.[121]

 

Rz. 113

Trotz ungewöhnlicher Umstände kann in den folgenden Fällen ein wirksames Testament vorliegen:

bei der Verwendung eines außergewöhnlichen Materials, wie z.B. der Rückseite eines gebrauchten Briefumschlags,[122] der unbedruckten Seite eines Schuh- oder Lebensmittelkartons;
bei der Aufbewahrung der Urkunde an einem ungewöhnlichen Ort, wie z.B. in einem Schuhkarton,[123] in einem Scheckheft oder in der Handtasche;
bei einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief[124] oder einer Postkarte;
bei einer formgültigen Vollmacht;[125]
bei einer mittels Kohlepapier hergestellten Durchschrift.[126]
 

Hinweis

Wurde ein Testament ohne Willen des Erblassers vernichtet oder ist ein Original nicht mehr auffindbar, kann der Testamentsinhalt mit allen zulässigen Beweismitteln bewiesen werden.[127] Neben dem Zeugen- und Sachverständigenbeweis kommen hier insbesondere auch Kopien, Ablichtungen, Durch- und Abschriften als Beweismittel in Betracht.

[116] Palandt/Weidlich, § 2247 Rn 7.
[117] Palandt/Weidlich, § 2247 Rn 10.
[118] Dommermühl in: Rudolf/Bittler/Seiler-Schopp, § 2 Rn 1.
[119] BayObLG FamRZ 1989, 1124.
[120] BayObLG FamRZ 1989, 1124.
[121] BayObLG NJW-RR 1989, 1092.
[122] Palandt/Weidlich, § 2247 Rn 6.
[123] BayObLG NJW-RR 1992, 1358.
[124] OLG Brandenburg FamRZ 1998, 985; Palandt/Weidlich, § 2247 Rn 6.
[126] BGHZ 47, 68; KG FamRZ 1995, 897; Palandt/Weidlich, § 2247 Rn 6.
[127] Palandt/Weidlich, § 2255 Rn 9.

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